Karl der Dicke beißt sich durch
sie konnten eintreten. Durch einen Windfang gelangten sie in eine große Halle, die der Diele eines niedersächsischen Bauernhauses nachgestaltet war. Im Hintergrund brannte ein Feuer in einem aus Rotsteinen gemauerten Kamin. An der rechten und linken Seite waren statt der Plätze für die Kühe und Pferde je drei Lauben abgeteilt, die sich in Farbe und Mobiliar voneinander unterschieden und in der Weitläufigkeit des Raumes behaglich lauschige Kuschelecken bildeten. Sie waren ausgestattet mit bequemen Polstergarnituren und besaßen bleiverglaste Fenster nach außen. Rechts neben der Eingangstür führte eine breite Holztreppe auf eine Balustrade, die U-förmig um drei Seiten der Halle herumlief und den Zugang zu den Zimmern des Obergeschosses ermöglichte. Vor dem Kamin lagen Lederkissen. Mehrere gepolsterte Hocker waren umgestoßen. Mitten in der Halle standen drei riesige Schaukelpferde Nase an Nase, ein rotes, ein blaues und ein gelbes. Von der Decke baumelten eine Schaukel und drei dicke Seile.
Karl, Egon und Guddel standen und staunten.
„Wenn das nicht ‘ne Wucht ist!“ flüsterte Karl. „Dergleichen sahen meine himmelblauen Augen nie. Ich glaube, hier werden wir uns wohlfühlen. Aber wo sind denn die Bewohner dieser Zuckerbude? Seht ihr vielleicht jemanden?“
„Die können eigentlich nur im ersten Stock sein“, vermutete Guddel.
„Sollte mich gar nicht wundern, wenn sie gleich mit Hallo die Treppe runtersausen, um uns zu empfangen.“
„Der Opa doch wohl kaum“, sagte Egon leise. „Ich muß sagen, ich bin einigermaßen befremdet darüber, daß er sich nicht zeigt! So empfängt man keine Gäste.“
Seine Worte waren kaum verklungen, da öffnete sich oben eine Tür, und ein großer Mann, dem die Augen verbunden und die Hände auf dem Rücken gefesselt waren, wurde von drei kleinen maskierten Gestalten am hölzernen Gitter entlang die Treppe hinuntergeführt.
Die Jungen unten sahen sich verblüfft an.
„Jetzt ist es aber genug!“ hörten sie den Mann sagen. „Ich kann nicht mehr! Macht mir die Fesseln ab, ich möchte mich hinsetzen und ausruhen!“
„Schweig, du feige Memme!“ rief einer der Maskierten als Antwort.
„Das Spiel ist aus, heute mußt du hängen!“
Ohne sich um die Jungen an der Tür zu kümmern, stießen sie dem Mann Spielzeugpistolen in den Rücken und trieben und zerrten ihn bis in die Nähe des Kamins zu einem der leicht hin und her pendelnden Seile. „Sprich dein letztes Gebet“, wurde er aufgefordert, „und knie nieder!“ Der Mann gehorchte.
Er ließ sich das Seil um den Hals legen, bestieg ohne Widerrede einen der lederbezogenen Hocker und ließ sich auf Kommando in die Tiefe stürzen. Das war nicht ungefährlich, denn wenn der Knoten, den einer der Strolche in das dicke Seil geschlungen hatte, sich nicht gelöst hätte, wäre ihm Schlimmes passiert.
„Die sind ja behämmert!“ rief Karl. „Mit solchen Späßen können sie den Alten glatt umbringen. Kommt, wir schreiten ein, und zwar als Indianer auf dem Kriegspfad, das werden sie sich am ehesten gefallen lassen!“
Er bewegte die Hand vor dem offenen Mund hin und her und heulte: „Huahuahuahuuuu!“
Egon und Guddel begannen ebenfalls zu heulen, und dann stürzten sie alle gemeinsam auf die kleinen Burschen zu, packten sie und rissen ihnen die Masken vom Gesicht.
„Ha“, rief Guddel, „dacht’ ich’s mir doch! Schnotti Peng, der Gangster mit der triefenden Nase! Warte, Bleichgesicht, der Marterpfahl freut sich schon auf dich!“
„Und welchen Schurken halten meine eisernen Fäuste umklammert?“ schrie Egon. „Runter mit der Maske, du Sohn einer räudigen Hündin! Natürlich, Billo Knief, der Mann mit den schnellen Messern! O du Schrecken der Greise und Witwen, noch ehe die Sonne die Erde küßt, wird dein blutiger Skalp meinen Gürtel zieren!“
Karl hatte den Größten erwischt. Er schüttelte ihn, drehte ihm die Arme auf den Rücken und riß ihm die Maske ab. „Sieh da!“ rief er. „Charly Büffelhorn, der reitende Bluthund von Alaska! Dich werden wir am Feuer rösten wie einen Bärenschinken und dann deinen faulenden Kadaver Geiern und Schakalen vorwerfen! Kommt, meine roten Brüder, machen wir ein Ende mit diesen abscheulichen Bleichgesichtern! Und nehmt unserm Stammesgenossen die Binde vom Gesicht, damit er wieder in die Sonne Manitus schauen und das ängstliche Flackern im Auge seiner heimtückischen Feinde sehen kann!“
Sie packten die drei, die sich heftig wehrten, sich aber
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