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Karlebachs Vermaechtnis

Karlebachs Vermaechtnis

Titel: Karlebachs Vermaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe von Seltmann
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ganz fest dran glauben«, flüsterte Doktor Naseer. »Denken Sie an Abraham und Sarah!« Wenig später, nachdem noch ein lange erwarteter Gast aus Jerusalem erschienen war, wurde das Büfett eröffnet. Mustapha, in dessen Restaurant in der Jerusalemer Altstadt ich schon einige Male gegessen hatte, pries die köstlich duftenden Speisen an.
    »Das musst du probieren, und das und das … Viel besser als in Mustapha’s Restaurant!« Der Koch schaufelte mir meinen Teller voll mit Humus und Avocadocreme, gebackenen Auberginen und einer frittierten Kartoffel, einer gefüllten Paprika und Tomatensalat.
    »Halt«, bremste ich seinen Eifer, »ich bin kein Vegetarier. Ich brauche noch einen Fleischspieß.«
    »Kein Problem. Dann bekommst du noch einen Teller!« Es war mir etwas peinlich, als ich mit zwei üppig gefüllten Tellern einen Platz zum Essen suchte, doch ich erregte keinen Anstoß. Ich bekam zahlreiche aufmunternde Blicke und man wünschte mir einen gesegneten Appetit. Nach dem Mahl, das ich auf einer Gartenbank zwischen zwei großen Bougainvillea genossen hatte, zog mich Doktor Naseer beiseite, um mir einen Freund vorzustellen. »Das ist Doktor Eli Levy. Er arbeitet als Arzt in Jerusalem. Wir haben uns in Oxford kennen gelernt.«
    »Und wurden von derselben Frau versetzt«, schmunzelte Doktor Levy. »Seitdem sind wir Freunde.«
    »Und pfeifen drauf, ob jemand Araber oder Jude ist.« Die beiden umarmten sich und küssten sich auf die Wangen.
    »So wie wir denken leider nur wenige«, meinte Eli Levy, als sich Doktor Naseer entschuldigt hatte, weil er sich noch um die anderen Gäste kümmern wollte. »Es gibt zu viele Verrückte hier.« Er zog sich sein Jackett über und schloss den obersten Knopf seines Hemdes. »Es wird kalt heute Nacht», murmelte er und schaute in den klaren Sternenhimmel. Yassir, der sich zu uns gesellt hatte, kündigte an, dass er leider schon aufbrechen müsse. Wenn ich mitfahren wolle, solle ich ihn begleiten.
    »Wo wohnen Sie in Jerusalem?«, fragte Doktor Levy. »Im arabischen Teil der Altstadt.«
    »Bei Ahmed?«
    »Bei Ahmed.«
    »Das ist nicht weit von mir. Dann nehme ich Sie mit.«
    Yassir ermahnte mich noch, nicht zu vergessen, einen Tag mit ihm durch die Westbanks zu fahren, dann verabschiedete er sich.
    »Machen Sie das«, sagte Doktor Levy. »Und schreiben Sie darüber. Vielleicht finden Sie ja eine Zeitung, die Ihren Bericht druckt.« Er nahm sich von einem silbernen Tablett, das Mustapha im Stil eines englischen Butlers an die Gäste herantrug, eine Tasse Mokka. »Was wir brauchen ist ein umfassender Frieden. Wir geben den Palästinensern Land und sie akzeptieren die Souveränität des Staates Israel. Sonst gibt es für beide Seiten kein Überleben.«
    »Das stimmt«, hörte ich Mustaphas Stimme aus dem Hintergrund, »wo der Jude Recht hat, hat er Recht.«
    »Sind Sie da nicht zu optimistisch?«
    »Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Ich habe den Glauben an das Gute im Menschen noch nicht verloren. Wenn wir die gesellschaftlichen Verhältnisse ändern und auch Männern wie Yassir eine Chance geben, werden sich auch die Herzen der Menschen verändern. Yassir ist Ingenieur, ein hoch begabter Mann. Und was macht er? Er fährt Taxi. Von Jerusalem nach Jericho oder von Jerusalem nach Bethlehem, und er freut sich, wenn er ein paar Touristen findet, die er einen ganzen Tag lang herumkutschieren darf. Dann weiß er nämlich, dass er seine Familie wieder eine Zeit lang ernähren kann. Und warum? Weil er in Israel nicht arbeiten darf und in Palästina keine Arbeit findet. Das ist doch pervers, oder nicht?«
    Doktor Levy hatte sich in Eifer geredet. Unablässig strich er sich durch seine kurzen schwarzen Haare oder knackte mit den Fingern.
    »Hör auf zu agitieren!« brachte ihn Doktor Naseer zum Schweigen. »Kommt lieber ins Wohnzimmer, denn dort wartet eine Überraschung!«
     
    18
     
    »Ahmed«, stöhnte ich, als ich gegen Mitternacht in mein Hotel stürzte, »ich brauche einen Arrak!« Ahmed erhob sich leise fluchend von seinem Sofa und schlurfte zu einem Schrank. Ich ließ mich auf einen wackeligen Stuhl fallen und stützte beide Arme auf den Tisch. Das geliehene Hemd warf ich auf einen Stapel mit schmutziger Bettwäsche.
    »Du hast meine Cousine tanzen sehen«, sagte er mit zwei bis an den Rand gefüllten Gläsern in der Hand. »Woher weißt du das?«, fragte ich.
    »Jeder, der Fatma einmal hat tanzen sehen, braucht danach Medizin. Oder er wird verrückt.«
    »Sie ist die schönste

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