Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Karl der Dicke beißt sich durch

Karl der Dicke beißt sich durch

Titel: Karl der Dicke beißt sich durch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
Vom Netzwerk:
nicht zu befreien vermochten, und zwängten sie in die hohen Schaukelpferde. Karl knotete den Strick los, mit dem der alte Herr Gregant gefesselt war, und schlang ihn um die Hände und Beine seines Gefangenen. Das Ende befestigte er am Hals des Schaukelpferdes. Dann setzte er das hölzerne Tier in Bewegung, und zwar so schwungvoll, daß es sich zu überschlagen drohte. Der Junge, es war Axel, schien das schon mal erlebt zu haben und sich sehr davor zu fürchten. „Hör auf!“ schrie er. „Wenn ich umkippe, haue ich mir ein Loch in den Kopf!“
    „Oh“, sagte Karl, das Schaukeln leicht abbremsend, „zeigt der Bluthund von Alaska jetzt sein wahres Gesicht? Hat er schon Angst, wenn das Pferd mit ihm durchgeht? Dann will ich es kurz machen und ihm eine Kugel in sein feiges Herz jagen!“
    Er nahm eine der Spielzeugpistolen vom Fußboden, zielte auf Axel und machte: „Krr krr krr!“ Den Rauch von der Mündung der Pistole blasend und sie hinter seinen Gürtel steckend, sagte er: „Damit wäre die Rechung beglichen. Nun fahre dahin in das Meer des Vergessens!“
    Durch das herzhafte Zupacken Karls verunsichert, hielt Axel es für das beste mitzuspielen. Er ließ darum den Kopf auf den Hals des Schaukelpferdes sinken und war tot. Seine jüngeren Brüder sahen das und entschlossen sich ebenfalls, durch einen schnellen Tod den angekündigten Martern zu entgehen. So hingen sie denn bald alle drei leblos auf ihren Pferden und rührten sich nicht.
    Herr Gregant aber sank erschöpft auf einen Hocker und atmete tief durch.
    „Gott sei Dank“, sagte er leise, „die Kerle machen mich fertig. Ich freue mich, daß ihr da seid. Bleibt bitte in der Nähe, meine Enkel sind noch lange nicht am Ende!“ Aber das entschlossene und handkräftige Eingreifen der drei Babysitter schien die übermütigen Lausbuben doch beeindruckt und aus dem Konzept gebracht zu haben. Sie erwachten zwar nach und nach wieder vom Tode, blieben jedoch stumm und ergeben auf ihren hölzernen Sitzen hocken und beobachteten ihre Bezwinger mißtrauisch.
    „Mir scheint“, sagte Karl, indem er allen reihum in die Augen blickte, „die Kampfhandlungen sind beendet. Dann wollen wir mal die Friedenspfeife miteinander rauchen. Besitzen Sie eine Pfeife, Herr Gregant?“
    „Ja, natürlich“, antwortete der, „aber ich weiß nicht, ob die Kleinen schon rauchen dürfen.“
    „Sie dürfen!“ rief Egon. „Wenn sie das nicht vertragen, sind sie nicht wert, mit drei edlen Comanchen um das Feuer zu sitzen.“
    „So ist es“, nahm Karl wieder das Wort. „Gib mir die Friedenspfeife, Stammesvater! Und du, Langfüßiger Windhund“ - damit wandte er sich an Egon - „löse den Bleichgesichtern die Fesseln! Sie sollen ihren Skalp behalten und den Platz um das Lagerfeuer mit uns teilen.“
    „Hugh, Dickwanstiges Nilpferd“, rief Egon, „ich beeile mich, deinen Befehl auszuführen! Darf mein Blutsbruder, die Ätzende Zunge, mir dabei helfen?“
    „Sie darf!“ gewährte das Dickwanstige Nilpferd großzügig. Bald saßen alle auf den Flockern und Lederkissen vor dem Kaminfeuer und ließen die Pfeife des alten Herrn Gregant von Hand zu Hand gehen.
    Damit war der Bann gebrochen. Babysitter, die ihnen das Rauchen erlauben würden, hatten die drei Rabauken nicht erwartet. Sie verhielten sich darum so gesittet, wie es das Rauchen der Friedenspfeife verlangte, und warfen einander verstohlene Blicke zu.
    „Wir drei heißen Karl, Egon und Guddel“, stellte Karl vor. „Wir machen alles mit, das habt ihr ja schon gemerkt, aber wir wissen auch, wann es genug ist.“
    „Du hast mir ganz schön die Hände zusammengebunden“, sagte Axel, „das tut jetzt noch weh!“
    „Muß es auch“, antwortete Karl, „sonst macht es keinen Spaß.“
    „Und ich wäre beinah umgekippt mit dem doofen Pferd!“ rief Sven, der von Guddel bezwungen worden war. „Noch ein kleiner Schubs, und peng! hätte ich gelegen!“
    „Kann schon sein“, gab Guddel zu, „aber davon wärst du bestimmt nicht gestorben.“
    „Mich hat der Langfüßige Windhund aber verkehrt herum aufs Pferd gesetzt!“ rief Volker, der Jüngste, empört. „Man kann nicht reiten, wenn man das Pferd am Schwanz anfassen soll!“
    „Klar, kann man das!“ rief Egon. „Man sieht nur nicht, wo es hingeht.“
    Herr Gregant legte einige Buchenscheite auf die Glut und beobachtete schweigend seine Enkel, die so friedlich dasaßen, wie er es noch nie erlebt hatte. Vielleicht komme ich diesmal doch ohne Nervenzusammenbruch

Weitere Kostenlose Bücher