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Karneval der Alligatoren

Karneval der Alligatoren

Titel: Karneval der Alligatoren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James G. Ballard
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nackten
Oberkörpern zogen ihn, sie rannten gebückt zwischen den Deichseln einher, der
Wagen ratterte und krachte durch die aufglühenden Holzkohlen der Lagerfeuer,
helfende Hände schoben ihn noch schneller weiter, und schließlich stieß er zu
einem letzten immer schneller werdenden Crescendo der Trommeln an den Rand des
Podiums und kippte seine weiße, glänzende Fracht auf die Bohlen, Kerans zu
Füßen. Sofort bildete sich ein Chor um ihn, die Hände klatschten wie wild,
Zähne blitzten auf, Mäuler schnappten nach Luft, Hüften wackelten und Absätze
stampften. Der Admiral bahnte sich einen Weg durch die wirbelnden Körper; Cäsar
trug schlurfend einen Dreizack mit einem riesigen Ballen roter Algen in der
Hand auf das Podium und warf die Ladung mit Schwung tropfnaß über den Thron.
    Kerans kippte hilflos vornüber, als
die süßlich-scharf riechende Last ihm über Kopf und Schultern rieselte. Auf den
vergoldeten Armlehnen des Thrones spiegelte sich das Flackern der Feuer.
Trommelwirbel umgab ihn und übertönte fast den Pulsschlag, der immer noch in
seinem Inneren dröhnte. Er ließ sich mit dem ganzen Körpergewicht in die
blutverschmierten Fesseln an seinen Handgelenken sinken – der Schmerz war ihm
gleichgültig geworden, immer wieder fiel er in Ohnmacht. Zu seinen Füßen, vor
dem Thron, gleißten die elfenbeinweißen Knochenteile. Zarte Schenkel- und
Schienbeinknochen, Schulterblätter wie abgenutzte Maurerkellen, ein Netzwerk
von Rippen und Wirbelstücken, mitten darunter zwei hin und her rollende Totenköpfe.
Das Licht spielte auf ihren kahlen Schädelplatten und verfing sich in den
leeren Augenhöhlen; jede der Statuen, die einen Korridor zum Thron bildeten,
trug eine Schale mit Petroleum, aus der die Flammen wild emporzüngelten. Die
Tänzer hatten sich zu einer langen, welligen Linie formiert, Strangman an der
Spitze, und schlängelten sich vor und hinter den Marmornymphen durch, die
Trommler drehten sich auf ihren Sitzen vor den Lagerfeuern und sahen dem Zug
nach.
    Kerans sank in einem Augenblick
relativer Ruhe gegen die samtene Rücklehne – die Tänzer bildeten jetzt einen
Kreis um den Platz. Er zog automatisch an seinen Handschellen. Die Algen hingen
ihm über Hals und Schultern, sie fielen von der Blechkrone, die ihm Strangman
auf die Stirn gequetscht hatte, bis über die Augen hinunter. Das Zeug war schon
fast ausgetrocknet und stank widerlich. Seine Jackenärmel waren von dem
klebrigen Faserwerk fast ganz bedeckt. Am Rande des Podiums lag vor den Knochen
und Rumflaschen noch mehr davon, und ein Gewirr von Muscheln und zerrissenen
Seesternen, mit denen sie ihn beworfen hatten, ehe sie das Mausoleum
entdeckten.
    Ein paar Meter hinter ihm erhob sich
der dunkle Rumpf des Schiffes; auf Deck brannten noch ein paar Lichter. Die
Festlichkeiten dauerten schon zwei Tage, Stunde um Stunde steigerte sich das
Tempo, Strangman wollte seine Leute offenbar zur völligen Erschöpfung bringen.
Kerans träumte vor sich hin, dank des Rums, den man ihm in die Kehle gegossen
hatte, spürte er die Schmerzen nicht so stark – eine leichte Gehirnerschütterung
ließ die Umgebung verschwommen erscheinen, er sah alles in einem Nebel von
Blut.
    Daß seine Handgelenke völlig
aufgescheuert und sein ganzer Körper zerstochen und wund war, wurde ihm kaum
bewußt; geduldig saß er da, spielte in stoischer Ruhe die ihm aufgezwungene
Rolle des Neptun und nahm den Abfall auf sich, mit dem die Mannschaft all ihre
Angst und ihren Haß auf das Meer ablud. In dieser Rolle, beziehungsweise ihrer
Parodie, lag letzten Endes seine einzige Sicherheit. Strangman schien aus
irgendeinem Grund davor zurückzuschrecken, ihn zu töten; die Mannschaft traute
sich daher auch nicht und kaschierte ihre Beleidigungen und Quälereien immer
durch groteske Scherze. Die Männer versuchten sich vor bösen Folgen ihrer Taten
zu schützen, indem sie zum Beispiel beim Bewerfen mit Algen so taten, als
opferten sie einem Idol.
    Die Tänzerschlange kehrte zurück,
singend gruppierten sich die Männer um Kerans. Strangman löste sich aus der
Mitte – offensichtlich wollte er Kerans nicht zu nahe kommen, hatte vielleicht
Angst, der Anblick seines geschundenen Körpers werde ihm das wahre Ausmaß
dieses Scherzes vor Augen führen; statt seiner trat Cäsar vor – sein Gesicht
erinnerte an ein Nilpferd. Er bewegte sich steif im Rhythmus der Trommeln, nahm
einen Schädel und einen Schenkelknochen aus dem Gewirr vor dem Thron und schlug
Kerans damit einen

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