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Karl der Große: Der mächtigste Kaiser des Mittelalters - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Karl der Große: Der mächtigste Kaiser des Mittelalters - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Titel: Karl der Große: Der mächtigste Kaiser des Mittelalters - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Gegenwert mehrerer Herden dar, ein Vermögen. Dass etliche karolingische Klöster Bibliotheken unterhielten und überregional den Textaustausch pflegten, bedeutete keineswegs nur intellektuellen Reichtum – Wissen war auch materiell viel wert. Gewöhnlich bekamen nur reifere Mönche jeweils eine der Pretiosen namens Buch ausgeliehen.
    Um das Jahr 810 hatte sich die neue Minuskel-Schreibart schon weit verbreitet und vereinheitlicht; während des 9 . Jahrhunderts setzte sie sich nicht nur vollends in Kerneuropa durch, sondern nahm auch einen »mehr nüchternen« (Bischoff), alltäglicheren Charakter an. Bis nach Mittelitalien drang der karolingische Schreibstil vor; nur vom benediktinischen Hauptkloster Montecassino aus nach Süden hin blieb eine andere Schrift in Gebrauch. Diese erheblich gebrochener wirkende, auch durch Buchstaben-Ballungen weniger leicht zu lesende »Beneventana« sollte sich bis ins 13 . Jahrhundert halten. »Die frühe und mittlere Karolinger-Zeit ist eine Blüteperiode der Schreibkultur und des kalligrafischen Geschmacks«, lautet Bernhard Bischoffs bewunderndes Resümee. In Saint-Amand beispielsweise habe die neue Einheits-Minuskel »geradezu typografische Regelmäßigkeit« erreicht. Auch für die Großbuchstaben, die man in Titeln und Kopfzeilen verwendete, setzen sich klare Formen nach altrömischen Mustern durch.
    Wie in einem Netzwerk scheinen die immer zahlreicher werdenden Schreibstuben Erfahrungen ausgetauscht und Regeln vereinbart zu haben, so dass es heute keineswegs einfach sein kann, die Herkunft eines Manuskripts zu bestimmen. Noch lange nach dem Ende der karolingischen Herrschaft bildete die allseits geläufige, verhältnismäßig einfach erlernbare Minuskelschrift die Norm für Rechtsbelege und Traktate, Gebetbücher und weltliche Poesie. Bis nach England und Spanien, auch in die östlichen Missionsgebiete verbreitete sich das Erfolgsmodell. Erst als das Imperium Karls wieder in einzelne rivalisierende Reiche zerfallen war, setzten sich auch in Buch- und Urkundenschrift regionale Eigenarten durch; »gotisch« gebrochene Formen, Vorläufer der späteren Fraktur, lösten vom Hochmittelalter an das alte Spiel von Strichen und Rundungen ab. Eine Erfindung der karolingischen Gelehrten jedoch hat sich durch alle Phasen und Schicksale der lateinischen Schrift erhalten. Sie führten ein Zeichen ein, das sogleich unentbehrlich wurde und bis heute als Ursymbol kritischer Neugier gelten kann: das Fragezeichen.

Visionärer Kanalbau

Hinter einer idyllisch anmutenden Gewässerabzweigung verbirgt sich eines der kühnsten Projekte Karls: Der Frankenkönig befahl, die Flusssysteme von Rhein und Donau miteinander zu verbinden. Dafür musste zwischen der Altmühl, die in die Donau mündet, und der Rezat, die über Rednitz, Regnitz und Main den Rhein erreicht, die Große Europäische Wasserscheide durchbrochen werden. Ob das ehrgeizige Vorhaben an technischen Problemen oder an Zeitumständen scheiterte, ist nicht mehr zu ermitteln; jedenfalls wurde die »Fossa Carolina« wohl nie dauerhaft genutzt. Erst Ludwig I. von Bayern ließ 1846 den Ludwig-Donau-Main-Kanal fertigstellen, der 1992 vom erheblich leistungsfähigeren Main-Donau-Kanal abgelöst wurde.

Der Gelehrte des Herrn
    Rabanus Maurus, der wichtigste Theologe des 9. Jahrhunderts, sammelte das Weltwissen seiner Zeit.
    Von Joachim Mohr
    »Wir sagen Lob und Dank dem allmächtigen Gott, der uns nicht mit weniger Glanz erleuchtet hat als unsere Vorgänger. Denn wenn er ihnen einen Hieronymus, Augustinus, Gregor und andere schenkte, so hat er, der Verdienst und Weisheit schenkt, uns den Rabanus beschieden.«
    Kaiser Lothar I. (795 bis 855)
    Aus heutiger Sicht war es eine äußerst kaltherzige Tat: Im zarten Alter von ungefähr zehn Jahren schickten die Eltern ihren Sprössling namens Rabanus für immer von zu Hause fort. Vater Waluram und Mutter Waltrat, beide aus rheinfränkischem Adel, übergaben ihren Jungen als »puer oblatus« (geschenkten Knaben) dem Benediktiner-Kloster Fulda. Das war um 790 . Der Brauch, Kinder Gott, das heißt stellvertretend einem Kloster, darzubringen, war zu Zeiten Karls des Großen weit verbreitet, wenn auch nicht unumstritten. Eine behütete Kindheit in der Familie, wo sich der Nachwuchs seinen Neigungen nach entfalten konnte, kannte das Mittelalter nicht.
    Der Lebensweg des kleinen Rabanus war damit vorbestimmt: Er sollte Mönch werden und sich selbstlos in den Dienst der Kirche stellen. Mit dem Jungen übertrugen

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