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Karlas Umweg: Roman (German Edition)

Karlas Umweg: Roman (German Edition)

Titel: Karlas Umweg: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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Ihnen gekommen«, sagte ich höflich und seine Jägeraugen begannen zu leuchten.
    »Sie bittet Sie, nicht im Saal zu sein, während sie singt«, meldete ich vieldeutig.
    Robert war argwöhnisch. »Wo soll ich denn sein, wenn sie singt?«, fragte er.
    Ich war etwas ratlos. »In Ihrem Porsche«, schlug ich vor und dachte, dass er damit inzwischen ja nach Fulda fahren könnte, zu seiner Ente. Aber Robert hatte mich gründlich missverstanden. Und nachdem Marie nun während des ganzen Konzertes auf die Rosen und den Jägerhut hatte schauen müssen, was sie als ungeheure Zumutung empfand, erblickte sie Robert als Erstes auf dem Parkplatz in seinem schnittigen Kleinwagen sitzend, als sie das Gebäude verließ.
    »Edwin, mir wird schlecht«, hauchte sie und rannte ins Innere des Veranstaltungsgebäudes zurück. Dort verschanzte sie sich in der Künstlergarderobe und schloss von innen ab.
    »Was hat sie denn nun schon wieder?«, fragte Edwin mich erstaunt.
    »Der Entenzüchter sitzt auf dem Parkplatz«, erklärte ich. Edwin verstand natürlich nicht und folgte Marie. Ich stand auf der Treppe. Der Jäger lugte in den Rückspiegel. Entschlossen stand er auf, schälte sich aus dem Flitzer und kam auf mich zu. »Wo ist Marie?«
    Ich stand auf der Treppe und wollte vor Peinlichkeit vergehen. Wieso musste ich diesem Kerl jetzt erklären, dass Maries Leidenschaft für ihn verloschen war? »Marie ist noch einmal mit ihrem Begleiter proben gegangen«, sagte ich. Der phantasielose Kerl konnte sich darunter nichts vorstellen.
    »Hat sie meine Blumen gesehen?«
    Vermutlich lagen die Dinger mitsamt dem Jägerhut immer noch in der ersten Reihe. Deshalb erbot ich mich freundlich: »Soll ich sie Ihnen holen?«
    Robert wurde blass. »Wen, Marie oder die Rosen?«
    »Die Rosen.«
    Robert begann zu schwanken und ich hielt ihn automatisch am Jägerärmel fest. »Ist Ihnen nicht gut?«
    »Nein, mir ist ganz und gar nicht gut. Ich bin 400 Kilometer gefahren, habe eine Orchesterprobe ausfallen lassen, nur um Frau von Otten zu sehen …« Ganz zu schweigen von der Ente, dachte ich. Wie er das arme Tier vernachlässigt, das ist schon ein Fall für den Tierschutzverein.
    »Frau von Otten möchte Sie aber nicht sehen«, antwortete ich fest und fühlte mich plötzlich ungeheuer stark. Wie leicht man Männer zum Weinen bringen kann!
    »Sie will mich nicht sehen?«, fragte Robert bleich.
    »Ich glaube nicht, nein«, sagte ich und empfand eine grausame Lust daran, ihn zu quälen. So fühlt sich also Marie immer, wenn sie die Männer in Verwirrung stürzt! Großartig!
    »Überhaupt nicht mehr?«, fragte Robert matt.
    »Da bin ich mir ziemlich sicher«, sagte ich schadenfroh. Und konnte mir nicht verkneifen, hinzuzufügen: »Sie ist anderweitig liiert.« Das war auf jeden Fall nicht gelogen.
    »Dann habe ich hier keine Zeit mehr zu verlieren«, sagte Robert in plötzlicher Hast. Sein männlicher Stolz kehrte zurück. Ich erbot mich nochmals, ihm seine Rosen zu holen. Von dem albernen Hut wollte ich nicht sprechen. Doch Robert lehnte dankend ab.
    »Wissen Sie was!«, sagte er im Weggehen über seine schmale hängende Schulter hinweg. »Nehmen Sie sich die Rosen.«
    Wer hätte das gedacht. Robert hat ungeahnte Qualitäten. Ich habe die Rosen allerdings nicht mitgenommen, sondern im städtischen Abfalleimer im Hof der Mehrzweckhalle entsorgt. Alles andere wäre Verrat an Marie gewesen.
    Zu Hause in Bad Orks.
    Es ist sehr merkwürdig, wieder zu Hause zu sein. Ist ja auch nur für einen Tag. Mama und Papa waren am Bahnhof, und Marie war ganz überrascht, dass ich abgeholt wurde. »Ich wusste gar nicht, dass du Eltern hast«, sagte sie erstaunt und alle lachten über ihre nette Bemerkung. Ist sie nicht wahnsinnig originell?
    Mama fragte mich, wie ich denn Marie kennengelernt hätte. Ich erklärte Mama, dass Marie die Frau vom Vanille-Eis-Fabrikanten von Otten ist und dass sie ziemlich viele Kinderfrauen, Haushälterinnen und Gärtner beschäftigt. Dass ich selbst ihre Zofe bin, fand ich unnötig, zu erwähnen. Papa hätte nur wieder die Augenbrauen hochgezogen über so einen Unsinn, und Mama hätte gesagt, dass es mir ganz gut täte, auch mal kochen und backen zu lernen. Mama war begeistert, und auch mein bescheidener Einwand, dass Marie dennoch über keine Ente auf einem Teich verfüge, konnte ihre Freude nicht schmälern. »Da kommt doch unsere Karla wenigstens in die richtigen Kreise«, freute sich Mama. »Vielleicht lernt sie in diesem Hause auch mal einen Mann

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