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Karl der Große: Der mächtigste Kaiser des Mittelalters - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Karl der Große: Der mächtigste Kaiser des Mittelalters - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Titel: Karl der Große: Der mächtigste Kaiser des Mittelalters - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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»Zeitensprünge« und auf der Website »Fantomzeit« setzen er und ein paar unterbeschäftigte Stöberer die bizarre Schnitzeljagd bis heute fort. Wissenschaftler hingegen begegneten Illigs Vorstoß bestenfalls mit amüsiertem Kopfschütteln. Einhellig monierten sie, dass er weder genügend Urkunden berücksichtige noch überhaupt zureichende methodische Kenntnisse besitze. Auf einen leicht ausräumbaren Verdacht hin – die drei als fehlend empfundenen Tage bei Gregor XIII. sind längst mit einer Bequemlichkeit der päpstlichen Astronomen erklärt – könne man nicht eine ganze Epoche entsorgen. Abgesehen von anerkannten Zeitmaßstäben wie der Dendrochronologie, die in Europa mit Wachstumsringen von Bäumen lückenlos 10000 Jahre abdeckt, spricht gegen die These sowieso jede Wahrscheinlichkeit: Das Ausmaß dessen, was die Fälscher hätten erfinden müssen, wäre uferlos. Wer hätte so viel Energie entwickeln können, die Überlieferung von knapp drei Jahrhunderten plausibel zu fabrizieren, samt Herrscherhäusern, Historikern, Kriegen, Kunstwerken, Büchern und überregionalen Querverbindungen?
Gelassenere Beobachter ordneten die Affäre bald dem alten Genre der Verschwörungsliteratur zu: Da gibt es doch die wilde Story von den Templern, die das Geheimnis der Ehe Jesu mit Maria Magdalena und ihrer Nachkommen hüten (Dan Brown: »Sakrileg«). Oder die immer mal wieder aufgewärmte Rätselei um den angeblichen Pseudonym-Autor Shakespeare. Neben solchen Spintisierereien ist der Einfall, listige Manipulateure hätten der abendländischen Geschichte heimlich, still und leise mal eben drei Jahrhunderte angestrickt, wohl am besten aufgehoben.

TEIL V

GELEHRTE UND
REFORMER

Goldstandard des Geistes
    Karl wollte sein Reich durch christliche Bildungsnormen einigen. Meisterdenker des ehrgeizigen Projektes war der Gelehrte Alkuin von York.
    Von Johannes Saltzwedel
    Sie kannten einander, die beiden Männer, die da 781 im italienischen Städtchen Parma beisammensaßen. Den Hof Karls des Großen hatte Alkuin, vielseitig gebildeter Kleriker aus York, schon ein paar Jahre zuvor aufgesucht. Doch dass er nun, auf dem Rückweg von einer Dienstreise nach Rom, dem König hier wiederbegegnete, war eher Zufall. Ein denkbar entscheidender Zufall allerdings für die künftige Kultur Europas.
    Berichte gibt es keine, aber der Frankenkönig muss den schon etwa 4 5 Jahre alten Gelehrten sogleich ins Vertrauen gezogen haben: Leute wie Alkuin brauche er dringend. Sein Reich, erst unlängst mit fürchterlichen Kriegsanstrengungen bis hierher in die Lombardei ausgedehnt – wodurch hielt es überhaupt zusammen, wenn nicht durch feste christliche Regeln, durch das gemeinsame Wissen um die göttliche Weltordnung? Damit aber stand es schlecht. Immer wieder war von Priestern zu hören, die so wenig Latein konnten, dass sie nicht einmal Credo und Vaterunser fehlerfrei hersagten – ein bairisches Mönchlein taufte schon mal »in nomine patria et filia«, also irgendwie im Namen von Vaterland und Tochter anstatt von Gottvater und Sohn Christus. Lesen und das Gelesene verstehen, damit kämpften sogar manche Bischöfe; auch Karls Vater Pippin hatte schon einiges dagegen zu unternehmen versucht.
    Um das Jahr 779 hatte Karl in einer Verordnung viele Eigenmächtigkeiten der Kirchenleute angeprangert, hatte Richtlinien erteilt, zu frommem Leben und Lerneifer gemahnt. Inzwischen aber war ihm klar: Erfolg konnte er nur haben, wenn wirklich überall gleiche Prinzipien galten. Das fing an mit dem Einfachsten, der Sprache selbst. Petrus von Pisa, bei dem der König selbst Lateinunterricht nahm, und ein Paulinus waren dafür schon in Karls Nähe tätig; sie stellten aus spätantiken Büchern die wichtigsten grammatischen Kenntnisse zusammen. Aus Rom hatte Papst Hadrian das Sakramentar mit den authentischen Gebeten Gregors des Großen ( 590 bis 604 ) geschickt. Um den Urtext der benediktinischen Mönchsregel zu erlangen – samt den ursprünglichen Maßen der Zuteilungen an Brot und Wein –, sandte der König Boten ins Mutterkloster Monte Cassino.
    Korrekte Formeln für die Messfeier und das Klosterleben waren natürlich nur ein Anfang. Bildung sollte Karls Herrschaft sichern, aber ein besseres Verständnis der göttlichen Weltordnung hatte zugleich höheren, nachhaltigeren Sinn. Je weiter man blickte, nach Schottland und Irland, nach Griechenland oder auf die Iberische Halbinsel, überall schien Wissen gespeichert, das man finden, verstehen und nutzbar machen

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