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Karl der Dicke beißt sich durch

Karl der Dicke beißt sich durch

Titel: Karl der Dicke beißt sich durch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
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Leute!“
    „Moment, Moment!“ bremste Guddel. „Mit leeren Händen kann man keinen Geist erscheinen lassen! Wir brauchen mindestens ein großes weißes Handtuch. Mit einem Bettlaken wäre uns noch besser gedient. Paßt auf, wie ich mir die Sache vorstelle!“
    Als Axel nach einigen Minuten ungeduldig seinen Kopf durch die Tür steckte und fragte, wann es denn endlich losginge, hatten die drei nicht nur einen perfekten Gruselplan ausgeheckt, sondern Guddel Schmalz, der Heimatdichter, auch schon ein paar schauerliche Verse zusammengereimt, die Karl der Dicke zu gegebener Zeit am gegebenen Ort mit Geisterstimme aufsagen sollte.
    „Hoffentlich haben eure Pferde eine Laterne am Hals und ein Katzenauge am Hintern“, sagte Egon. „Ohne Beleuchtung brechen sie sich die Knochen auf den engen Pfaden im Gebirge.“
    „Klar!“ entgegnete Axel. „Unsere Pferde sind verkehrssicher, die haben sogar zwei Bremsen.“
    „Na, dann kann ja nichts schiefgehen“, rief Guddel. „Los denn!
    Reite voraus, Dickwanstiges Nilpferd, du kennst dich aus im Tal der Glotzenden Eulen!“
    „Hugh“, antwortete Karl und war schon in der Dunkelheit verschwunden. Die Kleinen wollten sofort hinterher, doch da schrie Egon: „Verflixt noch mal! Ich glaube, ich habe einen Platten! Kann mal einer von euch die Lampe hier anknipsen? Ich weiß nicht, wo der Schalter sitzt.“
    Als nach einigem Umstand die Außenbeleuchtung endlich brannte, stellte Egon scheinbar erleichtert fest, daß sein Reifen in Ordnung war und die Luft hielt.
    „Eigenartig“, murmelte er, „dabei hätte ich schwören können, daß der Hinterreifen platt war. Wie leicht doch der Mensch das Opfer einer Täuschung wird!“
    Natürlich war dieser kleine Zwischenfall eingeplant. Dadurch gewann Karl den Vorsprung, den er brauchte, um in dem Wäldchen bei der Gruft die nötigen Gruselvorbereitungen treffen zu können.
    Guddel setzte sich an die Spitze der Kolonne und ermahnte die Jungkrieger, genau in Reihe zu fahren und ihn nicht etwa zu überholen, weil sie sonst niemals die Gräber der toten Brüder finden würden und leicht von den bösen Geistern der Stammesfeinde in die Irre geleitet werden könnten. „Ich allein kenne den Weg“, sagte er. „Folgt mir schweigend!“
    Er fuhr nicht sehr schnell, auch das entsprach den Abmachungen. Die Kleinen schienen die Absicht aber nicht zu bemerken. Sie waren entgegen ihrem sonstigen Verhalten auffallend still. Die Dunkelheit und die nächtliche Ruhe ringsum verfehlten nicht ihre Wirkung auf sie.
    Nach einer knappen halben Stunde bog Guddel von der Straße ab und in den Feldweg hinein.
    „Absitzen, meine roten Brüder!“ rief er leise. „Wir wollen unsere Pferde nicht zuschanden reiten.“
    Langsam tappten sie nun durch das hohe Gras, das an den Rändern und in der Mitte des tief ausgefahrenen Weges wuchs und zu ihren Füßen leise raschelte. Der Roggen auf dem Feld zu ihrer Linken wogte sacht im kühlen Nachtwind. Rechts stand Mais, halbhoch erst, aber schon koboldhaft unheimlich mit seinen absonderlichen Fruchtständen und den bizarr ab geknickten Blättern. Der Mond hielt sich hinter Wolken versteckt. Nur für Augenblicke kam er hervor, warf sein unwirkliches Licht auf Felder und Wiesen und verbarg sich wieder.
    Die Kleinen hielten sich ängstlich an Guddel und sprachen kein Wort. Sie merkten nicht, daß Egon zurückblieb, sie waren einzig darauf bedacht, den Anschluß nicht zu verlieren. Am Ende des Maisfeldes folgte Guddel einem schmalen Trampelpfad mitten durch ein Rübenfeld und stapfte auf den kleinen Wald zu.
    „Nicht so schnell!“ rief Volker, der als letzter ging. „Mein Rad hakt hier überall fest!“
    Jetzt hatte Guddel den Waldrand erreicht.
    „Bindet euren Pferden die Vorderbeine zusammen, und laßt sie grasen“, ordnete er an und fügte mit zitternder Stimme hinzu: „Unsere toten Brüder sind nahe!“
    Nach diesen Worten legte er sein Rad nieder und wartete, bis die Jungkrieger ein Gleiches getan hatten.
    „Sind hier auch keine Räuber?“ flüsterte Sven beklommen. „Davor fürchte dich nicht, Ängstliches Schneehuhn“, sagte Guddel.
    „Mein Tomahawk wird ihnen den Schädel spalten. Kommt nun, ich höre die Stimme des Springenden Panthers, meines Bruders, der im Kampf am Silberberg sein tapferes Leben aushauchen mußte.“
    Mit schnellen Schritten ging er in den Wald hinein. Die Kleinen hasteten eilig hinterher. Plötzlich blieb Guddel stehen.
    „Still!“ mahnte er. „Hört ihr seinen Gesang?“
    Ja,

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