Karlo und der grüne Drache - Kriminalroman
Treppe.
Karlo und Joe huschten nach oben.
–
Die Schlüsselübergabe verlief gänzlich unspektakulär. Karlo war zwar ohne bestimmte Erwartungen hergekommen, doch hätte er sich das Ganze aufwändiger, irgendwie viel förmlicher vorgestellt.
Zwei Schlüssel waren ihm von Joe in die Hand gedrückt worden, danach gab es noch eine flüchtige Führung durch die Wohnung. Joe eröffnete ihm dabei, dass er während der „Betriebsstunden“ im Haus zu sein hätte, sozusagen erreichbar für die jeweils in der Wohnung befindlichen Damen. Klar.
„Einen Mietvertrag brauchen wir nicht“, war ihm lapidar beschieden worden. Und für einen Augenblick, ganz leise, ganz im Hintergrund, formierte sich ein mulmiges Gefühl.
Karlo war dieses Gefühl schnell wieder losgeworden. Er informierte Joe, dass in den nächsten drei Tagen für ihn noch einiges anstünde, ein paar Sachen aus seiner bisherigen Bleibe rüberschaffen zum Beispiel, mit Reinfeld reden und so weiter. Danach würde er mit der neuen „Arbeit“ beginnen. Joe war einverstanden.
Karlo erfuhr, dass das „Unternehmen“ im Internet beworben wurde und es zu diesem Zweck auch eine eigene Website gab. Etliche Kärtchen mit der Webadresse waren ihm von Joe in die Hand gedrückt worden. Er hatte einen kurzen Blick darauf geworfen und dabei die Augen verdreht:
www.die-mainbogen-girls.de . Wir erwarten den seriösen Herrn
. Sehr sinnig. Wie man sich hier einen seriösen Herrn wohl vorstellte?
Später hatte man sich verabschiedet und Joe war losgefahren. Wieder alleine war Karlo ins Grübeln geraten und musste einmal mehr an Jeannette denken.
Er würde sie jetzt besuchen.
Einen wirklich vernünftigen Plan verfolgte er nicht. Er hatte noch keine Idee. Was sollte er Jeannette nur sagen? Es wäre mit Sicherheit unklug, gleich mit der Tür ins Haus zu fallen. Andererseits drängte es ihn, sie sofort über die neue Lage ins Bild zu setzen. Seine Freude über die schöne neue Wohnung und die Hoffnung, diese könne auf seine Ex-Freundin Eindruck machen, war eben groß. Vielleicht zu groß?
–
Karlo war wie ferngesteuert losgelaufen. Er erschrak fast, als er mit einem Mal vor Jeannettes Haustür stand.
Nach kurzem Zögern legte er den linken Zeigefinger auf den Klingelknopf und drückte.
„Ja?“
Plötzlich spürte er einen Kloß in der Kehle.
„Äh, ja, ich bins, Karlo. Hallo Jeannie. Ich bin gerade zufällig in der Gegend“, stotterte er unbeholfen.
Er ärgerte sich über seine Verlegenheit oder, treffender ausgedrückt, seine Nervosität. Karlo versuchte seiner Stimme einen festeren Klang zu geben.
„Ich hab gute Neuigkeiten“, fuhr er gespielt fröhlich fort, „und da dachte ich, wenn ich schon mal hier bin, erzähle ich zuallererst dir davon.“
„Na, dann komm hoch“, klang es blechern aus dem kleinen Lautsprecher. Der Summer ertönte sogleich und Karlo stieß die Tür auf. Langsam stieg er in den zweiten Stock und überlegte dabei, wie er es anfangen sollte. Bevor er seine geheimsten Gedanken offenlegte. Nun ja, so geheim waren seine Gedanken auch wieder nicht. Seine Ex würde ganz gewiss ahnen, was in ihm vorging seit ihrer Trennung.
Jeannette wirkte ziemlich ungeduldig.
„Jetzt mach es mal nicht so geheimnisvoll, Karlo. Was gibt es denn so Tolles?“
Karlo saß unsicher im blauen Sessel auf der anderen Seite des Couchtisches und rutschte unruhig hin und her.
Unvermittelt war es wie ein Wasserfall aus ihm herausgesprudelt: Große Überraschung, sie würde staunen, und sie solle doch schnell mitkommen, er würde ihr gerne etwas zeigen.
Karlo bemerkte zwar die zahlreichen Fragezeichen in Jeannettes Blick, doch schienen diese nicht wirklicher Neugier zu entspringen. Es war eher eine gehörige Portion Skepsis, die hier zu spüren war. Sein Blick hatte deshalb etwas Flehendes, ja, beinahe schon Beschwörendes, als er fortfuhr.
„Mensch, Jeannie, jetzt komm schon. Du wirst wirklich große Augen machen. Und danach, da lad ich dich zu einem Bierchen in der Mühle ein. Es gibt nämlich tatsächlich was zum Feiern.“
Jeannette gab auf.
„Na gut, du hast gewonnen. Zeig mir eben, was da so wichtig ist.“
Das klang nicht begeistert, eher ein wenig genervt und Karlos Unsicherheit seiner Ex-Freundin gegenüber verstärkte sich wieder.
„Du, mit dem Bier danach wird das aber heute nichts“, kam sogleich der nächste Dämpfer, „ich will später nämlich einen Film gucken und danach gleich ins Bett. Ich muss morgen ziemlich früh raus. Leider. Aber
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