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Karl der Große: Der mächtigste Kaiser des Mittelalters - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Karl der Große: Der mächtigste Kaiser des Mittelalters - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Titel: Karl der Große: Der mächtigste Kaiser des Mittelalters - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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der Geschichtsschreiber, wie die Franken die zu ihren Schiffen flüchtenden Araber jagen, sie verprügeln und ertränken. Danach befiehlt Karl Martell seinen Leuten weitere Angriffe in der Gegend: Nîmes, Agde und Béziers lässt er zerstören. Die Sieger machen reiche Beute, nehmen aber die Belagerung von Narbonne nicht mehr auf. Von dort wird die Araber erst Karl Martells Sohn Pippin 759 endgültig vertreiben. Da ist der Vater schon seit 18 Jahren tot.
    Doch auch den Sieg von 737 stellt der Chronist als bedeutend hin. Nach einem weiteren Sieg über Sarazenen und Aufrührer 739 heißt es abschließend: »Der oben genannte princeps Karl kehrte als Sieger zurück, nachdem er alle Königreiche unterworfen hatte und sich niemand mehr gegen ihn erhob.« Tatsächlich jedoch, erläutert Fischer in seinem Buch über Karl Martell, kam wegen der nicht endenden Überfälle von Berbern und Arabern der lukrative Handel der Provence mit dem Mittelmeerraum um 750 endgültig zum Stillstand. Als die Quelle des Reichtums versiegte, war der Landstrich nur noch spärlich besiedelt. Und trotz der Siege des fränkischen Hausmeiers, der ab 737 keinen merowingischen Schattenkönig mehr über sich duldete, blieben die Sarazenen eine ständige Bedrohung an der Grenze seines Reichs.
    Anders also als die zeitgenössischen christlichen Chroniken und die glorifizierende Darstellung in späteren Jahrhunderten glauben machen wollten, ist es unwahrscheinlich, dass die Araber sich tatsächlich zum Ziel gesetzt hatten, das Gebiet nördlich der Loire dauerhaft einzunehmen. Zu dieser Zeit hielten die Muslime die Bewohner des Nordens für Barbaren. Zwischen 700 und etwa 1500 waren sie die Träger der überlegenen Kultur, die sie beispielsweise im spanischen Córdoba zur vollen Blüte bringen sollten. Die Westeuropäer galten ihnen als wilde Horden. Dagegen war der Vorstoß im Osten nach Byzanz vornehmliches Ziel der muslimisch-arabischen Expansion. Als die zweite Belagerung Konstantinopels 715 bis 7 18 erfolglos blieb, empfanden sie den Rückschlag als schmerzlich, wie beispielsweise der Arabist W. Montgomery Watt dargelegt hat: Die Niederlage von Poitiers sei »mitnichten der coup de grâce für die spanischen Araber« gewesen. Sie »demonstrierte den Muslimen nur die Grenze, jenseits deren sich Raubzüge nicht mehr lohnten«.
    Auch wenn der Sieg des Karl Martell kein isoliertes Großereignis war – nie mehr ist ein muslimisches Heer weiter nördlich als Poitiers vorgedrungen. Der Ort markiert den »äußersten Punkt, den die Welle der arabischen Expansion in dieser Richtung erreichte«, konstatiert Watt. »Und auch den Beginn ihres Zurückflutens.« Das macht den Oktober 732 zu einem Datum, das den Geschichtsbüchern erhalten bleiben wird.

Bauern, Mönche und Dämonen
    Wie Inseln lagen die Höfe, Klöster, Pfalzen und Dörfer des Frankenreichs in riesigen Urwäldern. Ohne Hoffnung auf ein besseres Leben schuftete das Volk auf den Äckern.
    Von Till Hein
    Winter 792 . Jahrzehntelange Kriege haben die Menschen im Frankenreich ausgelaugt, Unwetter große Teile der Ernte vernichtet, und nun ist grimmige Kälte über die Höfe und Felder hereingebrochen. In ihren Holz- oder Lehmhütten suchen die Bauern Schutz vor Eis und Schnee. Das Holz, das sie in offenen Feuerstellen verbrennen, ist feucht – statt Wärme entstehen vor allem Rauch und Ruß. Als Kamin dient ein Loch im Strohdach. Abends spendet nur das Herdfeuer etwas Licht. Wachskerzen, die in Kirchen und Klöstern die Altarräume erhellen, können sich die Bauern nicht leisten. Die letzten Getreidevorräte gehen zur Neige. In den Hütten grassiert der Hunger. Viele Bauern sind überzeugt, dass Gott sie für ihre Sünden bestrafen will. Dass verzweifelte Menschen Katzen, Hunde oder sogar Erde verzehren, ist im Frankenreich nichts Ungewöhnliches. Doch in diesem Winter des Schreckens wird ein Tabu gebrochen. »Die Hungersnot nahm solche Ausmaße an, dass Menschen andere Menschen aßen«, notiert ein Chronist, »ein Bruder den anderen, Mütter ihre Kinder.«
    Seit mehr als 20 Jahren herrscht Karl der Große über das Frankenreich. Während die Bauern im Winter 792 scharenweise verhungern oder erfrieren, schlemmt und feiert der König auf einer seiner mehr als hundert Residenzen im Reich wie gewohnt im Kreis seiner Vertrauten. Musikanten und Spielleute unterhalten die Mächtigen bei ihren Festgelagen mit Pauke, Horn, Fiedel, Zither und Harfe, mit Clownerie, Seiltanzvorführungen und dressierten

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