Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Karma-Attacke (German Edition)

Karma-Attacke (German Edition)

Titel: Karma-Attacke (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
Vom Netzwerk:
wieder, immer schneller. Blut floss an seinen Mundwinkeln entlang. Aber noch bevor er das Steak zur Hälfte aufgegessen hatte, musste er würgen. Er lief zur Toilette und brach alles wieder aus.

37
    Zunächst hatte Vivien das Gefühl, auf einem Boot zu sein. Das Geräusch der Wellen, die sich am Holz brachen. Der Wind ließ die Segel knattern. Möwenschreie. Sie hielt die Augen geschlossen und atmete tief ein. Ihre Bauchdecke hob sich.
    Dann dachte sie an die Worte von Professor Ullrich. «Atme ruhig aus, Vivien. Fürchte nichts. Es ist immer genug Luft für dich da. Um welche aufzunehmen, musst du ausatmen. Halt sie nicht fest. Es ist sinnlos. Man muss nichts festhalten, was im Überfluss vorhanden ist.»
    So hatte er sie oft in einen ruhigen Zustand gebracht. Aus Thara zurückgeholt oder auch wieder hingeführt. Bevor sie zu ihm gekommen war, hatten andere Ärzte versucht, ihre Panik mit Medikamenten zu bekämpfen. Sie erinnerte sich noch an das trockene Gefühl im Hals, die Übelkeit, das ständige Schläfrigsein. Als sei sie Dornröschen. War er der Prinz, der sie wachgeküsst hatte? Er hatte ihr das Leben zurückgegeben. In einer Klinik, unter Kranken. Und doch besser als alles, was sie vorher gehabt hatte.
    Ihre Finger tasteten sich unter der Bettdecke hervor. Sie fühlte den Rand der Matratze, dann den Holzrahmen. Alles wackelte und schwankte. Dann richtete sie sich auf und öffnete die Augen. Jetzt sah sie, dass ihr Gehirn ihr einen Streich gespielt hatte. Sie befand sich keineswegs an Bord eines Segelbootes, sondern das Bett stand auf einem stabilen Holzfußboden, in einem Haus, von dem sie augenblicklich wusste, dass es ein Reetdach hatte. Sie musste nicht nach draußen gehen, um es zu sehen. Sie fühlte es.
    Vivien konnte aus dem Fenster auf die Terrasse sehen. Dort war ein Bootssteg. Links war ein Motorboot festgemacht, rechts ein kleines Segelschiff.
    Sie setzte die Füße vorsichtig auf den Boden. Sie spürte das Holz unter den nackten Fußsohlen. Es kam ihr immer noch so vor, als würde sich der Boden bewegen. Sie kannte das. In ihrem Gehirn kämpften die verschiedenen Eindrücke um den Sieg. Die Ohren meldeten Wellenklatschen, Wind und Segel. Die Nase sagte Meeresluft. Die Augen sagten nein, nein, dies ist fester Boden. Ein Haus am Meer, nichts weiter. Doch das Schwindelgefühl blieb. Ihr war speiübel. Der Magen rebellierte.
    Sie stützte sich mit den Händen auf der Matratze ab und blieb auf der Bettkante sitzen. Langsam tasteten ihre Blicke den Raum ab. Die Fenster hatten keine Gardinen. Die Sonne durchflutete vom Meer her den Raum. Staubkörnchen tanzten in der Luft. In Griffweite ein kleiner Holztisch mit einer gebügelten weißen Decke. Genau in der Mitte eine Karaffe mit Eistee. Sie musste vor kurzem hingestellt worden sein, denn es waren längst noch nicht alle Eiswürfel geschmolzen. Schwarzer Tee mit Zimt und Zitrone. Ein paar selbst gepflückte Blumen. Margeriten. Klee. Schafgarbe. Lichtnelken. Andere hätten es Unkraut genannt. Für Professor Ullrich existierte dieser Begriff nicht.
    Vivien erhob sich und goss sich Tee ein. Als sie die Eiswürfel ins Glas fallen hörte, schämte sie sich. Er war so nett zu ihr. Er hatte all das arrangiert, damit sie sich, wenn sie wach wurde, sofort zu Hause fühlte. Sie wusste, er hatte sich immer darum bemüht, dass es für sie so angenehm wie möglich wurde. Selbst in der geschlossenen Abteilung hatte er versucht, ihr ein Stückchen Heimat zu schaffen.
    Sie trank einen Schluck. Es stach in den Augen, so kalt war der Tee. Dann erst sah sie den Zettel auf dem Boden liegen. Der Wind musste ihn vom Tisch geweht haben. Sie bückte sich danach.
Bin gleich wieder da, Vivien.
Ich besorge uns nur ein paar Lebensmittel.
Hoffe, du magst den Tee so.
Dein Peter.
    Es gab ihr einen Stich. Wieder verspürte sie Scham. Ihre Worte fielen ihr wieder ein. Wie sehr musste sie ihn beleidigt haben, diesen guten Menschen, der immer zu ihr gehalten hatte. Er hatte sie vor ihrem Vater gerettet. Vor dem Hillruc, der seinen Samen in sie pflanzen wollte, weil sie seine böse Brut gebären sollte.
    Sie schaute hinaus aufs Meer. Vielleicht konnte sie Muscheln am Strand finden und eine Kette für ihn machen. Irgendein Geschenk.
    Da hörte sie ihn im Flur. Er klapperte mit einer Kiste, und sie hörte deutlich, wie er seine Schuhe auszog. Er musste sich dabei auf eine Holztreppe gesetzt haben. So sah sie ihn vor ihrem inneren Auge. Offenes kariertes Hemd, Jeans, schwarze Socken, am

Weitere Kostenlose Bücher