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Karl der Große: Gewalt und Glaube (German Edition)

Karl der Große: Gewalt und Glaube (German Edition)

Titel: Karl der Große: Gewalt und Glaube (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Fried
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Auch Rom war – aller pippinischen Schenkung zum Trotz – nicht ausgenommen. Karl selbst hielt dort als Kaiser Gericht – zum Ärger des Papstes. In Oberitalien, der Stadt Rom und in Benevent, in der Nachbarschaft zu Byzanz, fanden sich – von den Iren abgesehen – die letzten Residuen an Griechischkenntnissen in der lateinischen Welt. Karl hat sie nicht erneuert.
    In den einzelnen Regionen Italiens herrschten je eigene soziale Verhältnisse und ein je eigenes Recht. Langobardisches Recht galt im Herrschaftsgebiet der Langobarden, vulgarrömisches Recht in der Romagna; die Franken aber, die Baiern und Alemannen, die Karl nach Italien schickte, brachten ihr eigenes Recht mit, nach dem sie weiterhin bis ins Hochmittelalter lebten. In jedem Gericht mußte fortan erfragt werden, nach welchem Recht die Prozeßbeteiligten lebten. Das ursprünglich langobardische Herzogtum Spoleto bildete noch einmal politisch, rechtlich und kulturell eine Einheit für sich. Seit Karls Eroberung und Einbindung Italiens in seine Herrschaft rückte alles nebeneinander, um von dem noch immer langobardischen oder byzantinischen Süditalien ganz zu schweigen.
    Das Kapitularienrecht erreichte zwar auch Italien. Doch gewöhnlich erließen die Könige eigene Kapitularien für das dortige Königreich. Sie setzten noch vor der Eroberung Pavias mit einer Verfügung ein, die Karl anscheinend im Lager erlassen hatte und die jenen Freien die Freiheit zurückgeben sollte, die sich aus Not in Knechtschaft verkauft hatten, inkorrekte Verkäufe von Eigengutsollten revidiert werden, Verkauf und Schenkung sollten wie früher nach dem Recht erfolgen[ 108 ]. Anscheinend hatte das Auftreten des fränkischen Heeres für einige Unsicherheit in der einheimischen Bevölkerung gesorgt.
    Nur wichtigste Verfügungen des Nordens drangen in den Süden. Das bezeugt beispielsweise eine vergleichsweise frühe Sammlung, die bald nach 789 entstanden sein muß und in einer vermutlich in St. Gallen im frühen 9. Jahrhundert geschriebenen «kleinen Gebrauchshandschrift» (St. Gallen, Stiftsbibl. 733) überliefert ist[ 109 ]. Sie vereinte das erweiterte Kapitular von Herstal (779)[ 110 ] und die berühmte «Admonitio generalis» von 789[ 111 ] mit älteren italienischen Kapitularien Karls des Großen und seines Sohnes Pippin. Vielleicht war die Handschrift für den letzteren bestimmt, zu dessen Erbteil Alemannien mit St. Gallen gehören sollte, oder für dessen Sohn Bernhard, den jungen König Italiens.
    Unter den Texten dieser Sammlung befindet sich auch ein Schreiben Karls an die weltlichen italienischen Großen[ 112 ]. Bereits die Adresse verdeutlicht mit der Fülle der genannten Amtsträger den Unterschied zum Frankenreich: «Den geliebten Grafen, Richtern, unseren Vasallen, den Vikaren, Zentenaren und allen unseren Boten und Beauftragten». Es sei ihm zu Ohren gekommen, so schalt der König die Angesprochenen, daß sie ihren Bischöfen und Priestern nicht in der Weise gehorchten, wie es das Kirchenrecht verlange, daß nämlich ihre Priester den Bischöfen nicht vorgestellt würden, daß sie fremde Kleriker an sich bänden und in ihre Kirchen einwiesen, daß sie den Zehnten und den Neunten sich aneigneten, die Zinszahlungen verweigerten und überhaupt die Erneuerung der Kirche verhinderten. Das mit dem Königssiegel versehene Schreiben, das wohl vor 789 den Königshof verließ, verdeutlicht nicht zuletzt die bestehenden Schwierigkeiten, die Reformziele in den Weiten des Karlsreiches durchzusetzen, und die Notwendigkeit, einen eigenen König – den Sohn Pippin – nach Italien zu entsenden. Die Kapitularien und Königsurkunden ergingen im Namen beider, des Vaters und des Sohnes.
    So machtstabilisierend die Herrschaftsordnung im Frankenreich auch war, ohne Italien hätte Karl den Gipfel des Ruhmsnicht ersteigen können. Drei einstige Kaisersitze lagen hier, Mailand, Ravenna und Rom, antikes Wissen und Gelehrsamkeit bündelten sich hier, das Haupt der Kirche hatte hier seinen Sitz. Vertrauteste Ratgeber entsandte er hierher, um seinem Sohn zur Seite zu stehen. Antikes, «römisches» Wissen floß von hier nach dem Norden. Italien brachte die Krone, die bald sein Haupt schmücken sollte.



1

Der König schützt die Kirche und stärkt den Glauben
    nsere Aufgabe ist es, Christi heilige Kirche vor der Zerstörung durch Ungläubige nach außen mit Waffen zu schützen, im Innern durch die Erkenntnis des katholischen Glaubens zu stärken». Wenn ein Satz aus Karls Briefwechsel

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