Karibik all inclusive: Ein Mira-Valensky-Krimi
durchgegangen, dennoch – es tut gut. Und der Rest des Unsinns kann mich jetzt schon kaum mehr schocken.
„Woher haben die Reporter ihre Informationen?“, frage ich.
Bata lacht. „Woher wohl? Sie sind wie wir auf die Straße gegangen und haben zugehört. Wenn die Polizei schon etwas gesagt hätte, dann wäre das drinnen gestanden. ‚Officer Bradley sagt …‘, ‚der Polizeichef meint …‘, ‚wie wir in einem Exklusivgespräch mit dem Polizeichef in Erfahrung bringen konnten …‘ – so etwas macht sich immer gut.“
Ich nicke. Kenne ich vom „Magazin“.
„Woher weißt du so gut Bescheid mit …“
Bata schlägt ein Kreuzzeichen. „Hab ich nicht erzählt? Nummer drei, Gott hab ihn selig, ihm hat eine Lokalzeitung gehört.“
„Bradley ist nicht der Polizeichef, oder?“
„Wo denkst du hin? Bradley kümmert sich um die schwierigen Fälle, zum Glück gibt es davon nicht besonders viele auf der Insel. Das Amt des Polizeichefs ist natürlich politisch besetzt. Momentan ist es einer von den Social Liberals, keine Ahnung, was er vorher gemacht hat.“
„Und der mischt sich in die Ermittlungen ein?“
„Nur, wenn es was zu vertuschen gilt. Aber Bradley hat einen sehr guten Ruf. Er dürfte bei ihm nicht leicht damit durchkommen.“Ich habe keine Lust, ins Hotel zu gehen, bleibe nach dem Ziegenragout und dem Papayasorbet sitzen. Niemand von den Gästen scheint mich erkannt zu haben, zum Glück war kein Foto in den Zeitungen, dann wäre auch schnell aufgeflogen, dass ich nicht ganz so attraktiv wie Angela bin. Michel schüttelt den Kopf. Man müsse mir endlich einmal sagen, dass ich sehr gut aussähe.
Ja, mit zehn Kilo weniger, ein paar chirurgischen Korrekturen und im Halbdunkel.
Michel seufzt. Warum Frauen immer glauben, dass Männer nur dürre Gestalten lieben können? Bata nickt: „Ich hätte gerne zehn Kilo mehr, schon wegen der Falten.“
Eine glatte Lüge, da bin ich mir sicher. Aber trotzdem: Ich genieße es, getröstet und betreut zu werden.
Thomas’ weißer Pick-up hält vor der Terrasse.
Ich wedle mit den Zeitungen.
„Das tut mir Leid, ich habe mit Bradley gesprochen und ihm gesagt, dass das Unsinn ist.“ Er küsst mich auf die Wange.
„Wer hat Bradley von unserer Nacht erzählt?“
„Hat er nicht gesagt. Er war mir gegenüber einigermaßen reserviert.“
Wer weiß, was sich da noch zusammenbraut. „Wie geht es dir?“
„Danke, was soll ich sagen? Nicht gut. Gar nicht. Aber man überlebt alles, sagt meine Mutter. Sie hat Angela … falsch gesehen. Sie hatte keine Chance, sie so kennen zu lernen, wie sie wirklich war.“
Michel bringt Thomas einen Teller mit Ziege in Limetten-Rum-sauce. Das ist seine Art, ihm Mut zuzusprechen.
„Ist es ausgeschlossen, dass Angela mit Drogen zu tun hatte?“, frage ich Thomas lange nach Mitternacht. Wir sitzen immer noch auf Michels Terrasse.
Er schüttelt den Kopf. „Völlig ausgeschlossen. Das passt einfach nicht zu ihr.“
„Das hätte eine mögliche Verbindung zwischen den beiden Morden ergeben.“
„Die andere ist: Beide waren im Pleasures beschäftigt.“ Er reibt sich nachdenklich die Stirn.
„Wir sollten jedenfalls mehr über Mick und seine Drogengeschäfte wissen.“
„Vielleicht kann meine Mutter helfen.“
Auf alle wäre ich gekommen, nur nicht auf Mutter Rosemary.
Thomas versucht ein Lächeln. „Es gibt fast nichts, was sie nicht hört. Oder was sie nicht in Erfahrung bringen kann. Ich werde sie fragen.“
Als Thomas gefahren ist, merkt Bata trocken an: „Kaum ist Angela tot, traut sich Thomas wieder zu uns ins Restaurant.“
Am nächsten Morgen fahren wir mit Bata zur Best Bay. Vesna will es Thomas nicht allein überlassen, über Mick nachzuforschen.
„Ich kann Rosemary das nicht fragen“, protestiere ich schwach.
„Warum nicht? Rosemary ist klar, du hast Interesse an Aufklärung. Ganz eigenes Interesse.“
Am Vormittag wirkt Rosemarys Bar wie Strandgut. Kein Mensch ist zu sehen, zwei Schirme mit jeweils zwei Liegen warten auf die ersten Badegäste, wann immer sie kommen mögen. Sand und Meer und drei Pelikane auf der Jagd, sie gleiten elegant über die Wasseroberfläche, steigen mit zwei kräftigen Flügelschlägen fünf, zehn Meter auf, starren nach unten, um sich dann, den Schnabel voran, die Flügel angelegt, mit einem eher uneleganten Platsch ins Meer zu stürzen. Der Fisch ist im Schnabel, der Pelikan dümpelt entengleich auf dem Wasser, mit sich und der Ernährungslage zufrieden.
Rosemary kommt
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