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Karl der Große: Der mächtigste Kaiser des Mittelalters - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Karl der Große: Der mächtigste Kaiser des Mittelalters - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Titel: Karl der Große: Der mächtigste Kaiser des Mittelalters - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Theorie liegt im nach 799 entstandenen Karlsepos. Es ruft den Frankenherrscher zum »neuen David« aus und stilisiert seine Stadt zu »Roma secunda«. Literarisch steht es in der Tradition klassischen Herrscherlobs – und ist, wie man heute weiß, auch als solches zu lesen: als schamlose Schmeichelei.
    Wenn man den Dom betritt, versteht man allerdings, warum Zeitgenossen über Aachen ins Schwärmen gerieten. Acht schwere Rundbögen umschließen unten den Raum; darüber stehen in den hohen Arkaden der oberen Emporen bunte Säulenpaare aus rotem und grünem Porphyr sowie farbigem Marmor. Oben, in 31 Meter Höhe, schwebt das Kuppelgewölbe über dem zentralen Oktogon. Es war zu seiner Zeit das höchste nördlich der Alpen. Im Vergleich zur späteren, hoch aufstrebenden Gotik vermittelt der Bau menschliches Maß: Er gewährt Weite, ohne Unterwerfung zu fordern. Karl wird dem Franken Odo, den Quellen als seinen Baumeister nennen, als Vorbild San Vitale in Ravenna ans Herz gelegt haben; 78 7 hatte der König die norditalienische Stadt besucht. Einhard widmet dem Kirchenbau seines christlichen Herrn ein ganzes Kapitel. Seiner Frömmigkeit wegen habe Karl »die wunderschöne Kirche in Aachen« erbaut, so der Biograf, »die er mit Gold und Silber, mit Leuchtern und mit Gittern und Türen aus massivem Metall ausschmückte. Für diesen Bau ließ er Säulen und Marmor aus Rom und Ravenna bringen, da er sie sonst nirgends bekommen konnte«.
    Oben, auf der Empore im zweiten Geschoss, steht der Leiter der Domschatzkammer Georg Minkenberg, ein Mann mit rheinischem Tonfall und Humor, und weist eine weitere vermeintliche Gewissheit ins Reich der Märchen. Der »Aachener Königsthron« wird gern als herrschaftliches Möbel Karls des Großen dargestellt. Richtig sei daran, dass auf diesem Thron 30 Könige gekrönt wurden, der erste war 936 Otto der Große. Unwahrscheinlich sei indes, dass auf diesem Sitz je Karl selbst gethront hat. »Wir wissen nicht einmal sicher, ob dieser Wolpertinger wirklich aus karolingischer Zeit stammt«, sagt der Kunsthistoriker. Ein Mischwesen ist der vergilbt wirkende Marmorsitz in der Tat. »Er ist aus antiken Spolien unterschiedlicher Herkunft zusammengefügt«, erklärt Minkenberg. Plumpe metallene Laschen halten die Platten zusammen. Höhe gewinnt der Thron allein durch einen mannshohen Sockel aus fünf Stufen. »Es gibt die Theorie, dass dieses Ding anfangs ein reines Reliquiar war«, so der Experte – ein Behältnis für Märtyrerrelikte. Bei den Krönungen später barg der Thron tatsächlich die Stephansbursa, eine edelsteinbesetzte Goldschatulle aus dem 9 . Jahrhundert. Sie enthielt eine Pilgertasche mit Erde aus Jerusalem, die angeblich mit dem Blut des heiligen Stephanus getränkt war. »Dass Karl von überall her Reliquien erhielt, ist belegt.«

    Der rätselhafte »Karlsthron« auf der Empore im Aachener Dom
    Andreas Fechner/Spiegel Geschichte
    Heikler noch als der Thron ist die Lage von Karls Grab. Das alte Rätsel um die letzte Ruhestätte gilt als unlösbar. In langjährigen Grabungen konnten die Archäologen keine Spuren einer kaiserlichen Beisetzung entdecken: Einem Loch sieht man nicht an, wer einmal darin lag. In der Schatzkammer des Doms steht ein riesiger Marmorsarg, auf dem ein Relief den Raub der Proserpina zeigt. Das prachtvolle Stück ist römisch, es stammt aus dem 2 . Jahrhundert. Auch wenn Kritiker einwenden, dass man diesen schweren Sarg unmöglich habe »eingraben« können, wie es im neunten Jahrhundert üblich war, ist Kirchenmann Minkenberg überzeugt, dass Karls Körper einst darin lag. »Das Leichentuch im Karlsschrein zeigt Spuren jahrhundertealter Falten. Sie passen genau zu den Abmessungen dieses Sargs.« Das Tuch ist aus byzantinischer Purpurseide und trägt die Inschrift der Staatsmanufaktur Konstantinopels. »Es kann entweder im Jahr 800 nach Aachen gekommen sein«, sagt Minkenberg. »Dann wäre es von Anfang an Karls Leichentuch gewesen.« Ein zweiter Anlass für die Schenkung dieser überaus edlen Textilie wäre im Jahr 1000 denkbar. »Dann hätte Otto III. , der Karls Grab ja bekanntlich öffnete, dem Ahnen das Tuch gestiftet.«

Begräbnis Karls des Großen.
Französische Miniatur aus dem 14. Jahrhundert
    AKG/De Agostini Picture Lib.

Die Gebeine des Kaisers sind heute auf vier Orte verteilt: Seine Schädeldecke ruht in der Büste aus dem 1 4 . Jahrhundert, die einen Höhepunkt in der reichen Schatzkammer des Aachener Doms bildet. »Die Kinder rufen ›Gott‹,

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