Karneval der Lust: Erotischer Roman (German Edition)
Weise dienen?«
»Nichts von alledem. Du wirst dich im Frauenbereich aufhalten, deine Haut und dein Haar pflegen.« Sie ergriff Giulianas Hand, prüfte die Haut. »Rau. Was hast du damit gemacht? Bäder in Eselsmilch werden helfen. Dein Haar fühlt sich eher wie Stroh an und nicht wie gesponnenes Kupfer. Da kommt einiges auf uns zu, bis du so weit bist.«
Giuliana war zunächst erleichtert, dass sie nicht das Bett eines unbekannten Herrn wärmen sollte, um gänzlich zu verstehen, was Mimi gesagt hatte. Erst allmählich sickerte es in ihren Geist ein. »Was meinst du damit: Bis ich so weit bin?«
»Basin Farhaad kauft niemanden zu seinem Vergnügen. Er ist Sklavenhändler und lebt davon, uns mit Gewinn zu verkaufen. Richtig zurechtgemacht bist du ein Gewinn für jeden Harem eines reichen und mächtigen Osmanen. Unter deiner Schale steckt ein sehenswerter Kern, das habe ich auf den ersten Blick erkannt.«
»Wie viele Frauen sind hier?«
»Oh, im Moment nicht viele, nur sechs oder sieben, alles ausgesuchte Schönheiten.«
»Wo sind sie alle?«
»Sie schlafen. Der Aufseher über unsere Gemächer erlaubt nicht, dass wir die halbe oder ganze Nacht plaudernd im Aufenthaltsraum hocken. Das zerstört unsere Schönheit, sagt er.«
»Was ist mit dir? Bist du auch eine …?«
Mimi lachte. Ihre gute Laune schenkte Giuliana ein wenig Mut. So schlecht konnte das Leben in diesem Haus nicht sein, wenn Mimi derart fröhlich war.
»Natürlich. Nur warte ich nicht mehr auf meinen Verkauf. Mein blondes Haar ist begehrt in Istanbul, nur leider bin ich flach wie ein Brett.« Sie klopfte sich auf die Brust. »Das gefällt in dieser Stadt nicht. Basin Farhaad hat nur auf mein Haar geschielt und das zu spät bemerkt. Nun helfe ich Mädchen wie dir, sich zurechtzufinden. Das gefällt mir, und Basin Farhaad bringt es auch Vorteile.«
Mimi gähnte unverhohlen und zeigte zwei Reihen ebenmäßiger, weißer Zähne. Was sie gesagt hatte, war gut und schön, aber Giuliana wäre nicht lange genug hier, um dieses Schicksal am eigenen Leib zu erfahren. Bei der erstbesten Gelegenheit würde sie diesem Haus den Rücken kehren. Im Moment fühlte sie sich jedoch müde und wollte nicht weiter in die blonde Augsburgerin dringen. Sie ließ sich in die Kammer bringen, die sie gemeinsam mit Mimi bewohnen sollte. Das Bett war weich und bequem, und Giuliana war eingeschlafen, noch bevor ihr Kopf die Kissen berührte.
Rufe, sehr dumpf klingende Rufe, ließen sie viel zu früh aus dem Schlaf hochschrecken. Durch das vergitterte Fenster fiel noch kein Licht, und Mimi schlief weiter. Die Rufe schienen überall in der Stadt zu ertönen. Giuliana lauschte, und instinktiv wusste sie, dass es etwas mit dem fremden Glauben der Osmanen zu tun hatte – wie das Läuten der Kirchenglocken in den Ländern der Christenheit. Einschlafen konnte sie danach nicht mehr. Sie wälzte sich von einer Seite auf die andere; das Bett war ungewohnt weich und die Decken zu dick. Ihr Leben als Sklavin, sie konnte sich nicht vorstellen, was das wirklich bedeuten mochte.
Nach Mimis Erklärungen war es ein bequemes Leben, in dem man nichts anderes zu tun hatte, als sich um seinen Körper und sein Aussehen zu kümmern. Auf die blonde Augsburgerin mochte das zutreffen, aber bestimmt gab es auch ganz andere Schicksale. Amadeo, wo bist du in diesem Augenblick? Hast du mich vergessen? Bei diesem Gedanken kamen die Tränen. Nach einer Sklavin krähte in Istanbul kein Hahn, sie verschwand in dieser riesigen Stadt auf Nimmerwiedersehen. Keine Chance, sie je zu finden. Ich werde dich nie vergessen, Amadeo Bragadin. Sie biss sich auf die Handknöchel, um nicht laut zu schluchzen.
Auf einmal beugte sich Mimi über sie, nahm ihre Hand und zog sie von Giulianas Mund weg. »Du weinst. Warum?«
Das war eine Frage! Mit der anderen Hand wischte sie sich die Tränen ab und setzte sich auf. »Willst du es wirklich wissen? Ich bin hier, allein, weit fort von Venedig und meinem Vater. Mein Leben wird nie wieder so sein, wie ich es kannte. Ich habe mit meinem Vater zusammengearbeitet, er ist Mosaikleger, deshalb sind meine Hände so rau. Wir haben zusammen entschieden, was wir arbeiten, wo wir arbeiten, jetzt bin ich nichts als eine – Sache.«
»Schätzchen!« Mimi legte ihr einen Arm um die Schultern, drückte sie an sich. »Basin Farhaad ist niemand, der Sklaven an kleine Händler oder sonst wen verkauft. Dein Preis wird hoch sein, und du wirst deswegen nicht in der Spülküche landen oder
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