Karibik all inclusive: Ein Mira-Valensky-Krimi
sich verdammt gut verständigen. Thomas will widersprechen, ich sehe ihn bittend an. Er geht.
„Money“, sage ich zu Coconut Joe. Wenn er uns verrät, wo das Drogenversteck ist oder wer der Offizier ist, dann bekommt er Geld.
„Wenn die Lady mich bittet … Aber ich brauche kein Geld. Oder wenn ihr zufällig welches habt … Es ist gefährlich, zu reden.“
Ich zeige ihm einen Zehndollarschein.
„Früher war das Versteck gleich da drüben, in den Felsen. Da ist eine kleine Höhle. Aber dann, dann habe ich das Versteck gefunden. Vor dem, der die Sachen holt. Er hat dann mich gefunden und …“ Er macht den Mund auf und deutet auf die paar letzten Zahnstummeln. „Sie haben mir die Zähne eingeschlagen. Und wochenlang habe ich nicht gehen können. Seither gibt’s ein anderes Versteck.“
Wie immer kann ich seinem Slang schwer folgen, ich bitte ihn, langsamer zu reden. „Kennst du das neue Versteck?“
„Ich kenne jedes Sandkorn in der Bucht. Aber ich nehme mir nichts mehr. Er versteckt die Drogen in einem Plastiksack. Rosemary lässt den Abfall da. Er gibt den Sack zu den anderen Säcken mit Abfall im Gestrüpp. Dort ist auch ein Platz, wo die Männer pinkeln gehen. Fällt nicht auf.“
Joe deutet auf die dornigen Büsche, die in der Nähe des Ufers zahlreich wachsen.
„Wie sieht der Drogenkurier aus?“
Coconut Joe kratzt sich am Kopf. „Weiß. Die sehen irgendwie alle gleich aus.“
Fast muss ich grinsen. Meine Tante behauptet das von den Schwarzen.
„Er ist nicht besonders groß und nicht besonders dick. Er hat eine weiße Hose an und ein Hemd, wie alle Offiziere von der Besatzung. Ab und zu klaue ich ihnen Sonnenschirme“, grinst er. „Sie packen alles so schnell ein, wie sie es ausgepackt haben: Tische und Essen und Trinken und Sonnenschirme und Liegen. Da passen sie nicht immer auf und schon ist ein Schirm im Gebüsch. Geschieht ihnen recht, sie bringen uns gar nichts, sagt Rosemary.“
„Wann deponiert er die Drogen?“
„Bevor sie abfahren, ich bin ein guter Beobachter.“
„Sonst noch etwas, das du beobachtet hast?“
„Man muss sie in Ruhe lassen, sonst …“ Er reißt erneut den Mund auf.
Wir haben also drei, vier Stunden Zeit, nicht mehr. Ich muss zu Bradley. Vesna will lieber am Strand bleiben, Coconut Joe wird ihr den Offizier zeigen und er verspricht, sie unter Einsatz seines Lebens zu beschützen. Vesna lächelt ihn an und entkommt dann zu Rosemary.
Ich sehe, wie Thomas weitere Liegestühle nach vorne trägt, und gehe zum Auto, ohne mich zu verabschieden. Keine Ahnung, warum. Außerdem komme ich ja wieder.
„Es ist dringend“, insistiere ich, „ich muss Officer Bradley sofortsprechen, nicht erst am späten Nachmittag.“ Da sind das Schiff und sein Offizier schon über alle Berge. Oder besser, über alle Meere. Heute ist es ein junger Mann in Uniform, der den Journaldienst erledigt.
„Sie bekommen ernsthafte Schwierigkeiten, wenn Sie mich nicht sofort zu Bradley lassen“, drohe ich, „es geht um den Mord an Angela la Croix. Und um den Mord an Mick Fisher.“
„Der Mörder sitzt in Haft“, erwidert der junge Polizist und deutet auf die Decke über sich. Verdammter Mist, ich warte schon mehr als eine Stunde. Ich hätte fragen sollen, wie lange das Kreuzfahrtschiff bleibt.
„Haben Sie ein Blatt Papier und einen Kugelschreiber?“
Der Polizist zögert zuerst, reicht mir das Gewünschte dann aber. Ich versuche, möglichst leserlich zu schreiben. Ich bitte Bradley, mich anzuhören. Ich wisse, in welches Drogengeschäft Mick verwickelt gewesen sei. Er sei Kurier für einen weißen Offizier auf der Maritim III gewesen. Die Maritim III liege in der Best Bay vor Anker. Vor ihrer Abfahrt werde der Offizier das nächste Drogenpaket deponieren. – Hoffentlich.
Ich falte den Zettel zusammen und bitte den Polizisten, ihn zu Bradley zu bringen.
Er runzelt die Stirne. „Officer Bradley ist nicht hier.“
„Das sagen Sie mir erst jetzt?“ Ich schreie, ich kann nicht anders.
„Ich habe Ihnen doch gesagt, dass Sie ihn nicht sprechen können.“
„Wann kommt er wieder?“
Der Beamte zuckt mit den Schultern.
„Wo ist er?“
„Beim Polizeichef.“
„Ist der hier im Haus?“
„Nein, im Justizministerium.“
„Dann werde ich dorthin gehen.“
„Dort kommen Sie nicht hinein.“
„Wir werden sehen.“
Er behält Recht. Vor dem Justizministerium stehen zwei uniformierteWachen mit geschultertem Gewehr. Der Portier hat Anweisung, niemanden ohne Termin
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