Karibik Träume... und zwei Leichen
an.
„Ali!“ zischte ich. „Um Himmels Willen. Die kommen alle hier vorbei.“ Mit geröteten Augen sah sie zu mir hoch. Die Mine versteinert. Der Blick in´s Leere. Wie jemand, der unter Schock oder Drogen steht. „In einer Minute sind die hier. Du kannst hier nicht bleiben. … Schnell, hau ab.“
Sie sprang auf und stürmte an mir vorbei. Schnelle, kleine Schritte. Den Hauptweg entlang. An der Leichenhalle vorbei. Unvermittelt bog sie rechts ab. Ich blies eine große Qualm Wolke aus. Als Signal für diejenigen, denen etwas aufgefallen war. Seht ihr, ich habe Grund stehen zu bleiben. Ich brauche jetzt eine Fluppe. Das Herz schlug mir bis zum Hals. Jetzt nur nicht umdrehen. Keinen Verdacht erregen. Es ist das Normalste der Welt, dass eine schwarz gekleidete, kleine Frau vor meinen Füssen aus den Büschen springt. Nichts worüber man sich Gedanken machen muss. Ich ging weiter und erreichte die Halle. Jetzt waren die Türen geöffnet. Ein Mann im dunklen Anzug stand daneben. Die Hände vor dem Schoß gefaltet. Er sah mich an und ich ging auf ihn zu.
„Entschuldigung. Sind sie der Bestatter?“
„Ja.“ Er machte einen Schritt in meine Richtung. „Kann ich Ihnen das abnehmen?“ Er griff nach dem Kranz. „Ich lege ihn zu den anderen.“ Er ging durch die Tür, holte einen Ständer aus dem hinteren Bereich und stellte meinen Kranz darauf. Ich sah zurück. Die Horde vom Parkplatz kam. Noch waren sie ein gutes Stück entfernt.
„Ich war vorhin schon einmal hier. War aber noch keiner da.“
„Wann denn?“ fragte er, während er die Schleife in Form brachte.
„Hmmm, so halb zehn, zwanzig vor, etwa.“
Er schüttelte den Kopf. „Ich bin vor einer viertel Stunde gekommen. Ist die einzige Beerdigung heute. Tut mir Leid, dass Sie umsonst hier waren.“
„Kein Problem.“ Wenigstens hatte Ali so genug Zeit gehabt. Ich ließ ihn an den Gestecken zupfen und ging neben die Halle. Macht keinen guten Eindruck mit Zigarette da so `rumzustehen. Hier standen die Sargträger. Ebenfalls qualmend warteten sie auf ihren Einsatz. Kurzes Köpfe Nicken. Leise unterhielten sie sich weiter und kümmerten sich nicht weiter um mich.
Die Gruppe hatte sich vor der Halle versammelt. Carla, flankiert von Peter und der Frau ganz vorne rechts. Der Priester und seine Messdiener links vom Sarg. Der Rest im großen Knäuel davor. Ich stellte mich ganz nach hinten. Mein Blick immer wieder in die Richtung wandernd, in die Ali verschwunden war. Mein Herz schlug immer noch wild. Hört das eigentlich keiner? Jedenfalls drehte niemand seinen Kopf in meine Richtung und sah mich missbilligend an. Junge, nicht nochmal so was. Das hier war Stress pur.
Der Priester begann mit seiner Arbeit. Noch einmal eine kurze Ansprache und ein Lied. Dann ein Händedruck und einige Worte für die Witwe. Die Gruppe teilte sich und gab den Weg für den Sarg frei, der auf einem niedrigen Karren lag. Bevor die Sargträger ihn aus der Halle hinauszogen, legte Carla noch einmal kurz ihre Hand darauf. Sie trat zurück und die Prozession setzte sich in Gang. Das Metallkreuz, das einer der Messdiener dem Zug vorantrug, bog links ab. Richtung Haupteingang. Wenn Ali nicht einen großen Bogen geschlagen hatte und parallel zurückgegangen war, war alles in Ordnung. Dann ging es nach rechts. Vorbei an der Stelle, wo sich Ali versteckt hatte. Hier war sie bestimmt nicht. Ich konnte für den Moment durchatmen. Wir erreichten das offene Grab. Die Gruppe bildete, soweit es auf dem schmalen Weg ging, einen Halbkreis. Der Priester wurde wieder offiziell und segnete den Sarg mit Weihwasser ein. Noch ein Vater-Unser. Langsam ließen die Träger den Sarg herab, zogen die Seile hoch, warfen ihre Handschuhe in die Grube und verneigten sich. Sie nickten sich zu, machten auf das Zeichen hin links und rechts um und gingen nach vorne weg. Carla stand einige Zeit vor dem Grab, warf eine Rose hinein und ging einige Meter nach rechts, wo sie stehen blieb. Peter und die Frau blieben bei ihr. Wir Anderen bildeten nun eine Reihe, stellten uns zum letzten Gruß kurz vor das offene Grab und gaben bereitgestellte kleine Blumensträuße oder eine Schaufel Erde hinein. Als ich an der Reihe war schossen mir noch einmal Bilder von Thorsten durch den Kopf. Unsere Ausflüge. Wie er wie ein Irrer die Berge zur Arbeit hochfuhr und die Kurven in Schumacher-manier nahm. Günni´s Rekord hatte er längst eingestellt. Wie er lachte, als er vom Schwimmunterricht mit Ali
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