Karibik all inclusive: Ein Mira-Valensky-Krimi
Ungewöhnliches.“
„Es steht zu fünfundneunzig Prozent fest, dass es das Blut von Angela la Croix war. Um hundertprozentige Sicherheit zu bekommen, haben wir die mutmaßliche Tatwaffe nach Santo Domingo geschickt, dort gibt es ein hervorragend ausgestattetes Labor.“
„Also hat der Täter ein Messer aus der Küche geholt, hat Angela am Pool aufgelauert, sie erstochen, ins Wasser geworfen, ist wieder in die Küche gegangen, hat das Messer abgewaschen, zurückgelegt und ist dann verschwunden.“ Ich schüttle zweifelnd den Kopf.
„Es war anders“, sagt Bradley trocken. „Sie ist in der Küche ermordet worden. Wir haben Blutspuren gefunden, wenn auch nicht viele. Sie ist in der Küche ermordet worden, durch den Seitenausgang die drei Meter zum Pool und dann über die Stufen des Pools ins Wasser geschleift worden. Dabei dürfte sie sich auch den Bluterguss auf der Wange zugezogen haben.“
„Die Kraft hätte ich nicht.“
Bradley sieht mich wieder von der Seite an. „Habe ich Sie danach gefragt? Außerdem: So schwer war la Croix nicht. Eine kräftige Frau in Panik schafft das schon.“
„Gegen die Panik spricht allerdings, dass sie danach das Messer abgewaschen hat.“
„Das Messer wurde erst im Pool aus Angelas Rücken gezogen.Sonst gäbe es in der Küche viel mehr Blutspuren. Es hat sich mehr oder weniger von selbst abgewaschen.“
„Und niemand hat etwas gesehen?“
„Es war niemand da, la Croix ist zwischen Mitternacht und zwei Uhr früh ermordet worden. Die Zimmer sind weit genug entfernt und außerdem hatten fast alle die Fenster geschlossen. Wegen der Klimaanlage.“
Ich nicke. Ein Luxushotel eben, mit viel Platz und Ruhe.
„Gibt es noch etwas, das Sie mir sagen wollen?“
Ich sehe ihn an. „Ich habe sie selbstverständlich nicht ermordet. Sehr verschwiegen scheinen Ihre Beamten übrigens nicht zu sein, die ‚Caribbean Travel News‘ hat noch am selben Tag eine Meldung hinausgegeben.“
Bradley lächelt. „Der Redakteur der ‚St. Jack’s Weekly‘ schreibt für die Agentur. Da ist es wohl in einem gegangen.“
„Und wie konnte die Öffentlichkeit überhaupt etwas von Ihrem seltsamen Verdacht gegen mich erfahren?“
Jetzt habe ich Bradley verärgert. „Wie? Ganz einfach: Weil nichts auf der Insel geheim bleibt. Irgendjemand hört immer etwas. So läuft das.“
„Und es reicht für Verdächtigungen.“
„Ich gründe meinen Verdacht auf Fakten. Von der Öffentlichkeit kann man das leider nicht verlangen. Seien Sie nicht so empfindlich. Ich hätte Sie schon längst in Untersuchungshaft nehmen können. Übrigens, falls Sie es noch nicht wissen: Christopher Frazer ist heute aus der Haft entlassen worden, das ballistische Gutachten ist jetzt da: Mick Fisher wurde eindeutig nicht mit der Waffe ermordet, die wir im Apartment des Amerikaners gefunden haben. Das ist noch kein Freispruch, aber ein Indiz weniger. Wir sind ein Rechtsstaat und ich lege Wert darauf, dass das auch so bleibt. Also haben wir ihn auf freien Fuß gesetzt. In zwei, drei Wochen müsste die Ausweisung der Amerikaner ohnehin durch sein.“
Das erinnert mich an etwas. „Ich habe übrigens auch ein Gerücht gehört: Die Drogen, mit denen Mick zu tun gehabt haben dürfte, kommen per Schiff.“
„Na so eine Neuigkeit.“
„Man sollte die Küsten überwachen.“
„Haben Sie schon bemerkt, dass wir ziemlich viel Küste haben? Sind Sie wirklich so naiv?“
Der Redakteur der „St. Jack’s Weekly“ hat mir versprochen, gegen zweiundzwanzig Uhr in die Hotelbar zu kommen. Ich werde ihm wohl zwei, drei Drinks ausgeben müssen. Wahrscheinlich erwartet er sich ein Geständnis von mir oder ist zumindest auf ein Exklusivinterview mit der Hauptverdächtigen scharf. Auch schon egal. Außerdem habe ich vor, den Spieß umzudrehen: Ich werde ihn aushorchen.
Zweiundzwanzig Uhr und fünfzehn Minuten und immer noch kein Reporter. In einer der Ledergarnituren neben der Bar sitzen fünf Holländer und haben es offensichtlich sehr lustig. Ganz nüchtern sind sie nicht mehr, in ihren hellen Leinenanzügen wirken sie wie Kolonialherren aus vergangenen Zeiten. Sie scheinen sich auch so zu fühlen.
„He Süße, Sweetheart“, schreien sie der Barkeeperin zu, „noch eine Runde rum punch, aber vom extrastarken!“
Die hoch gewachsene Frau hinter der Bar lächelt süß, sie leert unbeeindruckt und mit flinken Bewegungen jedem eine zusätzliche Portion Rum in die großen, eisbeschlagenen Gläser.
„Für dich auch einen!“,
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