Karibik all inclusive: Ein Mira-Valensky-Krimi
dann …
„Du musst bitte sofort kommen, ich habe dich nicht erreicht. Die Polizei ist bei uns, sie will eine Durchsuchung machen. Überall.“
Ich beruhige sie, Routinehandlung. Überraschenderweise hat die Spurensicherung in meinem Hotelzimmer keine größere Unordnung angerichtet. Ich habe keine besondere Lust, öfter als nötig auf Bradley und seine Leute zu treffen.
„Sie dürfen das doch nicht einfach so“, empört sich Bata.
„Wenn sie einen Durchsuchungsbefehl haben …“
„Irgendeinen Zettel haben sie mit, aber ich kenne mich da nicht so aus und Vesna hat zwei unserer Amerikaner zur Nachkontrolle ins Krankenhaus gefahren und du bist nicht ans Telefon gegangen.“
Die Volontärin verfolgt Batas Ausbruch mit offenem Mund.
„Es gibt so etwas wie eine Vertraulichkeitspflicht den Gästen gegenüber, ich hoffe das ist Ihnen klar“, sage ich möglichst streng zu ihr. Sie scheint gerne und viel und über alles zu plaudern.
Das Mädchen klappt den Mund wieder zu und nickt.
Dann renne ich mit Bata zum Golden Sand. Mag sein, dass sie zu viel Rum trinkt und zu viele Zigarillos inhaliert – laufen kann sie. Ich keuche, als wir ankommen. Von Bradley keine Spur, die Frau mit den violetten Fingernägeln wie Waffen trägt ein Clipbord und scheint auch hier für das Protokollschreiben zuständig zu sein. Zwei jüngere Beamte, ebenfalls in Uniform, stehen im Schatten vor dem Restauranteingang und warten.
„Wo ist Michel?“, frage ich.
„Bei seinem Fischer.“
„Und die Ökos?“
„Drei müssen da sein, der Rest ist im Krankenhaus.“
Der schlankere der beiden Beamten bittet uns, Englisch zu reden.
Ich sehe mir ihre Ermächtigung an. Ein klassischer Durchsuchungsbefehl, Begründung: „Vertraulicher Hinweis auf belastendes Material.“
Keine Ahnung, ob das hierzulande ausreicht, aber ich nicke. Was soll’s, sie würden sich in keinem Fall daran hindern lassen, zu ermitteln.
„Du lässt sie alles durchsuchen?“, ruft Bata empört.
„Es bleibt uns nicht viel anderes übrig.“
Bata pflanzt sich in der vollen Größe von einem Meter zweiundfünfzig und ihrem Kampfgewicht von mindestens fünfundvierzig Kilo vor den Ermittlern auf.
„Wir haben nichts zu verbergen!“, ruft sie dramatisch und breitet die Arme aus, als wolle man sie kreuzigen.
Sogar die mit den Waffenfingernägeln muss für einen Moment lächeln.
Die Polizei beschlagnahmt einige Flugzettel der Ökos, auf denen sie zum Boykott gegen das Pleasures aufrufen und alle auffordern, im Internetforum „Save St. Jacobs“ für die Schließung des Hotels zu unterschreiben. Gesetzeswidrig ist das nicht, und außerdem: Die Polizei hätte diese Flugzettel einfacher bekommen können. Die Ökos verteilen sie auf den Straßen in Oldtown und am Strand.
Bata weicht den Ermittlern nicht von der Seite. Sie durchforsten Apartment für Apartment.
„Nur noch zwei, und die sind unbelegt“, sagt Bata. „Was soll es hier geben?“
Ich bin nicht mit hineingegangen, die Luft ist abgestanden und ich will einfach nicht mehr. Ich will endlich meine Ruhe. Mein Rückflug hat eine Zwischenlandung in Frankfurt. Vielleicht sollte ich in aller Ruhe mit Oskar reden. Das hat er sich verdient. Das hab ich mir verdient. Vielleicht sollte ich früher abreisen … Nur müsste ich mit Bradley klären, ob ich das Land überhaupt verlassen darf. Und ich müsste den Flug umbuchen. Das kostet. Ich seufze. Zumindest habe ich bisher sehr wenig Geld ausgegeben, ich bin nicht dazu gekommen.
„Mira, komm“, schreit Bata aufgeregt.
Der Polizeibeamte wirkt, als wolle er das Ding in seinen Händen vor mir verstecken, das kommt ihm dann aber doch lächerlich vor. Er hält eine Puppe hoch. Ich sehe, wie unter seinen Plastikhandschuhen der Schweiß steht.
Die Puppe ist aus schwarzem Stoff, dort, wo bei einem Menschen das Herz wäre, steckt eine Nadel mit einem roten Plastikknopf.
„Voodoo“, flüstert Bata heiser.
Ich schüttle den Kopf. Wir sind in der Karibik, aber wer glaubt wirklich noch an so etwas? Die Nadel scheint von einer recht modernen Pinnwand zu stammen.
Der Beamte starrt mindestens so ratlos wie ich auf die Puppe. In der anderen Hand hält er einen Zettel, die Buchstaben wurden aus einer Zeitung ausgeschnitten. Er ist so irritiert, dass ich ihm den Zettel mit spitzen Fingern abnehmen kann:
„Angela la Croix muss sterben. Sie hat die Geister der Insel verraten.“
Mir fällt der eingerauchte Rasta ein.
„Unsinn“, sagt Vesna später. „Täter hat
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