Karma-Attacke (German Edition)
Vielleicht. Wir hatten ein Bündnis gegen ihn. Aber wir sind verraten worden.»
«Hat sie dich verraten?»
«Ich weiß es nicht. Ich weiß es nicht. Er sticht mich mit der Lanze!»
Mit den Händen umklammerte Ackers eine Lanze, die in dem Augenblick durch seine Bewegungen so plastisch wurde, dass Frau Zablonski glaubte, sie zu sehen. Die Lanze drang in ihn ein und tötete ihn.
Er lag jetzt ruhig, krampfte sich aber immer noch um die Waffe, die ihn durchbohrt hatte.
«Was ist geschehen?»
«Er hat mich getötet.»
Erleichtert atmete Brigitte Zablonski ein und wieder aus.
«Schau dir jetzt alles in Ruhe von oben an. Du hast keine Schmerzen mehr. Wo bist du jetzt?»
Entspannt lag sein nackter Körper vor ihr. Sie breitete sorgsam die Decke über ihn aus. Die Decke war durchgeschwitzt, als hätte sie lange im Regen gelegen.
«Ich verlasse meinen Körper.»
«Wohin gehst du?»
«Ins Licht.»
«Kannst du weitergehen? Weiter auf der Zeitschiene? Was geschieht dann?»
«Ich will bleiben, wo ich bin. Hier ist es gut. Ich will nicht mehr zurück nach Thara. Ich will Toi nicht mehr begegnen. Er hat geschworen, mich überall zu finden.»
«Warum hat er das geschworen?»
«Weil seine Frau und ich … ach!»
«Ist er eifersüchtig auf dich gewesen?»
«Ich glaube, er wusste alles. Aber das ist jetzt egal. Ich bin im Dunkeln. Um mich herum blubbert es.»
«Du bist nicht mehr im Licht?»
«Nein. Im Dunkeln. Es ist schön so.»
Sein Körper schien die Lanze nicht mehr zu spüren. Er veränderte die Lage. Er rollte sich embryohaft zusammen. Sie wusste, was jetzt passierte. Sie hatte es oft erlebt. Sanft führte sie ihn hinein in seine nächste Geburt.
Sie hatte es schon geahnt. Er wurde als Maria geboren. Er erzählte ihr von seinen Eltern, von ihrer Armut und von Fuchs, der scheinbar so gut zu ihnen war und in dem er doch das Böse erkannte.
Ackers weinte. «Meine Eltern können nichts dafür. Sie wissen es nicht. Fuchs verstellt sich. Sie haben ja keine Ahnung.»
«Wovon haben sie keine Ahnung?»
«Sie wissen nicht, wer er ist.»
«Wer ist er denn?»
«O mein Gott! O mein Gott!», schrie Ackers. Seine Hände wurden wieder zu Klauen, mit denen er um sich schlug. «Es ist Toi! Es ist Toi!»
«Toi ist Fuchs?»
«Ja.»
«Woher weißt du das?»
«Ich weiß es einfach. Es ist ganz klar. Wir haben uns sofort erkannt. Da waren keine Fragen. Was soll das?»
«Gibt es noch mehr Menschen, die du wieder erkannt hast?»
Er schluckte. «Ja. Ich glaube …»
Ackers rieb sich die Nase und spuckte. Er wurde nervös, als ob durch das Sofa kurze Stromstöße in ihn hineingeleitet würden. «Ich glaube, ich habe … Ich glaube, ich weiß …»
«Sag es. Das Erste, was dir in den Sinn kommt, ist garantiert richtig. Gestatte dem Verstand nicht, auszusuchen. Gib mir ungefiltert weiter, was die Seele dir sagt.»
«Ich glaube …» Er kaute auf den Fingernägeln herum und presste die Augen fester zu.
«Was du auch siehst, es ist nicht schlimm. Du hast keine Schuld. Die Dinge geschehen. Du kannst nichts dafür.»
«Vivien ist Tois Frau gewesen! Ja. Es war Vivien!» Ackers sprang auf. «Ich will nicht mehr! Ich will nicht mehr!», schrie er. «Ich kann nicht mehr. Ich muss zum Klo. Ich …»
Er rannte aus dem Raum und nahm zielsicher die zweite Tür. Erst als er auf dem Klodeckel saß, wunderte er sich, woher er gewusst hatte, wo die Toilette war.
Er musste jetzt über sich selbst den Kopf schütteln. Was tat er? Er klatschte sich Wasser ins Gesicht. Es tat gut, doch das reichte ihm nicht. Er gab dem dringenden Bedürfnis nach, unter die Dusche zu gehen.
Dampfend traf das heiße Wasser auf seine Haut. Er legte den Hebel um. Ein paar Mal schaltete er zwischen kalt und heiß hin und her. Doch die Empfindungen seiner Haut waren nicht annähernd so intensiv wie das, was er vorhin erlebt hatte. Er kam sich jetzt abgestumpft vor. Wie ausgeschaltet.
Er hatte sich noch nie im Leben so ausgiebig abgetrocknet. Jeden Zentimeter seiner Haut berührte er mit einem ganz anderen Bewusstsein, als müsste er ihn ganz neu kennen lernen. Nein, als habe er ihn bisher überhaupt nicht gekannt.
Dann legte er sich das Handtuch um die Hüften und ging zu Brigitte Zablonski zurück. Zu seinem Erstaunen hatte sie zwei Gläser mit Schnaps gefüllt. Sie bot ihm eins davon an und sagte: «Das haben wir wohl jetzt beide nötig.»
«Habe ich das alles wirklich erlebt? War ich bis jetzt blind und taub oder fange ich nur an,
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