Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Karlas Umweg: Roman (German Edition)

Karlas Umweg: Roman (German Edition)

Titel: Karlas Umweg: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
Vom Netzwerk:
dem Hörer.
    »Danke, dass der Herr sich dazu herablässt, auch mal nach mir zu fragen, nicht immer nur nach der gnädigen Frau!« Nicht dass ich beleidigt gewesen wäre, aber ich hatte gerade keinen Sinn für seine hohle Konversation.
    »Ist irgendwas?«, fragte Ludger. Er telefonierte aus einer öffentlichen Telefonzelle, man hörte die Groschen fallen.
    »Nein, was soll denn sein?«
    »Ich dachte, du wärest vielleicht irgendwie gekränkt …«
    »Ich, gekränkt?«, wieherte ich Hohngelächter in den Hörer.
    »Na ja, ich habe mich auf der Party nicht gerade viel um dich gekümmert.«
    »MOMENT mal!«, bölkte ich erzürnt. »WER hat sich hier um WEN nicht gekümmert? Das wollen wir doch mal ganz klar stellen!! ICH habe mich um DICH nicht gekümmert, nicht umgekehrt! Bilde dir bloß nicht ein, DU hättest dich um MICH nicht gekümmert! Das ist ein frommer Wunsch von dir, aber ICH habe mich um DICH nicht gekümmert, das ist die ganze Wahrheit!!«
    Er schwieg betroffen.
    »Hat sich denn wenigstens Marie um dich gekümmert, ja?«, fragte ich hämisch.
    »Soweit es ihre Zeit zuließ«, sagte Ludger kleinlaut. »Sie ist ja eine sehr begehrte Dame!«
    »Genau das ist sie«, sagte ich lässig. »Und deshalb weiß ich auch nicht, ob ich ihr deine Grüße so einfach ausrichten soll. Sie hat wirklich viel zu tun. Wenn da jeder kommen wollte! Diese Grüßerei ist wirklich zeitraubend, weißt du!«
    Er sagte lange nichts. Ich hörte die Groschen nur so fallen. Leider fällt bei ihm der Groschen nicht. Ist der dumm, der Kuckucksesel!
    »Na, dann will ich dich nicht länger aufhalten«, kam es schließlich aus der Leitung.
    »Dann tu es auch nicht«, sagte ich eisig und legte auf. Hinterher habe ich ein bisschen rumgeheult. Vielleicht war es falsch, den armen hilflosen Ludger so zu behandeln.
    Gestern im Park, als es dämmrig und kühl wurde und die properen Muttis mit ihren nicht mehr so properen Kindern nach Hause gingen, kam Olga, die große schwarze Dogge des Hauses, auf mich zugeschossen und stob verbotenerweise im Sandkasten herum, bis ich sie mit üblen Beschimpfungen dazu gebracht hatte, ihr Geschäft woanders zu verrichten. War sie ausgerissen?
    Doch da sah ich ihn, den Herrn und Gebieter über Olga und alle anderen weiblichen Wesen meines Umkreises: Willem, die Leine schwingend und nach mir Ausschau haltend. Nach MIR! Oh, wie genoss ich es, unter den bewundernden Blicken der anderen Muttis von einem solchen Mannsbild am Sandkasten abgeholt zu werden!
    Ich verharrte in Hockstellung bei Maximilian im Sand, um den Grund seines Kommens zu erfahren. Willem hatte Sehnsucht nach seinem Sohn gehabt, sagte er, und noch immer mussten alle anderen Muttis glauben, Willems Sohn sei auch mein Sohn! Willem spielte also mit Maximilian im Sandkasten und machte sich dabei seine weiße Vanille-Eis-Hose ganz schmutzig. Ich selbst widmete mich Olga, dem liebebedürftigen Tier, und schleuderte ein paar Knüppel wiesenwärts, auf dass die Dogge ihren Jagdinstinkt auslebe. Irgendwie macht es mir bald nichts mehr aus, meine eigenen Bedürfnisse zu vergessen. Hauptsache, meinem Mann, meinem Kind und meiner Dogge geht es gut. Mama würde sagen, ich bin auf dem richtigen Weg.
    »Für einen Mann, den ich liebe, würde ich all meine beruflichen Interessen aufgeben«, sagte ich beiläufig, als wir den Buggy und die keuchende Dogge heimwärts schoben. Willem fragte überrascht, wie ich auf so einen Gedanken käme.
    »Och, nur so.« Unter seinem Blick sank ich augenblicklich errötend in die Knie. »Marie hat ganz Recht, wenn sie sagt, dass es einen Mann in meinem Herzen gibt.«
    Willem erwiderte nichts, weil er sich darauf konzentrieren musste, von Olga nicht in die Gosse gezerrt zu werden.
    Ich beschloss, etwas konkreter zu werden. »Weißt du, Willem«, bekannte ich, »bis vor einiger Zeit habe ich zum Beispiel noch von einer Karriere als Pianistin geträumt. Ich merke aber, dass meine Aufgaben in ganz anderen Bereichen liegen.«
    Willem blieb stehen. Die Dogge hörte irritiert auf zu zerren.
    »Willst du etwa nicht mehr studieren?«
    »Und wenn es so wäre? Würdest du dich darüber freuen?«
    »Aber was habe ich denn mit deinem Studium zu tun! Dieses Gespräch solltest du mit Echtwein führen!«
    »Ich möchte nur noch zum Wohle meiner Familie leben.«
    »Welcher Familie?«
    »Meiner zukünftigen Familie«, sagte ich sanft.
    »Bist du schwanger?« Überrascht blieb er stehen.
    »Aber nein! Von wem sollte ich denn schwanger sein!«
    »Keine

Weitere Kostenlose Bücher