Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Karin Schaeffer 03 - Die stumme Zeugin

Karin Schaeffer 03 - Die stumme Zeugin

Titel: Karin Schaeffer 03 - Die stumme Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Pepper
Vom Netzwerk:
Irgendjemandem muss sie sich doch anvertrauen.«
    Mary nahm einen großen Schluck von ihrem Smoothie und stellte das Glas auf den Tisch zurück. »Die Menschen in dem Teil der Welt denken in vollkommen anderen Bahnen. Ich war in Indien. Vor Fremonts Geburt bin ich viel herumgekommen. In Asien ist der Tod Teil des Lebens.«
    »Das ist mir auch schon zu Ohren gekommen.«
    »Das ist schwer zu begreifen, bis man es mit eigenen Augen miterlebt. Ihr Glaubenssystem unterscheidet sich ziemlich von unserem.«
    »Dathis Mutter, Chali, hat häufig über Karma gesprochen. Sie war praktizierende Katholikin und glaubte trotzdem an Karma ... Das habe ich nie kapiert.«
    »Ja, uns befremdet so eine Einstellung. Dennoch sind diese Dinge vereinbar, so wie Leben und Tod nebeneinander existieren. Uns erscheint dieses Denken ziemlich abwegig. Selbstverständlich trauern die Menschen in diesem Erdteil genauso wie wir, und doch ist es anders. Schwer zu erklären. Stirbt dort jemand, glauben sie nicht, diesen Menschen wirklich zu verlieren. Sie sind davon überzeugt, dass die Lebensenergie nicht stirbt, sondern in einen anderen Zustand übergeht.«
    Ich dachte über ihre Worte nach und fand diese Idee höchst interessant. Der Tod eines geliebten Menschen hatte mich jedes Mal hart getroffen, und auch meine Fehlgeburt war ein fürchterlicher Schlag für mich gewesen. Dabei hatte ich gar nicht so sehr unter dem Verlust eines noch nicht fertigen Menschen gelitten. Ich kam einfach nicht damit zurecht, jemanden zu verlieren, den ich zweifelsohne vergöttert hätte. Jeden einzelnen Todesfall empfand ich als brutal und äußerst ungerecht. Wie hätte ich da auf die Idee kommen sollen, dazu eine andere Haltung zu entwickeln?
    »Weiß Dathi, wie ihre Mutter ums Leben gekommen ist?«, fragte Mary leise.
    »Ja. Mary, Sie liegen mit Ihrer Einschätzung richtig. Dathi scheint ihren Tod irgendwie zu akzeptieren, auch wenn mir diese Einstellung sehr fremd ist.«
    Mary lächelte versonnen. »Karma bedeutet, dass jede Handlung unweigerlich Konsequenzen nach sich zieht, egal ob gute oder schlechte. Entscheidend ist nur, dass sich alles aneinanderfügt. Wahrscheinlich glaubt Dathi, ihre Mutter in der einen oder anderen Form wiederzusehen. Oder vielleicht nicht wiederzusehen, aber zu erfahren. Und vermutlich rechnet sie felsenfest damit, dass derjenige, der ihre Mutter auf dem Gewissen hat, früher oder später für seine Tat bezahlen muss.«
    »Karma.« Ich nickte. »Verstanden.«
    Als die eine Band endete und die andere auf die Bühne kam, geriet die Zuschauermenge in Bewegung. Aufs Neue hielt ich nach Dathi Ausschau, und wieder konnte ich sie nirgendwo entdecken. Dafür stach mir ein anderer ins Auge: Joey Esposito. Sein blonder Haarschopf ragte aus der Schar heraus. Als er sich umdrehte, fiel sein Blick auf mich. Er wollte sich schon abwenden, doch mein freundliches Lächeln ließ ihn mitten in der Bewegung innehalten. Er winkte, zwängte sich durch die hüpfenden Leiber und kam auf mich zu.
    »Das von vorhin tut mir leid. Mein Vater kann Polizisten nicht ausstehen.« Er verdrehte die Augen. Wie sich herausstellte, besaß er Humor und war ganz schön kokett, sobald die Anwesenheit seines Vaters ihn nicht unter Druck setzte. Zudem sah er wirklich atemberaubend aus. Falls ich mich nicht täuschte, hatte er seine Wimpern getuscht und grünen Lidschatten aufgetragen.
    »Ich verstehe schon«, meinte ich. »Nur sind wir keine Polizisten, sondern private Ermittler. Und wir sind nicht darauf erpicht, in dem alten Fall rumzustochern. Unser Interesse gilt den kürzlich verübten Morden.«
    Mary neigte sich vor und spitzte die Ohren.
    Joey rückte näher. Im Licht der Tresenlampen funkelten seine Augen wie Diamanten. »Ich habe keine Probleme, über das Thema zu quatschen. Mich hat keiner vergewaltigt, okay? Kann sein, dass ich damals ein bisschen zu dick aufgetragen habe, weil ich keinen Bock auf die Kirche hatte. Aber das mit dem Priester stimmt. Übrigens war Eddie nicht der Einzige, der sein Gesicht nicht sehen konnte. Ich auch nicht. Der Mann trug eine Maske, eine von diesen schlichten weißen Dingern, die man an Halloween anzieht. In diese Abstellkammer hat er mich nur einmal gekriegt. Und ich hatte Glück. Eddie öffnete die Tür, und dann konnte ich abhauen.« Er klang aufrichtig, bis er verschmitzt lächelnd nachschob: »Das ist meine Geschichte, und von der rücke ich nicht ab.«
    Was sollte man von einem Typen wie ihm halten? Joey schien ein Schwindler zu

Weitere Kostenlose Bücher