Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Karlebachs Vermaechtnis

Karlebachs Vermaechtnis

Titel: Karlebachs Vermaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe von Seltmann
Vom Netzwerk:
wollte unbedingt wissen, welchem Verbrechen ich auf der Spur sei, aber ich gab mich betont einsilbig. Helmut, der - nicht sehr glaubwürdig - einen Betrunkenen mimte, rutschte zu mir herüber und faselte, wie froh er sei, im Dorf Urlaub machen zu können. Als sich der Wirt an den Tisch des Männerchors begab und uns durch den Qualm ungezählter Zigaretten kaum noch erkennen konnte, begann Helmut zu erzählen. »Es hat geklappt«, sagte er. »Röther und ich haben Brüderschaft getrunken. Er war schon besoffen, als ich kam. Dieser hirnlose Nazi hat’s mir wirklich leicht gemacht.« Ich spähte zum Männerchortisch, doch niemand schien uns zu beachten.
    »Ich habe ihm gesagt, dass ich Jäger bin«, grinste Helmut. »Mich nach einer hiesigen Pacht erkundigt. Und ein paar rechte Sprüche losgelassen. Irgendwann hat er mir berichtet, dass ihm heute sein Gewehr gestohlen wurde, als er einen streunenden Hund erschießen wollte. Aber er habe wichtige Freunde und bald werde es großen Ärger geben.« Das Telefon auf der Anrichte hinter der Zapfanlage läutete und unterbrach unser Gespräch. Der Wirt, der nicht mehr ganz nüchtern war, hob den Hörer ab, blickte in die Runde und nickte einige Male. Dann schlurfte er wieder zum Tisch des Männerchors.
    »Haben seine wichtigen Freunde auch Namen?«, fragte ich.
    »Sehr bekannte Namen.«
    »Wann ist Röther denn gegangen?«
    »Vielleicht vor einer Stunde.«
    Im Raum wurde es plötzlich ungemütlich still. Die Musikbox verstummte, die Gespräche im Männerchor versiegten. Ein paar Stühle wurden verrutscht. Axel hob den Kopf, spitzte die Ohren und knurrte leise. Ich wollte gerade vorschlagen, die Sonne lieber zu verlassen, als die Tür aufgerissen wurde und drei schwarze Lederjacken hereinpolterten. Sie bauten sich hinter uns auf.
    »He du«, sagte einer mit streng gezogenem Scheitel. Er deutete auf Helmut. »Du machst Urlaub hier?« Helmut bejahte und hob sein Glas. »Wo Wohnste denn?«
    Helmut trank einen Schluck und blickte mich Hilfe suchend an.
    »Bei uns!«, sagte ich. »Meine Eltern vermieten jetzt Zimmer an Feriengäste.«
    »Rück Röthers Gewehr raus!« Der Gescheitelte stemmte breitbeinig die Hände in seine Hüften.
    Helmut runzelte die Stirn. »Was für ein Gewehr?«
    Ich spürte, dass sich der Ärger noch vergrößern würde, und winkte dem Wirt zum Zahlen, doch der Angsthase rührte sich nicht von der Stelle.
    »Du hältst uns wohl für blöd?«, fragte der Zweite, ein Glatzkopf. Der Dritte, ein Narbengesicht und wie die beiden anderen ungefähr Anfang dreißig, knackte mit den Fingern. »Wir stellen hier die Fragen!«
    »Wenn ihr euch prügeln wollt, geht vor die Tür!« Der Wirt hatte sich inzwischen doch von seinem Platz erhoben und hinter die Theke begeben. Eilig räumte er ein paar Gläser beiseite. Der Männerchor wartete gespannt auf eine fernsehgerechte Inszenierung. »Hau lieber ab«, raunte mir der Wirt zu. Der Gescheitelte bestellte drei Schnäpse, stieß mit seinen Genossen an, trank, packte Helmuts Arm und drehte ihn auf den Rücken. »Wenn du das Gewehr rausrückst, vergessen wir alles. Wenn nicht …« Mit jedem Wort bog er den Arm etwas weiter. Helmut stöhnte mit schmerzverzerrtem Gesicht auf. Die beiden anderen rückten gefährlich nahe an mich heran.
    »Ich weiß von nichts«, stammelte ich und versuchte von meinem Hocker zu rutschen. »Du hast doch nicht etwa Angst?«
    In diesem Augenblick krachte es an der Tür. Mit einem triumphierenden Grinsen im Gesicht und seinem Gewehr in der Hand torkelte Flurschütz Röther herein. »Sieg Heil!«, grölte er, die rechte Hand zur Faust geballt. »Sieg Heil!«, grölten die drei anderen. Röther legte sein Gewehr auf den Tresen, die Mündung in meine Richtung gedreht. Der Wirt beeilte sich, seiner Bestellung nach einem doppelten Schnaps nachzukommen. Röther stürzte ihn in einem Zug hinunter und verlangte noch einen. Dann stieß er mir den Gewehrkolben in den Magen. Es tat nicht sonderlich weh, weil er schon zu besoffen war, um gezielt zu treffen, aber ich ließ mich vorsichtshalber laut aufjaulend zu Boden fallen. Ich brüllte vor Schmerz, während ich versuchte, Axel daran zu hindern, mein Gesicht abzulecken.
    Jetzt wurde der Wirt endlich aktiv. »Hört auf! Sonst rufe ich die Polizei!«, schrie er.
    Dann ging alles ganz schnell. Röther griff sein Gewehr, um erneut zuzuschlagen, da sprang Axel mit einer Geschwindigkeit auf, die ich ihm nicht mehr zugetraut hätte, und verbiss sich in Röthers rechter

Weitere Kostenlose Bücher