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Karin Schaeffer 03 - Die stumme Zeugin

Karin Schaeffer 03 - Die stumme Zeugin

Titel: Karin Schaeffer 03 - Die stumme Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Pepper
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sein. In Anbetracht seiner letzten Worte verwunderte es mich kaum, dass man seiner Version keinen Glauben schenkte. Nur hieß das noch lange nicht, dass nichts passiert war.
    »Hast du irgendwelche Zweifel, dass der Mann nicht Pater X war?«
    »Heute? Wer weiß? Damals war ich noch ein kleiner Junge. Der Priester war an jenem Nachmittag in der Kirche. Wer hätte es sonst sein sollen?«
    »Haben andere Kinder auch mal was in der Art verlauten lassen?«
    Als Joey mit einem Achselzucken antwortete, bemerkte ich eine dünne Silberkette an seinem Hals. Auf den ersten Blick hielt ich den Anhänger daran für ein Kreuz, der sich bei genauerem Hinsehen jedoch als kleiner silberner Penis entpuppte. Dass ich seinen Anhänger wie gebannt anstarrte, bereitete ihm große Freude.
    »Was ist mit deinen Brüdern?«, fragte ich.
    »Nada. Behaupten sie wenigstens. Es hat nur mich erwischt. Und natürlich fanden einige, ich hätte es verdient.« Er klimperte mit den Wimpern.
    Ich bemühte mich, nicht laut zu lachen. Falls er früher genauso sphinxhaft gewesen war wie heute, war es durchaus nachvollziehbar, dass man ihm nicht sofort glaubte.
    »Danke für das Gespräch, Joey.«
    »Geben Sie mir Ihre Telefonnummer?« Er zog sein Handy aus der Jeanstasche, speicherte die Nummer ab, die ich ihm nannte, und rief mich an. Ich ging ran und legte gleich wieder auf. Jetzt hatte jeder die Nummer des anderen. Glaubte er etwa, dass ich jedes seiner Worte für bare Münze nahm? Auf der anderen Seite durfte ich auch nicht ausschließen, dass er die Wahrheit sagte.
    Er beugte sich vor, gab mir links und rechts ein gehauchtes Küsschen auf die Wange, als wären wir die allerbesten Freundinnen, und verabschiedete sich. Ich drehte mich zu Mary um, die schmunzelnd beobachtete, wie Joey zur Tür hinübertänzelte.
    »Dieser Junge kann es gar nicht erwarten, erwachsen zu werden und sein eigenes Leben zu führen«, meinte sie. »Und das ist auch gut so.«
    Der nächste Song endete. Endlich erblickte ich Dathi. Sie kämpfte sich aus der dicht gedrängten Menschenmasse heraus, blieb am Rand stehen und schaute sich um. Als sie mich entdeckte, hellte sich ihre Miene auf. Ich winkte ihr zu, ehe sie wieder in der Menge verschwand.
    In dieser Nacht lag ich lange Zeit wach im Bett und dachte über Joey Esposito nach. Konnte ich seine Worte für bare Münze nehmen? Hatte damals ein maskierter Priester versucht, ihn zu vergewaltigen? Oder führte er noch immer die Fehde zwischen den Walczaks und seiner Familie fort? Was die rechtliche Seite anbelangte, leuchtete mir ein, wieso man der Sache nicht nachgegangen war. Trotz der zahllosen Missbrauchsvorwürfe, die man auch schon vor fünf Jahren gegen die katholische Kirche erhoben hatte, waren in diesem speziellen Fall Zweifel durchaus angebracht. Die Anschuldigung hatte Eddie Walczaks Vater vorgebracht und nicht einer der Espositos. Und die Rivalität zwischen den Söhnen verkomplizierte die ganze Angelegenheit nur. Selbst Joey, der behauptete, man habe versucht, ihm etwas anzutun, konnte nicht sagen, wer sich damals hinter der Maske versteckt hatte.
    * * *
    In den darauffolgenden Tagen versuchten Mac und ich in Erfahrung zu bringen, wie die Beziehung der Dekkers zu ihrer Kirche im Detail gewesen war. Sosehr wir uns auch mühten, konnten wir doch nichts Ungewöhnliches entdecken. Auch Billy und La-a, die unermüdlich an den Fällen arbeiteten und mit George Vargas ’ Unterstützung weiterhin geheime Ermittlungen durchführten, erzielten keinerlei Fortschritte – oder wenn doch, weihten sie uns nicht darin ein.
    Und dann, am Dienstag, gab es endlich ein positives Signal von Abby.

KAPITEL 19
    Sasha Mendelsohn rief mich an, um mir mitzuteilen, dass Abby ein Bild von sich und Dathi gemalt hatte. »Das halte ich für ein gutes Zeichen«, sagte Sasha. »Inzwischen geht es ihr beträchtlich besser – zumindest physisch. Heute wird ihr Gips abgenommen, und wir haben bereits darüber gesprochen, sie nächste Woche zu entlassen und in die Obhut der Campbells zu geben ... Doch wir haben immer noch Probleme mit der genauen Einschätzung ihrer neurologischen Funktionen. Des Weiteren ist problematisch, dass sie bislang weder mit den Erwachsenen, also den Schwestern und Ärzten, noch mit den Kindern auf der Station gesprochen hat. Vor diesem Hintergrund ist es höchst bemerkenswert, dass sie sich mit Ihrer Tochter austauscht.«
    »Sollen Dathi und ich sie heute nach der Schule besuchen?«
    »Gern, falls Ihnen das keine Umstände

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