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Karma Girl

Titel: Karma Girl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanuja Desai Hidier
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zurück.
    »Oh, das weiß ich. Sie haben nicht nur einfach Sex: Sie haben kamasutrische Erlebnisse, regelrechte übersinnliche Erfahrungen, sie sehen praktisch Gott dabei. Und weißt du, was ich glaube?«
    Ich schüttelte den Kopf, erst von einer Seite zur anderen, dann vor und zurück, komplett unsicher.
    »Ich glaube, dass ihr damit in Indien schon geboren werdet.«
    »Ich wurde aber in den USA geboren«, gab ich zu bedenken.
    »Das spielt keine Rolle. Das ist 'ne genetische Sache. Es ist in eurer DNA: Ihr wisst ganz einfach, wie man einen Mann verwöhnt.«
    Er starrte mir in die Augen.
    »Und jetzt kannst du mir ein paar schöne, rhythmische Bewegungen zeigen, meine kleine indische Liebesgöttin«, flüsterte er.
    In diesem Moment gingen die Lichter an.
    Und ich zeigte ihm, wie schön – und schnell – ich mich bewegen konnte. Als ich aus dem Saal raus war, stolperte ich über meine Pumps und landete im Gang. Mein Blick hielt überhaupt nichts mehr fest, alles war wackelig wie bei einer zu Boden fallenden Kamera. Irgendwie schien der ganze Raum schief zu sein, nichts passte mehr, und ich lag dort auf dem Teppich inmitten ziemlich seltsamer weißer und gelber Wolken. Ich war kurz davor zu lachen, aber es war kein angenehmes Gefühl. Ich versprach mir, dass ich nie wieder etwas trinken würde.
    »Mensch, Dimple, alles okay mit dir?«
    Ein Sandalenpaar stand nur wenige Zentimeter von meinem Gesicht entfernt, dann setzten zwei Knie auf dem Boden auf, und Gwyns Gesicht erschien wie ein freundlicher Mond vor mir. Der Mond blickte auf die Flasche, die neben mir lag.
    »Verdammt, wie viel hast du denn getrunken?«
    Der Mond wandte sich um und wurde zum Halbmond.
    »Ihr habt ihr tatsächlich den ganzen Bacardi gegeben? Also wirklich, sie hat doch überhaupt keine Erfahrung mit dem Zeug!«
    Nun kamen gedämpfte, verlegene Geräusche aus der Richtung der beiden Satelliten, die etwas weiter weg ihre Bahnen drehten und im schwarzen Loch zu verschwinden drohten.
    »Sollen wir dich zur Toilette bringen? Dimple, komm schon – halt dich an mir fest und dann geht's hoch.«
    Mittlerweile schienen nur noch die Popcorn-Verkäufer in der Nähe zu sein und selbst die waren noch einige Meter entfernt. Ich sah meinen Beinen dabei zu, wie sie sich langsam wie bei einer Puppe aufrichteten, dann stand ich. Die Jungs hielten sich schön im Hintergrund.
    »Komm, beweg dich. Tu so, als wär alles normal, nur für die Popcorn-Typen. Wir sind schon fast da.«
    »Hallo, ihr Popkörnchen«, rief ich, winkte eifrig und fiel sofort wieder der Nase lang hin. Meine Augen waren so dicht vorm Teppich, dass sich das Muster drehte.
    Aber schon stand ich wieder, und wir liefen eine Treppe hoch, was dazu führte, dass die Nachos noch weiter nach oben stiegen, aber zugleich das Schwindelgefühl ein wenig unterdrückt wurde – also nahm, immer wenn wir anhielten, die Übelkeit ab und der Schwindel zu.
    »Lauf weiter, Dimps, du schaffst es!«
    Gwyn führte mich an einer langen Schlange von lauter Frauen vorbei, die von einem Bein aufs andere traten, und durch eine Tür hindurch, vor der sich kein menschliches Hindernis befand.
    Da standen wir also in der Toilette – und es schien das reinste Paradies zu sein, sauber und leer, wie sie war. Gwyn lenkte mich in eine Kabine, wo ich ohne Umschweife auf die Knie sank.
    »Ich fühl mich gar nicht gut, Gwynnie.«
    »Ach, wirklich?«, sagte sie. »Das liegt an all diesem Zeug – man sollte nie Nachos und Rum mixen.«
    »Ich ess nie wieder Nachos«, schwor ich.
    »Nun übergib dich einfach, und lass uns hier raus, bevor irgendein Typ auftaucht.«
    Sie stand hinter mir, hielt meinen Kopf und raffte meine Haare zu einem Dutt zusammen. Ich blickte in die weiße Porzellanschüssel, geradewegs ins Wasser hinein, und spürte, wie alles meinem Rachen näher kam. In meinem Kopf hämmerte es mittlerweile wie wild.
    »Komm, Dimps. Denk einfach an irgendwas, was dich anwidert – zum Beispiel an den Popel, den Mr Wither spoon die ganze Zeit während Erdkunde in der Nase hatte, oder an Durchfall oder, keine Ahnung, wie es wäre, Jimmy Singh zu küssen oder so. Oder an Sportlehrer. Denk einfach an Sportlehrer.«
    Oh, das war gut! Das war genau das Richtige! Die ganze Nacho-Soße hatte noch einmal ihren Auftritt, und noch einmal, und noch einmal.
    »Meine Güte, Gwyn«, sagte ich und schluchzte erleichtert. »Was würde ich bloß ohne dich machen?«
    »Du wirst nie ohne mich sein«, sagte sie.

6. KAPITE L
Das Haus des ewigen

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