Karlebachs Vermaechtnis
feindselig.
»Weißt du, was ich nie vergessen werde?« Ich zuckte mit den Achseln.
»Dein blödes Gesicht, als du erfahren hast, dass du sitzen bleiben musstest.« Er lachte dröhnend los. »Das hättest du sehen müssen«, wandte er sich an Simona. »So ein dämliches Gesicht ist mir nie wieder begegnet.« Er prostete mir zu. »Bis heute!«
»Bist du jetzt fertig?«
Amacker lachte noch immer. Ich hätte ihm am liebsten die Fresse poliert, hielt mich aber noch zurück. »Es gibt einfach Leute, die schaffen es nie«, höhnte er weiter.
»Und andere werden irgendwann auf ihrer eigenen Schleimspur ausrutschen«, entgegnete ich.
»Wollt ihr euch nicht endlich wie zivilisierte Menschen benehmen?«, unterbrach Simona unser Gespräch. »Möchtest du etwas trinken?«
»Danke«, lehnte ich ab. »Ich möchte mit dir reden.« Amacker räkelte sich auf dem Sofa und fingerte an seinem Kragen. »Manche merken es leider nie, wenn sie stören.«
»Nein.«
»Also, was willst du von mir?« fragte Simona.
»Lass uns in Ruhe reden. Ohne diesen Schleimi.«
»Jetzt wird der Kerl aber wirklich dreist!« Amacker richtete sich auf und fächerte sich mit einem Prospekt für exklusive Fernreisen Luft zu.
»Gehen wir in mein Schlafzimmer.«
»He! Du kannst doch nicht mit diesem Kerl in deinem Schlafzimmer verschwinden und mich hier sitzen lassen!«
»Mit wem ich in mein Schlafzimmer gehe, entscheide immer noch ich«, fuhr Simona Amacker an. Ich streckte ihm die Zunge entgegen.
»Womit erpresst du Pietsch?« fragte ich, ohne Zeit für unnötige Freundlichkeiten zu verschwenden. »Jetzt spinnst du aber wirklich!«
»Pietsch hat es mir selber erzählt.«
»Und diesen Blödsinn glaubst du?«
»Warum soll ich es nicht glauben?«
»Weil Pietsch ein kranker Mann ist und eine Menge Schwachsinn erzählt.«
»Der künftige Wirtschaftsminister, der dir einen Job im Heimatmuseum verschafft hat und dich ins Ministerium mitnehmen will, erzählt eine Menge Schwachsinn? Du steigst also mit einem Bekloppten ins Bett?« In Simonas schönem Gesicht war nicht zu erkennen, was sie bei meinen Worten empfand. Sie holte sich im Wohnzimmer eine Zigarette. Was sie dort mit Amacker besprach, konnte ich nicht verstehen.
»Gut«, sagte sie, als sie zurückkehrte, »ich habe mit Pietsch über das Judenhaus geredet. Und ich habe ihm versprochen, nichts über seine Verwicklungen zu erzählen. Reicht dir das?«
»Unter der Bedingung, dass er dich mitnimmt ins Wirtschaftsministerium.« Simona nickte. »Bist du jetzt zufrieden?«
»Nein.«
»Was willst du denn noch hören?« Simona war ernsthaft verärgert. »Du platzt hier einfach so rein, streitest dich mit meinem Besuch und jetzt verhörst du mich auch noch!«
»Entschuldige, bitte.« Ich nahm ihre Hand. »Ich möchte nur wissen, was du mir verschweigst.« Simona lächelte unergründlich.
»Was sagen dir die Namen Frank Müller und Torsten Hermann?«
»Du nervst. Wer soll das denn sein?«
»Freunde von Pietsch. Sie fahren einen dunkelblauen BMW.«
Simona zuckte zusammen. In diesem Augenblick wusste ich, wo ich den Wagen schon einmal gesehen hatte. »Du steckst ganz schön tief mit drin«, sagte ich zu ihr. »Schade eigentlich.«
Ich begab mich zurück ins Wohnzimmer. Amacker hing gelangweilt in dem Sofa.
»Tja, ich muss jetzt leider gehen«, sagte ich. »War nett, dich mal wieder zu sehen.«
Amacker grinste breit. Ich umarmte Simona, während ich zur Tür schritt, und gab ihr einen heftigen Zungenkuss. Sie war so überrascht, dass sie keinen Widerstand leistete und aufstöhnte. Amackers Grinsen ging ins Säuerliche über. »Ach übrigens …« Ich drehte mich noch einmal um. »Bestell deinen Freunden Frank Müller und Torsten Hermann einen Gruß. Und eliminiert Röther aus Eurem Verein, sonst klappt’s nie.« Amacker war das Grinsen vergangen. »Ach Simona, noch etwas …« Ich blieb im Türrahmen stehen.
»Ja?«
»Was ich schon immer gerne wissen wollte: Wie ist Pietsch eigentlich im Bett?«
Ich erhielt keine Antwort. Durch die geschlossene Wohnungstür hörte ich, dass Simona und Amacker sich anbrüllten. Ich freute mich, dass ich ihnen den Abend verdorben hatte.
17
Als ich an meinem zweiten Freitag in Jerusalem den Garten des Kaffeehauses betrat, saß Schlomo Karlebach schon an seinem Platz. Ich winkte ihm freundlich zu, doch mein Gruß fand keine Erwiderung. Also ließ ich mich zunächst an einem der gegenüberstehenden Tische nieder, in der Hoffnung, Blickkontakt mit ihm
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