Karibik all inclusive: Ein Mira-Valensky-Krimi
„Danke. Die großen Fische im Drogengeschäft – die sind nicht bei uns, die finden wir auch nicht. Das gleiche wird wohl für Mick Fishers Mörder gelten. Aber einen Lieferanten auszuschalten, das ist schon etwas. Auch wenn ich jetzt das FBI am Hals haben werde, unser Offizier ist Amerikaner und bei Drogensachen sind sie sehr schnell da. Wer weiß: Vielleicht redet er bei ihnen.“ Er lächelt.
Die Sonne ist untergegangen, ohne dass ich es bemerkt habe.
Thomas steht bei seiner Mom an der Bar, sie verarztet seine Wunden. Er ist zäh.
„Wir müssen schauen, wer die Drogen holen will“, fällt mir ein, „vielleicht kommt er bald, Sie sollten …“
Bradley schüttelt den Kopf. „Da kommt heute keiner mehr, es spricht sich zu schnell herum, dass wir mit Blaulicht da waren. Aber es ist uns nichts anderes übrig geblieben. Der Schwachkopf von Journalbeamtem hat mir Ihren Zettel erst gezeigt, als ich mich zum nächsten Termin außer Haus abmelden wollte. Wir mussten so schnell wie möglich los. Vom Hügelkamm aus haben wir gesehen, dass die Besatzung der Maritim schon zusammenpackt. Also Blaulicht.“
Der Wagen mit dem blonden Offizier fährt ab.
„Ich wollte mit Ihnen noch über etwas anderes reden“, sage ich zu Bradley.
Er runzelt die Stirn.
„Hoffmann, der General Manager: Er hatte in der Mordnacht ein Gespräch mit Angela la Croix. Nachdem Big Tin sie geschlagen hatte. Zirka um Mitternacht. Warum spielt das keine Rolle? Es entlastet Big Tin und ich habe den Eindruck, Sie glauben ohnehin nicht so recht daran, dass er Angela ermordet hat. Es war der Polizeichef, der so schnell wie möglich einen Schuldigen gebraucht hat. Und vielleicht gewisse Minister. Doledo, um genau zu sein. Er war für die Baugenehmigung des Pleasures zuständig, Big Tin hat bei ihm gearbeitet.“
Bradley sieht mich ausdruckslos an. „Woher wissen Sie das? Und um etwas klarzustellen: Wir unterschlagen keine Indizien.“
„War Martin Pollac schon bei Ihnen? Der Schauspieler, der im Pleasures wohnt? Er hat die beiden gesehen. Er kann es bestätigen, falls Hoffmanns Aussage Ihnen nicht reicht oder falls Hoffmann bereit ist, aus Gründen der guten Zusammenarbeit mit der Inselverwaltung Fakten zu vergessen.“
Bradleys Gesicht verschließt sich. „Lassen Sie uns arbeiten. In Ordnung?“
„Gar nicht in Ordnung. Es kann nicht sein, dass Big Tin wegen Mordes verurteilt wird, nur weil man den Fall abschließen will.“
„Sie trauen mir einiges zu.“
„Ich weiß von der Besprechung mit dem Justizminister, la Croix und Doledo. Ich traue der Justiz einiges zu. Übrigens nicht nur hier auf St. Jacobs.“
„Ich muss fahren. Und ich bedanke mich noch einmal ausdrücklich.“
„Was ist mit dem, der die Drogen übernehmen will?“
Bradley seufzt. „Also okay, Sie lassen mir ohnehin keine Ruhe. Wir haben natürlich zwei Beamte postiert. Sie werden die ganze Nacht über hier bleiben. Auch wenn ich wirklich nicht glaube, dass der Verteiler noch kommt.“
Er geht zu Rosemary, gibt ihr die Hand, klopft Thomas anerkennend auf die Schulter, will ins Auto steigen.
„Wir sollten reden“, probiere ich es noch einmal.
„Morgen, Frau Valensky, oder übermorgen.“ Bradley wirkt auf einmal sehr müde.
Ich will selbst warten und sehen, ob der Drogenkurier auftaucht. Vesna ist auf meiner Seite, aber Thomas gelingt es, uns das auszureden. „Je mehr Leute sich am Strand herumtreiben, umso auffälliger wird es.“
Rosemary und Thomas essen mit uns im Golden Sand zu Abend, Michel scheint sich noch etwas mehr ins Zeug zu legen. Und endlich komme ich zu einem Hummer, eigentlich sei es ja eine Languste, erklärt er, aber hier hießen die eben „lobster“. Er hat sie gegrillt und die beiden Hälften mit einer Ingwer-Scotch-Bonnet-Pepper-Butter überzogen. Großartig, trotzdem nicke ich am Tisch mehrere Male ein.
Thomas bietet sich an, mich ins Hotel zu begleiten. Vesna ist das gar nicht recht. Doch ich stimme zu. Wir gehen zu Fuß, nehmen den offiziellen Weg. Mein Herz schlägt schneller. Ob das die Müdigkeit ist? Als wir die Auffahrt entlanggehen, sage ich möglichst unbefangen: „Man sieht fast vor bis zur Hauptstraße, wenn man im Aufenthaltsraum der Rezeptionisten sitzt.“
Thomas lacht leise. „Woher weißt du das schon wieder?“
„Die deutsche Praktikantin hat es mir erzählt. Wahrscheinlich hat uns jemand gesehen, als du mich damals … “
Vollmond. Was muss das für eine Nacht am Strand sein … Brems dich ein, Mira. Heute
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