Karibik Träume... und zwei Leichen
auch schon dran gedacht. Aber selbst wenn ich sie noch kriege: die lässt sich nicht mehr bremsen.“
„Ich will sie hier nicht sehen.“
Als ob ich mir das nicht selber denken könnte. „Schon klar. -- Hör zu! Ich fang´ sie in Düsseldorf ein. Dann sehen wir weiter.“
„Was hast Du vor?“
„Weiß ich noch nicht. Ich nehm´ sie erst `mal mit zu mir.“
„Gut. Aber versprich mir, dass sie nicht zur Beerdigung erscheint.“
„Du bist gut. Meinst Du, sie fliegt für, ich weiß nicht wie viel Geld, hier hin und bleibt dann in meiner Bude?“
„Lass Dir was einfallen!“
„Ich kann sie kaum festbinden, oder?“
„Lass Dir was einfallen!“ ihre Stimme wurde lauter.
„Hör´ `mal. Das Ganze war nicht meine Idee, ja!“ In dem Ton konnte ich auch. Bei allem Respekt und Verständnis. „Ich tu´ was ich kann. Aber ich kann Dir nichts versprechen.“
Sie schluckte und atmete hörbar aus. „Ok. -- Entschuldige. Die Nerven.“ Ich hörte, wie Glas an Glas schlug und etwas plätscherte. Sie trank etwas. Um die Zeit schon? „Danke Martin. Ich weiß, … -- Du machst das schon.“
Ja, ich mach das schon. Super! Ich war richtig begeistert. „Gut. – Wir hören voneinander.“
Wir verabschiedeten uns und legten auf. Klasse, jetzt hatte ich das Problem am Bein. Überhaupt. Ali hatte auch Nerven. Erwartete wohl, dass ich sie abholte. Hat sie aber Glück, dass ich zurzeit zu viel Freizeit habe. Und von Hotel buchen schrieb sie auch nichts. So war das in Vennoland. Ich kenne einen, der kennt einen und der hilft dir. Na gut. Sei´s drum. Ich holte tief Luft. Der Tag hatte so schön angefangen…
Ich schrieb lustlos an meinen Bewerbungen herum. Ergänzte den Lebenslauf mit dem aktuellen Datum und druckte alles aus. Dann griff ich meine Musterunterlagen mit den Zeugnissen, Lichtbilder, Klebestift, Prospekthüllen und Umschläge und verstaute alles im Rucksack. Ich fuhr nach Borbeck, um Kopien zu machen. Als ich die Unterführung an der Münstermannstrasse passierte, drehte ich wie immer automatisch meinen Kopf. Unter dieser Brücke stand meine Oma im Krieg in der Nacht, als sie ausgebombt wurden. An der Hand meine vierjährige Mutter. Außer dem, was sie am Leib trug, hatte sie nichts mehr. Mein Opa war noch einmal in die brennende Wohnung gegangen, weil meine Mutter nach ihrer Puppe schrie. Da war aber schon nichts mehr zu machen. Opa hat Glück gehabt, dass er noch lebend raus kam. Ich bog in den Weidkamp. Bis auf die kurze Zeit auf der Donnerstraße verbrachte Oma hier ihr ganzes Leben. Geboren im kleinen Häuschen, neben der alten Kneipe. Nach dem Krieg sind sie und Opa neben die Tankstelle gezogen. Gestorben ist sie im Philipus-Stift, wie fast alle meiner Familie. Ihr Grab liegt an der Friedhofsmauer in Sichtweite ihrer alten Wohnung. So schließt sich der Kreis wieder.
Ich parkte auf dem neuen Parkplatz. Ein Wortspiel hier in Borbeck. Eigentlich ist es der neue Markt platz. Als der Ortskern saniert wurde, die alte Post verschwand, das Kaufhaus und neue Geschäfts- und Wohnhäuser in der Rechtstrasse entstanden, entschlossen sich die Stadtväter einen alten Häuserblock am Bahnhof abzureißen, weil der alte Markt zu klein geworden war und außerdem mitten in der neu geschaffenen Fußgängerzone lag. Seitdem haben wir also einen zeitgemäßen Marktplatz und mehr Parkraum. Leider ist mit dem Häuserblock auch ein Stück Gemütlichkeit verschwunden.
Ich machte meine Kopien und bestellte im Blumengeschäft einen Kranz. Ich ging weiter nach Karstadt. Im Restaurant, im hinteren Teil des Kaufhauses, holte ich mir an der Selbstbedienungstheke eine große Tasse Kaffee. Ich setzte mich mit dem Rücken zum Fenster an einen Tisch, sortierte alles, klebte die Fotos auf die Lebensläufe, tütete die Unterlagen ein und beschriftete die Umschläge. Als ich fertig war, rauchte ich gemütlich eine Zigarette, trank meine schwarze Brühe und sah den Leuten zu. Ältere, die alleine hier waren und Gruppen von Jugendlichen. Hier hatte ich auch schon als Schüler in den Freistunden gesessen. Oder wenn wir blau gemacht hatten. Ich grinste. Manche Dinge ändern sich nicht. Trotz Sanierung. Ich ging zur Post und gab meine Sendung auf. Langsam bekam ich Hunger. Beim Türken am Germaniaplatz aß ich noch schnell einen Minidöner und fuhr dann wieder nach Hause. Den Nachmittag verbrachte ich auf im Liegestuhl auf meinem Balkon. Dann wurde es Zeit zum Baldeneysee, zu meinem Treffen mit
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