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Karma Girl

Titel: Karma Girl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanuja Desai Hidier
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gewesen sein.
    »Wo ist denn Gwyn?«, fragte ich und bemühte mich, möglichst elegant hinter dem Grünzeug hervorzukommen.
    »Dyl hat mir 'ne SMS geschickt. Sie kommen ein bisschen später.«
    Wieder brach Schweiß auf meiner Stirn aus, ich spürte das.
    »Wieso das denn?«
    Julian blickte mich verständnislos an.
    »Sagen wir, sie lernen sich gerade ein bisschen besser kennen. Auf jeden Fall treffen wir uns jetzt direkt bei Chimi's. Da ziehen wir uns noch schnell was vorm Kino rein – und können gleich deinen neuen Ausweis testen, wie Gwyn sagt.«
    Der Weg zu Chimichanga's, einem Tex-Mex-Restaurant gegenüber der Mall, war im Grunde nicht besonders weit – aber für ein Mädchen wie mich zusammen mit einem Typen wie ihm schien er eine Ewigkeit zu dauern. Und ich hatte keine Ahnung, worüber ich mit ihm reden sollte.
    »Ziemlich heiß«, sagte Julian und deutete auf meine Klamotten.
    Ich traute meinen Ohren kaum und machte mir schon Hoffnungen.
    »Oh, äh, vielen Dank«, sagte ich, freute mich riesig über das unerwartete Kompliment und lächelte schüchtern.
    »Ach so, nee, ich meine …«
    Er gestikulierte, und mir wurde klar, dass er mein Polaroutfit gemeint hatte.
    »Ah … nein, nein, alles bestens.«
    (Warum trägst du denn dann in Herrgottsnamen einen Wintermantel?)
    »Äh, ich meine, mir ist ein bisschen kalt.«
    (Jetzt dachte er bestimmt, ich hätte Durchblutungsstörungen.)
    »Ich meine, ich hab 'ne Erkältung.«
    (Und nun musste er ja denken, ich könnte ihn anstecken.)
    »Nee, keine Erkältung, es war vorhin nur ein bisschen frisch«, beendete ich endlich meine völlig unlogische Schwafelei. »Wie ist denn dein Studium so?«, fragte ich schnell, um abzulenken.
    »Es ist unglaublich! Rund um die Uhr mit seinem Metier beschäftigt zu sein, eine Liaison einzugehen mit Menschen, die etwa die gleichen künstlerischen Fähigkeiten haben – das schlägt wirklich alles!«
    Keine Ahnung, warum er plötzlich mit französischen Begriffen um sich warf - Metier und Liaison ? Ob er französische Wurzeln hatte oder aus dem französischen Teil Kanadas stammte? Ach was, Blödsinn: Er kam aus Jersey!
    Im Restaurant war alles abgedunkelt, als wäre schon Nacht, obwohl draußen noch die Sonne schien. Dennoch konnte ich im funzligen Licht an der proppevollen Bar neben Dylan mein umgekehrtes Spiegelbild erkennen: Es war Gwyn – sie trug dasselbe Outfit wie ich! Als sie uns sah, winkte sie. Sie sah fantastisch aus, wie eine Traum-frau direkt aus einem Boy-Group-Video. Nicht für alles Geld der Welt würde ich heute Abend meinen Mantel ausziehen.
    »Hey, Geburtstagskind!«, rief sie, stürmte auf mich zu und umarmte mich.
    »Hi, Gwynnie«, sagte ich und umarmte sie ebenfalls, während sich Julian und Dylan hinter unserem Rücken abklatschten und dabei lachten, als handele es sich dabei um einen Insiderwitz.
    »Hey, was wollt ihr zwei trinken?«, unterbrach Gwyn die beiden. »Also, ich bekomm 'ne Virgin Mary – besser langsam beginnen.«
    Sie wandte sich an Dylan.
    »Später werde ich natürlich bei etwas anderem landen«, grinste sie. Dylan schien sich darüber unglaublich zu freuen und klatschte Julian wieder ab. Die beiden erinnerten mich an jemanden, aber mir fiel nicht ein, an wen.
    »Ach so, warum holst du nicht die Drinks, Dimple?«, schlug Gwyn vor. »Dann kannst du gleich dein neues Spielzeug ausprobieren.«
    Ich wurde etwas nervös, aber ich fühlte mich auch erleichtert, denn das gab mir die Gelegenheit, für kurze Zeit von den Jungs wegzukommen. Der Abend fing zwar gerade erst an, aber ich war schon ziemlich von der Rolle.
    »Kommst du mit?«, fragte ich sie.
    Gwyn gab Dylan einen Kuss, der einem Matrosen für ein ganzes Jahr auf See ausgereicht hätte, und begleitete mich zum anderen Ende der Bar. Ich atmete tief durch und bestellte eine Runde bei einer rothaarigen Frau, die aussah, als könne sie nichts mehr im Leben aus der Fassung bringen. Zu meiner Enttäuschung fragte sie gar nicht nach einem Ausweis. Ich war kurz davor, ihr das geniale Stück Plastik trotzdem hinzuhalten, doch Gwyn schlug mir auf die Finger.
    »Zeig ihn ihr bloß nicht!«, flüsterte sie. »Dann wäre doch sofort klar, dass er gefälscht ist.«
    Ich fing bereits an, mich zu fragen, wann ich den Ausweis denn jemals benutzen würde, aber Gwyn war schon wieder woanders.
    »Also, wie geht's?«, fragte sie aufgeregt, als unsere Drinks nacheinander vor uns auftauchten.
    »Ganz gut«, sagte ich.
    »Keine Bange. Das wird alles wunderbar laufen,

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