Karlo und der grüne Drache - Kriminalroman
wir haben seit einer Woche einen neuen Kunden und da müssen wir eben auch mal sonntags ran.“
Na toll! Das lief ja ganz prima! Karlos Schultern sackten nach unten, doch er riss sich zusammen.
Das Parkett seiner männlichen Moral allerdings war gefährlich spiegelblank gebohnert und er hatte überdies das Gefühl, in Strümpfen darauf unterwegs zu sein.
„Komm schon, lass uns gehen, wir werden nicht lange brauchen. Es ist nicht weit.“
Jeannette war derweil im Bad verschwunden, und Karlo lief zehn Minuten ungeduldig wie ein kleiner Junge auf dem Flur auf und ab.
Zwanzig Minuten später standen sie vor der Eingangstür von Karlos neuer Bleibe. Stolz schloss er auf, legte die Hand auf Jeannettes Rücken und schob sie in den Flur.
„Ich hätte dich lieber über die Schwelle getragen“, bemerkte er noch spitzbübisch, dann wechselte seine Stimmung rasch, „aber du willst ja nichts mehr von mir wissen.“
Die Traurigkeit, die seinen Scherz im letzten Satz überlagerte, brauchte Karlo nicht zu spielen.
Er hatte Jeannette gerade ins Wohnzimmer geführt, als es aus seiner Ex-Freundin herausplatzte.
„Du willst mir doch nicht erzählen, dass du hier wohnst? Dass das deine Wohnung ist?“
Jeannette rang zwar nicht gerade um Fassung, doch schien sie wirklich überrascht.
Karlo grinste triumphierend.
Seine Begleiterin schien aber alles andere als fasziniert zu sein und schnitt ein entsprechendes Gesicht.
„Das glaube ich einfach nicht. Wie willst du das denn bezahlen? Deine paar Kröten von Reinfeld werden da nicht reichen! Du hast wieder was Krummes am Laufen! Gibs ruhig zu. Ich kenn dich doch, Karlo!“
Kölner beeilte sich mit der Antwort.
„Diesmal liegst du völlig daneben. Du tust mir wirklich Unrecht. Ich habe eine neue Anstellung, Jeannie, hier im Haus. Ich bin hier jetzt nämlich, äh …“, er überlegte schnell, „sozusagen als Hausmeister angestellt. Alles ganz normal.“
Nach kurzem Zögern fügte er hinzu: „Und auch völlig legal.“
Von Moni und ihren Kolleginnen in der Wohnung darunter erzählte er lieber nichts.
Deshalb fiel Jeannettes Reaktion ganz unerwartet besser aus, als es Karlo nach ihrer anfänglichen Skepsis hätte erwarten können.
Sie ging einen vorsichtigen Schritt auf Karlo zu und ihre Stimme klang eine Nuance sanfter. Trotz allem kam es dem frischgebackenen Mieter vor, als schwänge da immer noch ein unterschwelliges Misstrauen in Jeannettes Stimme mit.
„Na, so was, da gibts ja tatsächlich was zum Feiern. Wenn das wirklich wahr ist, sind das gute Nachrichten. Aber nicht böse sein, Karlo, die Feier müssen wir trotzdem verschieben. Nächste Woche habe ich auf jeden Fall Zeit. Wollen wir uns da sehen?“
Karlos Pulsfrequenz stieg.
„Klar wollen wir!“, brach es aus Karlo heraus, „vielleicht am Mittwoch? Mittwochabend?“
„Okay. Also Mittwoch. Ruf mich an. So gegen fünf Uhr. Dann machen wir was aus.“
Während die beiden die Wohnung wieder verließen, schaute sie eilig auf die Uhr.
„Jetzt muss ich mich aber beeilen. Mein Film fängt bald an, den will ich nicht versäumen.“
Kurze Zeit liefen sie schweigend nebeneinander her. Bevor ihm die Stille allzu peinlich wurde, heuchelte Karlo Interesse.
„Was läuft denn Schönes in der Glotze?“
Mittlerweile waren die beiden wieder vor Jeannettes Wohnhaus angekommen.
„Na, dieser Film mit Til Schweiger. Den hab ich beim Kinostart versäumt. Und jetzt kommt er endlich im Fernsehen. Wie heißt der noch gleich? Irgendwas mit Hasen war das doch …“
Karlo zuckte zusammen. Er wollte es gar nicht wissen. Til Schweiger, igitt!
Jetzt brauchte er ein Bier!
Nachdem sich die Eingangstür hinter Jeannette geschlossen hatte, lief er kopfschüttelnd die Mittelseestraße entlang in Richtung Bluesmühle.
Später, am selben Tag
5
„Hallo Fritz, hallo Greta. Alles klar bei euch?“
Karlo rutschte auf einen Barhocker an der Stirnseite der Theke in der Fechenheimer Musikkneipe Bluesmühle und schaute hinter den Tresen. Niemand da. Nur ein merkwürdig ranziger Geruch erfüllte den Raum und legte sich wie ein warmer Fettfilm unangenehm auf die Nasenschleimhäute.
Fritz hatte, wie fast immer, auf der Theke seine rechte Hand auf die linke seiner Frau gelegt. Seine Linke wiederum war reserviert für die zahlreichen Drinks, die er zusammen mit seiner Frau im Laufe eines Abends zu konsumieren pflegte. „Gemeinsames Hobby“, nannte das Karlo.
„Danke, alles gut bei uns“, antwortete er freundlich und fuhr schnell
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