Karlo und der grüne Drache - Kriminalroman
ließ sie sich immer öfter nicht von ihm anfassen … ob da nicht doch irgendein anderer …
Deshalb waren ihm wohl die Tränen gekommen, ganz plötzlich, was bestimmt auch dem Alkohol zuzuschreiben war.
Karlo hatte staunend zugehört. Unerhört. Es war doch überall das gleiche. Doch vielleicht konnte er ihm ja helfen. Zumindest was den einen Teil der Klage betraf … und da Karlo auch schon nicht mehr ganz nüchtern war, fing er an zu reden.
Kaletzke war nicht ganz klar, was Karlo da erzählte. Oder er wollte es in diesem Moment einfach nicht begreifen. Was, zum Teufel, hatte Karlo mit diesem Milieu zu tun? Und auch noch hier, ausgerechnet in Fechenheim? Hatte er etwas nicht mitgekriegt?
Klar war nur, Karlo erzählte irgendwas von Frauen. Von käuflichen Frauen, so viel bekam Tobias gerade noch mit, man könne diese im Internet bestaunen, das Gesicht wäre zwar unkenntlich gemacht, aber diese Figur … und überhaupt, mit denen hätte man diese Beziehungsprobleme nicht. Und man müsse keine Angst haben, denn er, Karlo, würde schon aufpassen, und so weiter …
Karlo hatte neben sich auf die Theke gelangt und den Kugelschreiber gegriffen, der von Harry irgendwann dort abgelegt und vergessen worden war. Er kritzelte etwas auf einen Bierdeckel. Noch während er schrieb, fielen ihm Joes Kärtchen ein und er griff in seine Jacke. Er schob den Bierdeckel achtlos zur Seite und drückte Tobias eines der Kärtchen in die Hand.
„Hier, Tobias, schau mal, du hast doch Internet, oder? Guck dir das mal an. Wenn dir eine gefällt, gehst du einfach hin. Danach kommst du ein Stockwerk höher und wir trinken ein ordentliches Bier zusammen. Na, was meinst du? Dann weißt du wenigstens wieder, wie sich eine Frau anfühlt.“
Tobias nahm das Kärtchen zögerlich entgegen und betrachtete es, als säße eine Spinne auf seiner Hand. Kopfschüttelnd steckte er es in die Innentasche seiner Jacke. Es schien ihm alles zu viel zu sein. Karlo begann sich zu fragen, ob er das eben nicht besser für sich behalten hätte.
„Karlo – sei mir nicht böse – ich bin fix und fertig. Ich will nur noch nach Hause. Tut mir leid, wenn ich gerade etwas wehleidig geworden bin.“
Karlo nickte verständnisvoll.
„Macht doch nichts, Tobias. Ist schon in Ordnung. Dafür hat man Freunde, meinst du nicht?“
Auf sein Winken eilte Harry Weber herbei.
„Zahlen, Harry. Was kriegst …“
Ein giftiger Blick ließ Karlo verstummen.
„Geht aufs Haus“, kam die grantige Antwort, „und erzählt mir nicht noch mal, dass ihr Hunger habt. Das könnt ihr vergessen.“
Harry war noch nicht fertig. Er war offenkundig nicht so leicht zu versöhnen und wurde nun lauter.
Nicht wenige der hinzugekommenen Gäste hoben erschrocken die Köpfe ob seiner beleidigten Ausbrüche.
„Wenn ihr kein gescheites Essen vertragt, spare ich mir die ganze Arbeit einfach“, gab er zum Abschluss schmallippig über die Theke zurück.
„Ah, komm schon, Harry, das hat nichts mit dir zu tun, mir war heute schon den ganzen Tag nicht gut. Ich hätte einfach daheim bleiben sollen.“
Karlo lieferte routiniert seine Notlüge ab, rutschte elegant vom Barhocker und lief zum Ausgang.
„Vielen Dank auch, Harry, und nix für ungut …“
Sonntag, 11. Oktober
6
An den Anruf erinnerte sich Karlo noch genau. Er hatte sich gefreut, als er Tobias’ Stimme hörte.
„He, Karlo, ich habe Hunger und mein Kühlschrank ist leer. Außerdem fällt mir die Decke auf den Kopf, so alleine hier. Und auf die Mühle hab ich gerade keine Lust. Wer weiß, was unser Fechenheimer Schuhbeck wieder zusammengebrutzelt hat.“
Es bedurfte keiner großen Überredungskünste, denn Karlo hatte seinen „Dienst“ als Schutzengel von Moni und ihren Kolleginnen noch nicht angetreten. Moni empfing zwar bereits den einen oder anderen Herrn, aber heute würde schon nichts passieren, sagte er sich. Und da er überdies jetzt in Fechenheim wohnte, war es für ihn auch nicht so weit zu Tonis Pizzeria, die von Tobias als Treffpunkt ausgewählt worden war.
Er freute sich auf die Pizza, deren Zusammenstellung seiner eigenen kulinarischen Fantasie entsprungen war. Frische Tomaten, Oregano, Lauch, Staudensellerie, Schafskäse und Peperoniwurst. Karlo schmeckte sein eigenes Rezept vorzüglich und Toni hatte diese Variante erfolgreich auf die Speisekarte gesetzt.
Als Karlo in den Gastraum trat, hatte sich Tobias schon am runden Tisch breit gemacht. Normalerweise saßen hier immer Kurt und Gerti, zwei gute
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