Karneval der Alligatoren
Sprüngen hatte er die Bombe erreicht und stieß sie mit dem
Fuß hinten in den Fluß. Als sie aufklatschte, jubelten die Matrosen laut auf.
Strangman atmete tief, knöpfte seine Jacke zu und nahm eine Pistole aus dem
Schulterhalfter. Er lächelte. Dann feuerte er seine Gefolgsleute zu noch
lauterem Schreien an und rannte Bodkin nach, der sich gerade mühselig seinen
Weg zur Teststation bahnte.
Kerans hörte wie betäubt die letzten
Schüsse und erinnerte sich plötzlich an Bodkins Warnung. Daß er, wenn sein Plan
gelungen wäre, ihn und Beatrice gemeinsam mit Strangman und dessen Leuten
umgebracht hätte, nahm er ihm nicht übel. Langsam wanderte er zum Platz zurück.
Beatrice saß noch auf ihrem Kissenberg, der Alligatorkopf lag auf dem Boden vor
ihr. Als er sich ihr näherte, hörte er, wie die Schritte hinter ihm bedrohlich
langsam wurden – das Pack war merkwürdig still.
Er drehte sich abrupt um und sah eben
Strangman vorpreschen, ein böses Grinsen um seine Lippen. Der Große Cäsar und
der Admiral waren neben ihm, statt der Gewehre hatten sie ihre Macheten in der
Hand. Die übrige Mannschaft bildete einen losen Halbkreis, alle mit lauernden
Mienen, offenbar hocherfreut, daß der stolze Medizinmann des Rivalenstammes
jetzt seine verdiente Strafe bekommen sollte.
»Ziemlich blöd von Bodkin, finden Sie
nicht? Und auch gefährlich. Beinahe wären wir alle ertrunken.« Strangman blieb
einige Meter vor Kerans stehen und sah ihn böse an. »Sie kannten ihn doch recht
gut – haben Sie denn nichts geahnt? Ich weiß nicht, ob ich noch weitere Risiken
mit verrückten Biologen eingehen kann.«
Eben wollte er dem Großen Cäsar ein
Zeichen geben, da sprang Beatrice auf und lief zu ihm. »Strangman, um Himmels
willen. Einer genügt doch wohl. Hören Sie auf, wir tun Ihnen nichts! Da, das
können Sie alles wiederhaben.«
Sie löste die zahllosen Ketten von
ihrem Hals, riß die Tiaren aus den Haaren und warf alles Strangman zu Füßen.
Strangman schnaubte vor Zorn und stieß alles in die Gosse, Cäsar ging mit
geschwungener Machete an ihr vorbei auf Kerans zu.
»Strangman!« Sie warf sich ihm
entgegen, stolperte und zog ihn beinahe an seinem Revers zu Boden. »Sie weißer
Teufel Sie, können Sie uns denn nicht in Frieden lassen?«
Strangman wehrte sie ab, wild blickte
er die verzweifelte Frau zu seinen Füßen an und wollte eben Cäsar winken,
weiterzumachen, als seine rechte Wange ein Zucken durchfuhr. Er schlug mit der
Hand darauf, wollte es wegwischen wie eine Fliege und verzog seine
Gesichtsmuskeln zu einer abscheulichen Grimasse, konnte aber den Krampf nicht
beseitigen. Einen Augenblick lang sah sein Gesicht geradezu grotesk aus, als
habe er einen Kinnladenkrampf. Cäsar erkannte die Unentschlossenheit seines
Herrn und hielt inne, Kerans nützte die Gelegenheit und floh in den Schatten
des Schiffes.
»Schon gut. Meine Güte, so ein ...!«
knurrte Strangman vor sich hin und strich seine Jacke glatt. Er hatte
nachgegeben. Der Krampf war vorbei. Er nickte Beatrice langsam zu, als ob er
sie warnen wollte, es sei sinnlos, sich noch einmal einzumischen. Dann bellte
er Cäsar an. Die Macheten wurden beiseite geworfen, und ehe Beatrice noch
einmal protestieren konnte, hatte sich das ganze Pack auf Kerans geworfen und
verprügelte ihn unter Brüllen und Jauchzen.
Kerans versuchte auszuweichen –
zuerst war er sich nicht sicher, ob es nur als Spaß gemeint war, um die
Spannung zu lösen, die durch Bodkins Anschlag entstanden war, und um ihm eine
heilsame Lehre zu erteilen. Er entwich um Strangmans Diwan, wurde aber vom
Admiral aufgehalten, der in seinen weißen Tennischuhen hin und her sprang wie
ein Tänzer. Plötzlich sprang er nach vorne und riß Kerans die Füße vom Boden.
Kerans fiel auf den Diwan; ein Dutzend starker, brauner Arme warfen ihn hinüber
auf die Pflastersteine. Er versuchte vergeblich, sich zu befreien; zwischen den
Körper seiner Angreifer sah er Strangman und Beatrice das Schauspiel
betrachten. Dann nahm Strangman Beatrice fest beim Arm und führte sie an Deck.
Ein großes Seidenkissen wurde Kerans
vor das Gesicht gedrückt, und dann begann ein Trommelfeuer harter Fäuste auf
seinem Nacken.
12
»Das Schädelfest!«
Strangman schwenkte den Kelch hoch in
die Luft, der gelbliche Inhalt ergoß sich über seinen Anzug; mit einem
jauchzenden Schrei sprang er schwungvoll vom Brunnenrand herunter, als der
Karren über das Pflaster geholpert kam. Sechs schwitzende Matrosen mit
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