Karneval der Lust: Erotischer Roman (German Edition)
sagen.«
Das war wenig mehr als nichts. Istanbul war eine Stadt wie Venedig, in ihr konnte man sich sein ganzes Leben lang verstecken.
»Haben sie jemanden von Bord der Madonna di Tempesta gebracht und in der Stadt gelassen?«, fragte Amadeo dennoch.
»Davon steht hier nichts.«
»Gibt es jemanden, der das wissen kann?«
»Das steht hier nicht.« Der Bedienstete schaute von seiner Liste hoch, zog die Stirn in Falten.
Amadeo legte eine Münze auf den Tisch, und sofort hellte sich die Miene des Osmanen auf, während er weiterhin so tat, als überlege er angestrengt. Eine weitere Münze half seinem Gedächtnis noch mehr auf die Sprünge.
»Ich habe gesehen, wie Aristides, der zweite Mann auf der Madonna di Tempesta, von Bord gegangen ist. In seiner Begleitung befand sich noch jemand. Sie haben eine Kutsche in die Stadt genommen. Zurückgekommen ist Aristides allein.«
Die Münzen waren so schnell vom Tisch verschwunden, Amadeo hätte nicht zu sagen vermocht, wo der Mann sie hingesteckt hatte.
»Weißt du, wohin sie gegangen sind?«
»In Venedig müssen Fremde vielleicht über jeden Schritt bei den Ämtern Rechenschaft ablegen, in Istanbul ist das nicht so.«
Das wäre zu schön gewesen. Trotzdem legte Amadeo einen weiteren Dukaten auf den Tisch, ihm kam es darauf an, sich den Mann gewogen zu machen. Man konnte nie wissen, welchen Verbündeten sie in dieser Stadt noch benötigten.
»Wo fangen wir mit der Suche an, wenn es keine Tavernen gibt?«, fragte Bernardo, als sie wieder auf dem Kai standen.
»Wir gehen in die Teestuben. Du wirst dich schneller an osmanische Bräuche gewöhnen, als du dir vorstellen kannst.«
»An Tee und heilige Bücher.«
»Und wir halten Augen und Ohren offen.«
Aus dem Serail der Sklavinnen hatte Mimi sie in einen weiteren Innenhof gebracht. Giuliana fragte sich, wie groß und verschachtelt das Haus war und wie viele Innenhöfe es noch gab? Wie die anderen war auch dieser von Arkaden umgeben, mit Marmor ausgelegt, und in der Mitte sprudelte wieder der übliche Brunnen. Diesmal wurde er von Löwen getragen und hatte ein schönes Mosaik auf dem Boden. Sie sah auf den ersten Blick, dass es eine vorzügliche Arbeit war, aber wegen des Motivs musste sie blinzeln. In der Mitte waren zwei junge und nackte Frauen in eindeutiger Pose abgebildet, um sie herum waren Tierpaare angeordnet, ebenfalls in eindeutigen Posen. Sie schluckte, so etwas hatte sie nicht erwartet. Sie wollte sich auf den Brunnenrand setzen und die Qualität der Arbeit genauer betrachten. Mimi riss sie zurück.
»Das dürfen wir nicht.«
»Ich wollte nur das Mosaik betrachten. Mein Vater legt sie, ich verstehe etwas davon.«
»Wir müssen dort warten.« Mimi zog sie unter die Arkaden in eine Ecke des Hofes.
»Sklavendasein«, sagte Giuliana bitter.
»Wir dürfen uns hinsetzen.«
Sie mussten nicht lange warten, bis ein großer Mann in golddurchwirkten Gewändern den Hof betrat. Er ging an der Spitze einer kleinen Schar Diener, sie trugen Kissen, Kannen mit einem dampfenden Getränk, die üblichen Knabbereien oder eine wichtige Miene. Ein Baldachin wurde entfaltet, die Kissen auf den Marmorboden gelegt, und der Reichgewandete ließ sich darauf nieder. Er zeigte ihnen sein Profil, das beherrscht wurde von einer gebogenen Nase, sein ölglänzendes schwarzes Haar war schulterlang und in sorgfältigen Locken arrangiert.
»Das ist Basin Farhaad«, flüsterte Mimi ihr zu. »Er will dich sehen.«
Das erklärte, warum sie heute Morgen ein enger anliegendes, besticktes Gewand hatte anziehen müssen, nachdem Sulana zuvor ihre Haut eingeölt hatte.
»Es passiert nicht jedem Mädchen, dass er es kennenlernen will. Die meisten Geschäfte überlässt er dem Aufseher über unseren Serail.«
Ob das ein Glück oder Pech war, ließ sich Mimis Worten nicht entnehmen. Der Herr dieses verschachtelten Hauses klatschte in die Hände, aus der Schar seiner Diener trat einer mit einem Musikinstrument vor. Er verneigte sich, und gleich darauf erfüllte eine leise, schmeichelnde Melodie den Hof.
»Das gefällt mir«, wisperte Giuliana.
»Du sprichst nicht, nur wenn jemand das Wort an dich richtet. Tu nichts, was unseren Herrn verärgern könnte.«
Sie lauschten der Musik, bis Mimi sie anstieß. »Er hat uns gewunken.«
Giuliana hatte nichts gesehen, aber sie folgte der blonden Augsburgerin in die Mitte des sonnenbeschienenen Hofes. Mimi stellte sich hinter sie. Mit trägen Blicken musterte Basin Farhaad sie, seine müden Augen
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