Karlo und der grüne Drache - Kriminalroman
erkannte Karlo den Grund.
„So“, hörten die beiden Harrys gönnerhafte Stimme, „wenn der verlorene Sohn schon wieder zurückgekehrt ist, soll er wenigstens
auch
was zu essen kriegen. Bitte schön!“
Karlo schaute zurück hinter die Theke. Dort stand Harry mit freudigem Grinsen und platzierte gerade zwei riesige, randvolle Teller des irischen Nationalgerichtes vor den beiden Männern.
Das Kichern von Tobias Kaletzke verstummte schlagartig.
Eine halbe Stunde später saßen vier Menschen mit aschfahlen Gesichtern an der Theke. Karlo war mittlerweile beim dritten Fläschchen Underberg angelangt und musste an Süßholz-Sauer, den Magenbitter-Junkie denken. Vielleicht hatte der Ärmste in seiner Jugend immer Irish Stew essen müssen … er schüttelte sich und ging eiligen Schrittes zur Toilette.
Als er, leicht vornüber gebeugt und mit der rechten Hand am Magen, zurückkehrte, war er noch fahler.
„Na? Kleine Hammelallergie?“, grinste Tobias, dem der abschließende Schnaps scheinbar besser bekommen war als Karlo.
Karlo winkte ab und bestellte ein Pils. Harry Weber trug seine tiefe Verletztheit offen zur Schau und füllte bewusst nachlässig ein Pilsglas. Als es vor Karlo stand, befanden sich nur noch zwei Millimeter Schaum auf dem Getränk.
Alle Wetter, Harry war tödlich beleidigt!
Karlo zeigte keine Reaktion, stürzte das labberige Bier in einem Zug hinunter und schaute den dicken Wirt an.
„Fabelhaftes Pils. Genau so eins hätt ich gern noch mal. Trinkt sich einfach schneller. Sag mal“, und damit hatte er sich wieder an Tobias gewandt, „wann bringst du endlich mal deine Freundin mit? Jetzt treffen wir uns schon ein Dreivierteljahr immer wieder mal und ich habe Sabine noch nicht kennengelernt.“
Tobias kratzte sich verlegen am Kopf.
„Waren nicht einfach, die letzten Monate. Eigentlich wollte ich nicht darüber reden. Ich habe meine Arbeit in der Agentur verloren und Sabine ist auch schon länger auf der Suche. Es war ganz schön knapp mit dem Geld und da sind wir oft zu Hause geblieben. Bisher habe ich nichts gefunden. Aber Sabine hat jetzt einen tollen Job gekriegt. Wieder was in der Werbung. Das Dumme ist nur, die ganze Woche arbeitet sie nun in Düsseldorf. Manchmal ist sie auch zu Präsentationen unterwegs oder zu Besprechungen bei Kunden vor Ort. Wir sehen uns oft nur jedes zweite Wochenende. Aber es ist endlich wieder Kohle im Haus. Und wir können uns ja weiter umschauen. Wir hoffen, dass Sabine auch wieder was hier in der Nähe findet. Aber du weißt ja, wir haben beide noch unsere eigene Wohnung, das kostet und jetzt ist Sabine, wie gesagt, die Woche über nicht hier. Da ist es immer schön, wenn wir mal etwas Zeit für uns alleine haben. Aber irgendwann klappt das schon mal, ganz bestimmt.“
Kaletzkes Miene hellte sich auf. Er senkte den Kopf und schaute Karlo mit einem treuen Hundeblick an. Als er leise fortfuhr, klang es ein wenig schüchtern, fast schon verschämt.
„Da ist noch was, Karlo. Wenn ich wieder eine Arbeit habe, wollen wir endlich zusammenziehen. Vielleicht wird auch mehr draus. Sabine spricht sowieso immer von Familie und so … nächste Woche stelle ich mich bei einer Agentur in Offenbach vor. Bis das alles spruchreif ist, will ich die Kohle ein wenig zusammenhalten.“
Karlo konnte die Beweggründe von Tobias gut nachvollziehen. Ein wenig Zweisamkeit im täglichen Leben fehlte auch ihm. Immer öfter überkam ihn in letzter Zeit dieses Gefühl.
Er mochte Tobias. Vielleicht waren es gerade die verantwortungsgeprägten Gedanken des Mannes mit den krausen Haaren neben ihm, die ihm sagten, von diesen Überlegungen könne man einen Gutteil auch für sich selbst übernehmen.
„Klar, verstehe!“
Im Laufe des Abends war dann, trotz Magenverstimmung, noch das eine oder andere Bierchen dazugekommen, und Karlo musste erschrocken zusehen, wie Kaletzkes Laune im gleichen Maße sank, wie der Alkoholpegel stieg. Irgendwann saß er da, mit Tränen in den Augen.
Karlo sah ihn erschrocken an.
„Mann, Tobi, was ist denn los? Stimmt was nicht?“
„Ach, Karlo, wenn ich das wüsste …“
Der Mann mit den krausen Haaren ließ unglücklich den Kopf hängen und schien nichts mehr sagen zu wollen.
Dann aber schüttete Tobias sein Herz doch noch aus. Die Woche über sei er immer alleine, manchmal sogar zwei Wochen lang, keine Frau im Bett – er wollte ja auch keine andere, versicherte er – aber trotzdem. Und wenn Sabine dann genervt am Wochenende aus Düsseldorf kam,
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