Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Karma-Attacke (German Edition)

Karma-Attacke (German Edition)

Titel: Karma-Attacke (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
Vom Netzwerk:
davon?
    Sie riss einen Entenschenkel ab und grub die Zähne hinein. Sie hätte diesen arroganten Mistkerl an die Wand klatschen können. Was bildete der sich eigentlich ein? Seit Jahren deckte sie seinen Reinkarnationsblödsinn. Sie wusste nicht genau, was er da machte, aber sie schickte die gefälschten Berichte an die Krankenkassen. Mindestens einmal pro Monat fragte sie sich, warum sie das eigentlich tat, und schwor sich, einen Schlussstrich zu ziehen. Diese irre Geschichte konnte äußerst bedrohlich werden und sie nicht nur ihren Arbeitsplatz kosten. Das alles war auch Betrug. Urkundenfälschung. Sie rechneten Leistungen ab, die sie nicht erbrachten, und erbrachten Leistungen, die sie nicht abrechneten. Professor Ullrich behandelte die Patienten ja nicht nur einfach nach einer anderen, nicht anerkannten Methode, er verhinderte auch, dass sie nach anerkannten Methoden behandelt wurden.
    Oft fühlte sie sich schuldig. Aber wenn Peter Ullrich vor ihr stand, konnte sie nicht anders. Statt ihn zu maßregeln, schützte sie ihn. Schlimmer noch: Sie log und betrog für ihn. Sie gaukelte ihm vor, von seiner Reinkarnationstherapie begeistert zu sein. Dabei hielt sie das alles für ziemlichen Blödsinn. Nahe am Exorzismus. Wissenschaftlich nicht haltbar. Jedenfalls wurde das, was er da machte, von keiner Krankenkasse anerkannt.
    Hin und wieder fand sie das alles auch großartig, fühlte sich als Teil einer Verschwörung gegen Dummheit und Ignoranz. Er hatte Erfolge. Hoffnungslose Phobiker mit Angstneurosen, die es ihnen seit Jahren unmöglich machten, ohne Tabletten auch nur das Zimmer zu verlassen, hatte er durch Rückführungen in weniger als zehn Stunden geheilt.
    Aber das war es nicht, weshalb sie ihn weitermachen ließ. Es gab nur einen Grund: Sie liebte diesen Mann. Er stellte mit ihr Dinge an, die sie nie zuvor so erlebt hatte. Es waren seine Hände. Mit seinen sanften Berührungen massierte er sie in einen Trancezustand. Sie bekam das erschütternde Gefühl, in ihren Körper zurückzukehren, so als lebe sie sonst außerhalb seiner. Erst durch seine Hände spürte sie sich wirklich und konnte innerlich loslassen, was sie die ganze Zeit festhielt.
    Einen zärtlicheren, sinnlicheren Mann hatte sie nie zuvor getroffen. Am ersten Abend hatte sie allen Ernstes geglaubt, er habe ihr ein enthemmendes Mittel in den Wein gemischt. Eine Art Super-Aphrodisiakum. Das hatte sie ihm sogar gesagt. Lachend hatte er erwidert: «Ja, das stimmt. Ich habe das Rezept aus Thara mitgebracht. Hier kennt es niemand. Gefällt es dir?»
    Am Anfang war sie mit seiner Art nicht klargekommen, hatte nie gewusst, wann er scherzte und wann er die Wahrheit sagte. Jetzt war sie sicher: Genau das wollte er. Undurchschaubar sein. Sich etwas Mystisches geben.
    In erschreckender Klarheit wurde ihr bewusst, dass es so nicht weiterging. Sie war ihm hörig. Sie musste sich von ihm lossagen, wenn sie nicht mit ihm untergehen wollte.
    Eigentlich hatte sie es ihm an diesem Abend klar machen wollen. Die neue Krankenhausreform, das Umstrukturieren der Abteilungen, die neue GmbH. Damit wurde ein Weiterarbeiten wie bisher unmöglich. Sie mussten die Verhältnisse ordnen, und zwar rasch. Vor dem Spiegel hatte sie die Sätze zigmal geübt: «Wir können so nicht weitermachen, Schatz. Die schauen mir auf die Finger. Das wird böse enden - für uns beide.»
    Die GmbH in Gründung würde eine Geschäftsführerin haben, die zehn Jahre jünger war als sie. Die würde sich einmischen, überall, und gnadenlos Kosten einsparen. Sabrina sah die Neue schon unter seinen Händen vor Lust erzittern. Wütend warf sie den Entenknochen gegen den Stuhl, auf dem er eigentlich sitzen sollte. Sie fühlte sich austauschbar. Ausgenutzt. Instrumentalisiert.
    «Glaub ja nicht, dass du mit der verliebten alten Kuh alles machen kannst. Ich bin nicht blöd, Herr Professor! Ich habe eine Menge über dich gesammelt. Du bist mindestens so abhängig von mir wie ich von dir. Wenn ich meine Aktennotizen weiterreiche, verlierst du nicht nur die Kassenzulassung. Dann bist du erledigt!»
    Sie malte sich aus, wie er in Handschellen aus der Klinik abgeholt würde. Zunächst empfand sie Genugtuung bei dem Gedanken, dann sah sie sich als Retterin in höchster Not. Er flehte sie an. Er kniete vor ihr und drückte weinend wie ein Kind seinen Kopf in ihren Schoß. Sie legte beide Hände auf seine Schädeldecke. Ihre Finger spielten in seinen Haaren. Und dann packte sie zu, zog seinen Kopf an den Haaren nach

Weitere Kostenlose Bücher