Karma-Attacke (German Edition)
durchzudrehen?»
«Ich wette», sagte Frau Zablonski, «Sie haben viele rückläufige Planeten im Horoskop.»
Er hatte nicht mal eine Ahnung davon, was ein rückläufiger Planet war, und schaute sie nur groß an. Nicht auch das noch, dachte er. Nicht auch noch Astrologie.
«Die Rückläufigkeit verursacht bei einzelnen Menschen nicht nur ein Zurückgehen ins Gestern, sondern führt oft Regressionen in frühere Leben herbei. Die Erinnerungen an die früheren Leben sind so stark, dass sie das gegenwärtige Leben heftig prägen. Manchmal kommen solche Menschen mit der Zeitfolge nicht klar. Sie wissen nicht, was abgeschlossen ist und was noch offen. Sie versuchen, die früheren Umstände zu klären. Sie kämpfen einen Kampf durch die Jahrhunderte. Ich glaube, so jemand sind Sie.»
«Nein!», protestierte er. «Nein! Ich gebe zu, ich stehe jetzt nur mit einem Handtuch bekleidet in der Küche einer Rückführungstherapeutin, aber ich lebe ganz im Hier und Jetzt. Ich führe keine Kämpfe aus dem Früher. Bis vor kurzem habe ich noch ein ganz normales Leben geführt.»
«Aber Ihre Gefühle kommen aus einer anderen Zeitzone. Was Sie suchen und vorbereitet haben in diesem Leben, ist das Treffen mit Toi oder Fuchs oder wie immer er in all seinen Inkarnationen hieß. Seine Anziehungskraft ist größer als die von allen anderen. Es erscheint Ihnen als Gegenwart. Aber es ist eigentlich die Vergangenheit. Wenn Sie auf ihn treffen, dann werden Sie die alte Geschichte ausfechten. Völlig egal, wie zivilisiert Sie inzwischen sind.»
Sie bat ihn um sein genaues Geburtsdatum, die Zeit und den Ort, um sein Horoskop auszudrucken. Er wehrte sich dagegen. Das interessierte ihn nun wirklich überhaupt nicht. Doch er gab ihr die Daten trotzdem. Die Sterne, versicherte er, hätten auf sein Leben keinen Einfluss. Vielleicht gab es frühere Leben, aber er hatte schon genug Probleme. Er fand, die Sterne sollten sich da gefälligst nicht auch noch einmischen.
36
Draußen hatte ein milder Morgen begonnen. Ackers sah, wie die Straßenreinigung den Bürgersteig abspritzte, und wunderte sich, dass die Welt noch aussah wie immer.
Als er seine Wohnung erreichte, sprang gerade sein Anrufbeantworter an. Frau Zablonski sprach mit triumphierender Stimme darauf: «Sie haben gleich fünf rückläufige Planeten. Nach all meinen Erfahrungen wirkt sich so etwas auf Ihre Sexualität aus. Sie haben eine rückläufige Venus, deshalb dürften Sie sich zufriedener fühlen, wenn Sie Frauen meiden. Der rückläufige Pluto deutet an, dass die Sexualität in Ihrem gegenwärtigen Leben auf sexuellen Erinnerungen in früheren Leben fußt. Das kann die sexuellen Vorlieben oder auch die Moral betreffen, die Sie in anderen Perioden der Weltgeschichte oder meinetwegen auch auf Thara verinnerlicht haben. Falls Sie irgendetwas damit anfangen können, lieber Herr Ackers, wenden Sie sich gerne an mich. Ich glaube, Sie haben Hilfe nötig. Sie werden mit dieser Sache nicht alleine fertig.»
Er hob den Hörer ab und brüllte in den Apparat: «Wieso sollte ich damit nicht fertig werden? Dies ist ein ganz normaler Kriminalfall! Ich …»
«Die anderen wissen mehr über ihre früheren Leben als Sie. Deswegen sind sie weiter. Solange Sie im Unbewussten leben, können Sie nicht gewinnen. Solange Sie nicht wirklich wissen, worum es geht, sind Sie Opfer. Selbst wenn Sie glauben, dass Sie Täter sind.»
Ackers legte einfach auf. Es reichte.
Er ging ins Bad und suchte Kopfschmerztabletten. Auch beim schlimmsten Kater seines Lebens hatte er nicht solchen Druck zwischen den Schläfen verspürt wie jetzt. Er war wütend auf Frau Zablonski und wusste doch, dass er bereit war, alles zu geben, um dieses Körpergefühl noch einmal zu haben, um noch einmal Xu zu sein. Er lächelte. Das konnte er sich jetzt holen, sooft er wollte. Frau Zablonski war bereit, ihn zurückzuführen. Sie drängte sich ja geradezu auf.
Er träumte davon, irgendwann dieses Spiel allein zu beherrschen. Wenn er das könnte! Sich selbst in diesen Zustand bringen. Diese Ausdehnung der Haut. Dieses absolute Gefühl …
Plötzlich fürchtete er, sie gerade verärgert zu haben. Er griff zum Telefon und rief sie an. Brigitte Zablonski hob selbst ab. Sie beruhigte ihn. Nein, er habe sie nicht verärgert. Im Gegenteil. Sie fand, dass er sogar recht gelassen reagierte auf die Dinge, die passierten. Sie fürchtete nur, dass er das alles nicht allein verarbeiten könnte.
Sie bot ihm Termine an. Er nahm jeden, den er
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