Karneval der Lust: Erotischer Roman (German Edition)
Häusermeer vor ihnen.
Ihr Schiff wurde erkannt, und Hafenarbeiter sorgten dafür, dass sie noch einen Platz am Kai fanden; zwei kleinere Schiffe mussten dafür weichen. Völlig außer Atem kamen ein Selâm Aðasi, jemand, der Würdenträgern und ausländischen Gästen Grüße überbrachte, an Bord. Er sah aus, als wäre er gerade von einem Gelage fortgeholt worden.
»Ich grüße die Besucher aus Venedig und heiße Euch herzlich willkommen«, sagte er auf Griechisch. »Sultan Bayezid ist es eine Freude.«
Es war klar, dass er sich verzweifelt fragte, was das überraschende Auftauchen eines venezianischen Gesandten zu bedeuten habe. Es war nicht klug, diesen Mann zu verärgern, deshalb versicherte Amadeo ihm ohne weitere Umschweife die feste Freundschaft Venedigs und dass er nicht im Auftrag des Dogen, sondern in privater Mission hergekommen sei. Der Selâm Aðasi atmete auf. Amadeo fragte nach der Madonna di Tempesta und ob sie einen fremden Jungen an Bord gehabt und in Istanbul gelassen habe. Davon wusste der Grußüberbringer nichts, versprach aber, dass sich der Hafenverwalter dieser Sache annehme. Nachdem dies alles geklärt war, marschierte der Selâm Aðasi mit seinem umfangreichen Gefolge von Bord.
»Versprecht Euch nichts von der Hilfe dieses Mannes.« Der Kapitän trat zu ihnen und schaute gemeinsam mit ihnen zu, wie die schillernde Gestalt sich entfernte. »In Istanbul wird viel versprochen und wenig gehalten.«
»Ich kenne mich aus in der Stadt, die Bragadins betreiben Handel mit dem osmanischen Reich.«
»Dann bleibt mir nur, Euch bei Eurer Suche viel Glück zu wünschen. Ich kehre zurück nach Venedig.«
Das hatte Amadeo erwartet, schließlich hatte er die Undine so gut wie gekapert. Er musste dankbar dafür sein, dass sie hier waren, genauso gut hätten er und Amadeo auch im Kerker des Dogen landen können. Er nickte, Dankbarkeit verspürte er nicht, dazu war seine Sorge um Giuliana zu groß. Außerdem hatte er das Unverständnis in der Stimme des Kapitäns gehört, der Mann verstand nicht, warum ein Patrizier Venedigs so viel auf sich nahm, um den Sohn eines Handwerkers zu finden.
Er und Bernardo holten die schmalen Bündel, Hemden, Hosen, Umhänge, die ein venezianischer Patrizier brauchte, um im Ausland würdevoll aufzutreten. Sie hatten sich in La Valetta mit allem Notwendigen eingedeckt.
»Was machen wir jetzt?«, fragte Bernardo, als sie an Land standen.
»Wir erkundigen uns nach der Madonna di Tempesta, und dann sehen wir weiter.«
»Wir suchen uns eine Unterkunft und ziehen durch die Tavernen. Da werden wir am ehesten etwas erfahren.«
Bernardo war noch nie im Osmanischen Reich gewesen, das merkte man. Amadeo konnte nicht anders, er musste grinsen.
»Wir sind im Osmanischen Reich, es gibt hier keine Tavernen.«
»Was macht man dann den ganzen Tag?«
Amadeo zuckte mit den Achseln. »Sie trinken Tee und spielen Schach oder studieren ihr heiliges Buch.«
»Pfui Teufel, sie sollen sich lieber an Wein halten.« Bernardo schüttelte sich.
»Ihr Gott verbietet ihnen den Genuss alkoholischer Getränke.«
»Arme Hunde.«
»Hunde sind in ihren Augen unreine Tiere, es ist eine schlimme Beleidigung, sie so zu nennen. Schweine sind noch unreiner als Hunde, sie essen ihr Fleisch nicht. Am besten, du achtest darauf, was ich tue, damit wir nicht in Schwierigkeiten geraten.«
»Wir finden Giuliana, schnappen sie uns und verschwinden mit dem ersten Schiff wieder. Das wird das Beste sein.« Bernardo sah sich mit kritisch zusammengekniffenen Augen um.
Amadeo war in diesem Punkt mit seinem Freund einer Meinung. Sie suchten den Hafenverwalter auf, einen fetten Mann mit hoher Stimme, der auf einem seiner Körperfülle angepassten Stuhl thronte und Tee schlürfte, während er einem Vorleser lauschte. Amadeo verstand kein Osmanisch, aber die sorgfältig modulierende Stimme des Lesenden schien keine Ladelisten zu rezitieren, er tippte auf Gedichte.
Die beiden Venezianer verneigten sich – tief. Diese Unterwürfigkeit gefiel Amadeo nicht, aber bei den Osmanen waren solche Gesten üblich. Was sie wissen wollten, erfuhren sie nicht vom Verwalter, sondern von einem seiner Bediensteten in einem Nachbarraum. Dort türmten sich Folianten und Aktenberge in Schränken und auf Tischen.
»Die Madonna di Tempesta war hier. Sie ist vor vier Tagen angekommen und vor drei Tagen wieder ausgelaufen.« Der Mann hatte eine seiner Listen konsultiert. »Sie haben ihren Zoll bezahlt, mehr kann ich Euch nicht
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