Karma-Attacke (German Edition)
war, gefiel ihr. Wie würde sie dastehen, wenn die ganze Wahrheit herauskam?
Da regte sich in Marga ein Verdacht. Diese Zablonski war zu nervös, zu gesprächig und hatte es eine Spur zu eilig. Vielleicht war sie von der Polizei geschickt worden. Vielleicht war sie die falsche Schlange, die ihn ans Messer liefern wollte.
«Und warum schreiben Sie ihm dann nicht einfach einen Brief?»
Frau Zablonski schluckte trocken. Sie schaute sich nach einem Glas Wasser um, ahnte aber, dass ihr hier nichts angeboten werden würde.
«Ich … ich glaube, dass er meine Hilfe braucht. Ich fürchte, dass er in großer Gefahr ist.»
«Da könnten Sie Recht haben. Das fürchte ich auch. Aber wer sagt mir, dass ich Ihnen trauen kann?»
«Nun, ich … Lassen Sie mich mit ihm reden. Rufen Sie ihn an. Geben Sie mir nur den Hörer in die Hand. Ich will gar nicht wissen, wo er ist. Ich brauche nur ein paar Sekunden.»
Marga drückte die Zunge fest gegen den Gaumen, so als wollte sie verhindern, etwas Falsches zu sagen. «Ich muss erst mit ihm reden. Dann kann er entscheiden, ob er Kontakt zu Ihnen aufnehmen will oder nicht.»
Frau Zablonski versuchte es mit aller Emotion. «Wenn Sie diesen Mann wirklich lieben, dann …»
Bevor sie weitersprechen konnte, bestätigte Marga: «Glauben Sie mir, das tue ich. Von ganzem Herzen!»
«Dann helfen Sie mir, um Himmels willen! Es ist in seinem Interesse.»
«Schreiben Sie mir die Nummer auf, unter der Sie zu erreichen sind, und helfen Sie mir, die Kisten ins Auto zu tragen. Ich bin in Eile.»
Frau Zablonski stand tatsächlich auf, ging mit Marga in den Keller und schleppte mit ihr die Kisten hoch. Einen Teil stellten sie in den Kofferraum, den Rest auf den Rücksitz von Margas altem gelben Polo.
Als sie im Wohnzimmer nebeneinander knieten und die Kassetten aufsammelten, fragte Frau Zablonski: «Frau Dr.Schumann, ist auf den Bändern das, was ich vermute?»
Marga zuckte mit den Schultern. «Keine Ahnung. Ich bin übrigens nicht Frau Dr.Schumann. Ich bin nur die Putzfrau.»
Frau Zablonski schien für einen Augenblick zu gefrieren. Dann fing sie sich.
«Aber Sie sagten, Sie lieben ihn von ganzem Herzen.»
«Ja. Das stimmt auch. Ihn stört es nicht, dass ich eine Putzfrau bin. Das ist für ihn völlig belanglos.»
Brigitte Zablonski schüttelte den Kopf. «O nein. Es ist nicht belanglos für ihn. Er verehrt Sie deswegen.»
Das hatte Marga noch nie jemand gesagt. Sie riss die Augen weit auf und wurde zwischen Rührung und Beleidigung hin- und hergerissen. Wollte diese Therapeutin sie auf die Schippe nehmen?
Frau Zablonski legte eine Hand auf Margas Arm. Der Arm wurde schwer. Sie hielt mit der Hand nur drei Videokassetten, doch sie hatten plötzlich das Gewicht von Backsteinen.
«Reinigung», sagte Frau Zablonski, «ist sein archaisches Urprinzip. Nichts anderes tun er und ich bei der Arbeit. Wir helfen den Menschen, die Gegenwart von der Vergangenheit zu reinigen. Den Dingen eine Ordnung zu geben. Altes zu Altem zu stellen und Neues zu Neuem. Den alten Dreck nach draußen zu kehren und die neuen Lebensräume wohnlich zu gestalten.»
Sie zeigte auf die Fenster. «Die Scheiben vom alten Staub befreien, damit die Sonne hindurchscheinen kann. Das ist meine Aufgabe als Reinkarnationstherapeutin. Sie sehen, wir tun beide das Gleiche. Wir haben allen Grund, Freundinnen zu sein.»
Einerseits wollte Marga diese Frau umarmen und küssen. Sie hatte noch nie so viel Wertschätzung für sich als Person und für ihre Arbeit gespürt wie in diesem Augenblick. Tränen schossen ihr in die Augen. Gleichzeitig fühlte sie aber einen heftigen Widerstand. Sie wollte dieser Frau nicht auf den Leim gehen. Sie wollte nicht mit irgendwelchen Psychotricks hereingelegt werden und den Professor verraten. Vielleicht würde er furchtbar sauer werden, wenn er von diesem Gespräch erfuhr. Vielleicht hatte sie längst etwas falsch gemacht. Sie wollte jetzt nur noch weg. Sie riss sich los und warf die restlichen Kassetten einfach auf den Beifahrersitz des Polo.
Brigitte Zablonski zog ihre Visitenkarte und wollte sie Marga in die Hand drücken, doch Marga reagierte nicht mehr. Sie saß schon hinterm Steuer und ließ den Wagen an. Frau Zablonski warf die Karte auf das Armaturenbrett.
«Bitte. Sagen Sie ihm, er soll mich anrufen. Bitte.»
«Sie sind auch nur scharf auf ihn!», schrie Marga. «Meinen Sie, ich merke das nicht? Alle Weiber sind hinter ihm her! Aber er gehört mir! Mir!»
Sie nahm die Visitenkarte, riss
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