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Karlas Umweg: Roman (German Edition)

Karlas Umweg: Roman (German Edition)

Titel: Karlas Umweg: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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für Maximilian hatte. Dafür war ich mit ihm bei den Saubären, damit Frau Krotoschyin in Ruhe die Vorbereitungen für die Karnevalsfete treffen kann. Das ist Maries zweite Belastung im Moment: wen kann sie alles einladen, ohne mit einem Affektmord rechnen zu müssen? Sie bat mich im Wohnzimmer um ein Gespräch zu diesem Thema. Ich, mordlüstern und sensationsgeil, war natürlich dafür, dass Marie sie alle einlädt, allesamt, wenn möglich sogar Robert, den Entenhalter. Marie lachte ihr helles Sängerinnen-Lachen und rauchte nervös. Frau Krotoschyin hangelte derweil mit ihren kurzen dicken Beinchen auf einer Hausleiter herum und verteilte Luftschlangen und Papierlaternen an der Decke. Sie war viel zu konzentriert darauf, als dass sie uns hätte zuhören können, zumal sie noch gar nicht so gut Deutsch versteht.
    Habe Marie gebeten, auch Matthäus einzuladen, damit ein bisschen feiste Stimmung aufkommt. Marie war einverstanden. Sie ist überhaupt sehr großzügig.
    »Was ist mit Echtwein?«, fragte sie mich. »Kann ich das riskieren?«
    Sie sah übrigens wieder super aus gestern. Die Haare steckt sie seit den Therapiestunden bei James Holzapfel immer in sehr raffinierter Weise hoch. So habe ich sie kennengelernt, damals, bei ihrem Konzertexamen in der Aula der Hochschule der Künste. Die schwarzen Löckchen, die so wirr herumhängen, machen sie verspielt und unschuldig. An den Ohren hat sie immer ein paar todschicke Gehänge, die ihr Temperament unterstreichen, indem sie heftig baumeln, wenn sie spricht. Sie ist immer perfekt geschminkt, auch wenn sie nur im Wohnzimmer singen übt oder Maximilian füttert, und selbst im Morgenrock sieht sie aus wie Liz Taylor zu ihren besten Zeiten. Also Echtwein wird eingeladen, und zwar von mir. Ich werde ihm ganz cool einen Einkaufszettel geben oder so was.
    Unter »Tee, Tampons, Zahnpasta, Kaugummi, Bildzeitung« werde ich mit Bleistift kritzeln: »Erwarte Sie zur Karnevalsparty bei Marie, Rosenmontag, ab 19 Uhr.« Wetten, dass sein Kastenwagen um fünf vor sieben über den Kiesweg rollt?
    Über Sterz haben wir lange diskutiert. So ein großer blatternarbiger Kerl mit Überlänge würde sich gut machen auf einer Verkleidungsparty, fand ich, aber Marie meinte, mit dem hätte sie nichts mehr zu tun und außerdem wäre er zurzeit ganz bestimmt nicht in der Stadt, bei den vielen Verpflichtungen, die er hat. Außerdem müsste sie dann anstandshalber auch seine Frau Sieglinde Sterz einladen und dann wäre das Wohnzimmer schon voll. Wir lachten herzlich, und Frau Krotoschyin lachte auch auf ihrer Leiter, obwohl sie bestimmt nichts verstanden hatte! Sie lachte wahrscheinlich aus purer Höflichkeit. Dann brachte ich das Thema auf Robert mit der Ente, und Marie fand es eine ausgezeichnete Idee, den Kontakt zu diesem wichtigen Mann der städtischen Kulturszene des Großraums Fulda doch wieder aufzunehmen. Auch das sollte ich bitte tun und ihn als Maries Sekretärin offiziell anschreiben. Mit Maries Briefkopf, und drunter schreiben: nach Diktat verreist. Wir fanden die Idee toll und lachten wieder laut los. Frau Krotoschyin auf ihrer Leiter sagte: »Fröllische jung Mädschen, dobsche, dobsche!«
    Wir kamen dann zum Thema Heyko Zurlinde. Keine Frage, sagte Marie, dass man den einladen müsse, da sie zurzeit nicht unwesentlich von ihm gefördert würde und die Beziehung zu ihm im Moment sehr intensiv sei. Sie war sogar bereit, Zurlinde persönlich einzuladen, damit hätte ich nichts zu tun. Sie schwärmte dann ein bisschen von ihm, wie handwerklich begabt er sei und wie erfindungsreich, dass er mit seinen Söhnen auf einer selbst gezimmerten Tischtennisplatte Turniere veranstalte und in einem selbst angebauten Garten in selbst gefertigten Biotopen sein geschicktes Unwesen treibe. Ich fragte sie, ob sie es für ratsam hielte, die Söhne auch einzuladen, aber Marie meinte, dass die Söhne noch zu jung seien.
    Von seiner Frau war irgendwie nicht die Rede, schade, ich hätte sonst angeregt, dass man sie einlädt. Aber vielleicht hätte Marie die Idee sowieso nicht gut gefunden. James, der Besserwisser, muss natürlich eingeladen werden. Keine Frage. Schon aus Therapiegründen ist das unerlässlich. Er soll sich doch mal ein Bild machen können von seiner Patientin und ihrem häuslichen Ambiente. Aus Paritätsgründen wollte Marie auch noch den Agentenrainer aus Düsseldorf einladen, aber er könne sowieso nicht kommen, da er schon wieder für eine Tournee Vorbereitungen treffen müsse. So

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