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Karma-Attacke (German Edition)

Karma-Attacke (German Edition)

Titel: Karma-Attacke (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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als wäre er von einer Giftschlange gebissen worden.
    Jetzt kam ihm eine Erinnerung. So war es gewesen, wenn die Congas angegriffen hatten. Man konnte auch an einer kleinen Wunde sterben. Mehr als einmal hatte er das Gift aus sich herausgesaugt und ausgespuckt. Jetzt hatte er sogar den Geschmack wieder im Mund. Etwas Widerlicheres kannte er nicht.
    Vivien drückte sich dermaßen an ihn, dass er fürchtete, sie könnte ihm die Rippen brechen.
    «Töte mich!», forderte sie. «Bitte, bitte, töte mich.»
    Ullrich versuchte, sich aus ihrer Umklammerung zu lösen, ohne ihr die Finger zu brechen. «Ich muss dich fesseln, Vivien. Bitte, nimm es mir nicht übel. Ich habe keine Wahl.»
    Er zerrte sie aus dem Badezimmer. Sie wehrte sich nicht mehr, sie weinte nur noch und jammerte in einem fort: «Bitte töte mich. Bitte töte mich. Hab doch Mitleid. Töte mich.»
    Nachdem er sie aufs Bett gelegt hatte, benutzte er das schwarze Kleid, mit dem er in die Schweiz eingereist war, um die Blutung an seinem Handgelenk zu stillen. Sie hatte die Schlagader nicht erwischt. Allerdings wusste er, dass er das nicht Viviens Rücksichtnahme zu verdanken hatte. Sie hätte die Schlagader ohne Skrupel durchgebissen. Im Augenblick sauste sie zwischen den Inkarnationen hin und her. Sie musste dringend ruhig gestellt werden.
    Er hatte in Luzern ein paar rezeptfreie Schlafmittel besorgt. Gegen eine sich aufbäumende Hillruc-Inkarnation waren sie allerdings machtlos.
    Mit der Bettdecke trocknete er Vivien ab. Dann zog er das Laken von der Matratze, um sie damit notdürftig zu fesseln. Zunächst band er ihr die Hände auf dem Rücken zusammen, um sich vor weiteren Kratz- und Klammerattacken zu schützen, doch dann entschied er sich anders. So konnte er sie nicht liegen lassen. So würden ihr die Arme einschlafen und wehtun. Er wollte ihr auch in der jetzigen Situation die größtmögliche Bequemlichkeit verschaffen.
    Das Metallbett mit den vielen Verzierungen am Kopfende eignete sich hervorragend dazu, Vivien auf den Rücken zu legen und mit ausgebreiteten Armen ans Bettgestell zu binden. Als er ihr linkes Handgelenk festzurrte, lag sie wie ohnmächtig da. Als er es mit dem rechten versuchte, schien sie ein kleines Kind geworden zu sein, das immer noch wimmerte und getötet werden wollte. Übergangslos wurde sie im nächsten Moment zum Raubtier, das zähnefletschend nach ihm schnappte. Sie fauchte. Der Kiefer schnappte mit solcher Kraft zu, dass es sich anhörte, als würden die Schneidezähne wie Porzellan zersplittern. Ihre Augen hatten den Jagdblick der Hillrucs. Sie schob den Unterkiefer vor und knirschte mit den Zähnen. Eine Füllung fiel heraus und wurde zermahlen. Der Zahnarztgeruch irritierte Ullrich mehr als das Hillrucwesen in Vivien.
    Der Geruch machte ihm klar, dass sie sich auf zwei Realitätsebenen befanden. In der einen gab es Regeln. Eine Ordnung. Gesetze. Zuständigkeiten. Ärzte. Zahnfüllungen. Passkontrollen. Restaurants und Fahrpläne. Im Gegensatz dazu schienen ihm auf Thara nur Willkür, Gewalt und Chaos zu herrschen. In diesem Augenblick hasste er die Existenzen von Thara, wollte sie von der Erde verbannen. Ausrotten.
    Aber dann, das wusste er, gab es noch etwas in ihm. Etwas, das in letzter Zeit immer mehr Macht über ihn bekam: das Gefühl, nur auf Thara wirklich frei gewesen zu sein.
    Nun lag Vivien gefesselt wie der gekreuzigte Jesus vor ihm. Sie war nackt und strampelte die Bettdecke zur Seite. Stoff ertrug sie nicht auf ihrer krebsroten Haut. Ihr Körper flog im Bett auf und nieder, wie von einem inneren Erdbeben geschüttelt. Sie versuchte, mit den Zähnen das Laken zu zerfetzen, das sie ans Bettgestell fesselte, doch sie kam nicht heran.
    Er nahm Abstand vom Bett, lehnte sich in der gegenüberliegenden Ecke des Zimmers an den Holzbalken und schaute sie an. Unter seinen Blicken wurde sie langsam ruhiger.
    Den Wesen von Thara, dachte er, ist diese Welt scheißegal. Sie können sich gar nicht an unsere Regeln und Gesetze halten. Sie empfinden sie nur als Einengung. Sie tragen die Freiheit in sich. Man kann Hillrucs töten, aber man kann sie nicht zähmen.
    Vivien kam ihm so unbesiegt vor. Auf eine irre Art glorreich. Obwohl sie angebunden vor ihm lag, spürte er ihre Überlegenheit. Sie war nicht zu besiegen. Sie würde sich nie unterordnen. Der Hillruc in ihr war stärker.
    Fast schämte er sich. Er fühlte sich durch seinen Verstand domestiziert. Nichts hatte ihn jemals derart unter Kontrolle gehabt, so sehr eingeengt

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