KARIBISCHES LIEBESABENTEUER
wehgetan?“ Trotz ihrer lässigen Antwort berührte sie unbewusst ihr verletztes Handgelenk, als Zeichen dafür, dass sie wusste, warum er ihr diese Frage stellte.
„Bist du vergewaltigt worden?“
Sie schüttelte sofort den Kopf. „Nein. Ich bin nicht sicher, aber ich glaube El Presidente hat befohlen, mich in dieser Hinsicht zufriedenzulassen.“
„Ach ja? Und warum sollte er das tun?“
„Ich weiß nicht. Vielleicht weil er nur mein Geld will.“
„Und woher kommen dann die blauen Flecke?“, fuhr er hartnäckig fort.
„Bei dem hier“, sie wies auf ihr Handgelenk und zuckte die Achseln, „wurde einer der Wächter etwas rau. Der Rest …“ Sie errötete. „Der Rest kommt von meiner Festnahme in Santa Marita. Es gab einen Autounfall. Nun ja, ich nehme an, ‚Unfall‘ ist nicht unbedingt der richtige Begriff …“
„Aber niemand hat sich dir aufgezwungen?“, unterbrach Dominic sie.
„Nein.“
„Okay, das ist gut.“ Als wäre plötzlich ein Schwindelgefühl verschwunden, das ihn bisher davon abgehalten hatte, richtig zu sehen – offenbar hatte er einen härteren Schlag auf den Kopf bekommen, als er gedacht hatte –, bemerkte er jetzt, dass man mit Lilah nicht nur besonders rau umgesprungen war, sondern dass sie auch so aussah, als hätte sie viel zu lange nicht genug zu essen bekommen. Sie war nicht schlank, so wie früher, sondern wirkte regelrecht zerbrechlich.
Diese Entdeckung verbesserte seine Laune nicht gerade. Sein Drang, Lilah sofort hier herauszuholen, war größer als der Wunsch, die Wächter zu verprügeln, und das wollte schon etwas heißen. Die Heftigkeit seiner Gefühle überraschte ihn, aber darüber würde er später nachdenken, wenn ihn keine blauäugige Blondine mit seidenweicher Haut ablenkte und eine Sehnsucht in ihm weckte, die ihm jetzt ganz und gar ungelegen kam.
„Wenn wir nicht durch die Tür fliehen wollen, wie können wir es dann tun?“, fragte Lilah.
Man könnte sie zu Recht hartnäckig nennen, dachte Dominic. „Wenn ich es dir sage, wirst du dann aufhören, mich zu löchern?“
„Ja, natürlich, ich …“
„Abgemacht“, sagte er knapp. „Um deine Frage zu beantworten – wir fliehen durch das Loch, das ich in die Wand schneiden werde.“
Lilah sah Dominic fassungslos dabei zu, wie er ihr den Rücken zukehrte und an die raue graue Betonwand trat, dieden hinteren Teil der Zelle formte. Dann tastete er sie ab, indem er mit den Händen daran entlangfuhr wie ein Blinder, der das Gesicht seiner Geliebten erkundete.
Eine Unzahl von Fragen ging ihr durch den Kopf, und ein Dutzend mögliche Antworten kamen ihr in den Sinn. Die zwei immer wiederkehrenden Gedanken waren „Wie, in aller Welt“ und „Du musst verrückt sein“.
Aber da Dominic stumm blieb und ihr die ganze Zeit über den Rücken zuwandte, war ihr klar, dass er nicht mit ihr reden wollte.
Nun, von mir aus. Ich auch nicht, dachte Lilah und zog sich auf ihr Bett zurück. Sie brauchte Zeit, um ein wenig nachzudenken und sich über die Gefühle klar zu werden, die in ihr wüteten.
Sie hatte sich jedoch kaum gesetzt, als das Geräusch eines Riegels, der zurückgeschoben wurde, die Stille zerriss. Lilah sah erschrocken zu Dominic hinüber. In Sekundenschnelle hatte ihr Mitgefangener sich umgedreht und auf den Boden sinken lassen, die Arme schlaff herabhängend, die Augen geschlossen, den Kopf auf der Seite.
Wenn Lilah es nicht besser gewusst hätte, hätte sie geglaubt, dass hier ein verletzter Mann darum kämpfte, nicht das Bewusstsein zu verlieren. Der Wächter jedenfalls kaufte es ihm ab. Er warf dem großen Amerikaner nur einen flüchtigen Blick zu, sagte etwas eindeutig Abfälliges auf Spanisch und ging weiter zu Lilahs Zelle.
Zu ihrer Überraschung antwortete Dominic ihm mit überzeugend genuschelten Worten, die Lilah nicht verstand. Der Wächter lachte dreckig und warf Lilah einen lüsternen Blick zu. Nachdem er ihr ihren Teller unter den Gitterstäben durchgeschoben hatte, richtete er sich auf und sagte wieder etwas, spizte die Lippen zu einem widerwärtig klingenden Kuss und schlenderte zurück zur Tür.
Der Riegel wurde vorgeschoben, und kaum eine Sekunde später war Dominic wieder auf den Beinen. „Mistkerl“,stieß er wütend hervor.
Lilah konnte ihre Neugier nicht unterdrücken. „Was hat er gesagt?“
„Nichts, was du wissen musst.“
Sie schürzte die Lippen. Es war zwar nicht die Antwort, die sie hören wollte, aber wenigstens sprach er wieder mit ihr. „Ich wusste
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