Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Karin Schaeffer 03 - Die stumme Zeugin

Karin Schaeffer 03 - Die stumme Zeugin

Titel: Karin Schaeffer 03 - Die stumme Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Pepper
Vom Netzwerk:
Kardiologie. Er hat gestern Abend erfahren, dass wir Abby heute Morgen aus dem künstlichen Koma holen, und kriegte plötzlich Schmerzen im Brustraum. Das alles setzt ihm ganz schön zu, und er ist auch nicht mehr der Jüngste.«
    »Herzinfarkt?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Schmerzen in der Brust, Schwindel, hoher Blutdruck. Da müssen wir ihn beobachten. Reine Vorsichtsmaßnahme.«
    »Tja«, meinte Mac, »es heißt ja, Stress wäre ansteckend.«
    Sasha zog die Augenbrauen hoch. »Willkommen in meiner Welt.«
    »Hat sie schon etwas gesagt?«, wollte ich wissen.
    »Nein. Sie ist verwirrt, was durchaus normal ist. Wir müssen uns noch gedulden.«
    Ein Pfleger tauchte auf, der einen Wagen mit Frühstückstabletts vor sich herschob. »Wie ich hörte, ist sie wach. Kann sie schon feste Nahrung zu sich nehmen?«
    »Wahrscheinlich nicht. Ob sie schlucken kann, lässt sich noch nicht abschätzen. Warten Sie kurz, ich muss etwas überprüfen.« Sasha verschwand in Abbys Zimmer.
    Mac und ich folgten ihr.
    Sasha unterhielt sich mit Alter-Jones und Miller, der zu Abby hinübersah, grinste und sie dann direkt ansprach. »Hungrig?«
    Falls Abby tatsächlich unter Schluckstörungen litt, machte die Frage keinen Sinn; doch vielleicht versuchte der Arzt, auf diese Weise überhaupt eine Reaktion von ihr zu bekommen. Bislang hatte sie beharrlich geschwiegen und – soweit ich es wusste – auch mit niemandem Blickkontakt aufgenommen.
    Abbys Blick war umwölkt. Es ließ sich nur schwer beurteilen, ob sie die Frage verstanden hatte. Da man sie während der letzten Wochen mit Hilfe von Infusionen parenteral ernährt hatte, schien es mir unvorstellbar, dass es die Kleine nicht nach fester Nahrung verlangte; nur deutete nichts in ihrem Verhalten darauf hin, dass sie Hunger hatte. Auf mich machte sie einen äußerst verwirrten und verlorenen Eindruck. Irgendetwas an ihrer Apathie ließ mich ... Ich konnte nicht genau sagen, was ich empfand. Doch je stärker mein Verlangen war, das Zimmer zu durchqueren und sie in die Arme zu schließen, desto weiter wich ich zurück in der Hoffnung, mich unsichtbar zu machen. Das Letzte, was die Kleine in diesem Moment gebrauchen konnte, waren Fremde, die ihr auf den Leib rückten.
    »Frühstück ist keine schlechte Idee«, sagte Dr. Alter-Jones zu Sasha und wandte sich dann lächelnd an Abby. »Falls du Hunger kriegst, brauchst du nur zugreifen.«
    Sasha verließ den Raum, kam mit einem Tablett zurück und stellte es auf einen kleinen Tisch in der Zimmerecke, wo auch ein Besucherstuhl stand.
    Abbys Blick folgte dem Tablett, ehe er wieder zu Dr. Alter-Jones zurückkehrte.
    »Wenn du möchtest, darfst du etwas essen«, meinte er wohlwollend.
    Wieder keine Reaktion.
    »Schon gut.« Dr. Alter-Jones berührte Abbys Stirn vorsichtig mit den Spitzen seiner Finger. In der anderen Hand hielt er eine Stiftleuchte, mit der er vermutlich ihre Pupillen kontrollierte, um zu prüfen, ob eine Gehirnschädigung vorlag. Er hatte gerade in einem optimistischen Tonfall gesprochen, was den Schluss zuließ, dass er glaubte, zu ihr durchdringen zu können.
    »Ich würde auch den Mund halten«, sagte Dr. Miller und kicherte, »wenn ich in einem Krankenhaus aufwachen und eine Horde Fremder sehen würde.«
    Sein Kommentar brachte uns zum Lachen, doch die Heiterkeit wirkte gekünstelt, und Kinder hatten für derlei Dinge einen siebten Sinn. Ich studierte Abbys Gesichtsausdruck, während all die Fremden, die sich um sie geschart hatten, krampfhaft versuchten, sie zum Sprechen zu bringen. Konnte sie überhaupt noch sprechen? Ihre Hilflosigkeit und Apathie waren besorgniserregend. Alle Anwesenden fürchteten, dass ihr Hirn Schaden genommen hatte, und auf einmal war diese Angst in dem Krankenzimmer fast greifbar.
    Ich erinnerte mich daran, wie ich sie zum ersten Mal gesehen hatte. Damals hatte sie im Dunkeln mit einer Art Heiligenschein aus blonden Haaren auf einer Bahre gelegen und war von Sanitätern versorgt worden. Inzwischen waren die Schwellungen, die ihr Gesicht und ihren zierlichen Körper verunstaltet hatten, zurückgegangen. Die Kleine war augenscheinlich noch nicht in der Pubertät und für meinen Geschmack viel zu blass.
    »Kannst du mir sagen, wie viele Finger du siehst?« Dr. Alter-Jones hielt Abby zwei Finger vor die Augen.
    Sie riskierte einen kurzen Blick und schaute dann in eine andere Richtung.
    »Und nun?« Diesmal streckte er einen Finger.
    Sie runzelte die Stirn und schien zu schrumpfen, als wollte sie sich

Weitere Kostenlose Bücher