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Karneval der Toten

Titel: Karneval der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Grimes
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denn überhaupt Schnee?«
    »Manchmal kriegen wir ganz viel.«
    Daran hatte Melrose nun doch seine Zweifel. Im Garten hinten sah er zwei Gestalten, einen Mann und eine Frau, mit Pflanzen oder Hacken beschäftigt oder was auch immer man tat in jener Welt, auf die er sich eigentlich lieber doch nicht einlassen wollte. Von seinen Erfahrungen als (so genannter) Hilfsgärtner in Tyndale Lodge war außer dem Befüllen und Ausleeren von Schubkarren mit Erdreich offenbar nichts hängen geblieben.
    »Das sind die Macmillans. Sie und ihr Vater. Die haben ein großes Gartengeschäft in der Nähe von Launceston. Und hier ist das Cottage.«
    Vom Architektonischen her besaß das Cottage keinerlei Ähnlichkeit mit dem Haupthaus. Es war aus Stein und behauenem Flint im Schachbrettmuster gebaut und hatte ein Reetdach und sogar ein reetgedecktes Vordach über einer breiten, von zwei schmalen Säulen flankierten Treppe. Rings herum verlief eine Hecke, deren Äste in einem kunstvoll in Form geschnittenen Bogen über den Kiesweg hingen. Mit den zwei Räumen, einem oben und einem unten, war es das putzigste Häuschen, das Melrose je gesehen hatte. Putzig ging es auch drinnen weiter mit den blau und rosa gemusterten Hortensienvorhängen und dem Sofa mit zwei passenden Ohrensesseln, die mit einem Cretonnestoff voller Stiefmütterchen, Rosen und Lilien bezogen waren – ein regelrechter Blumengarten an Mobiliar.
    Kein Wunder, dass es Lulu gefiel. »Hier werde ich eines Tages wohnen. Wie lang bleiben Sie denn?«
    »Fünf bis zehn Minuten, dann haue ich ab und überlasse es dir.«
    »Die Küche ist hier drüben. Kommen Sie!«, befahl sie. Melrose wurde nicht gestattet, länger zu verweilen. »Sehen Sie, da ist alles, was Sie brauchen, zum Beispiel ein Teekessel.« Sie deutete auf das Sammelsurium von ungleichen, aber sehr bunten Geschirrteilen auf den offenen Regalen, Töpfe und Pfannen und verschiedene Gerätschaften. Es war klein, aber sicher groß genug für die ein bis (höchstens) zwei Personen, die das Cottage bewohnen würden.
    »Du solltest Besichtigungstouren führen. Blenheim Palace wäre das Richtige für dich.«
    »Ob ein Palast mir gefallen würde, weiß ich nicht.« Sie hatte die Angewohnheit, sich beim Nachdenken eine Haarsträhne um den Finger zu wickeln, ein erfolgloses Unterfangen, da ihr dunkles Haar vollkommen glatt war.
    »Da werden die Churchills aber untröstlich sein, wenn sie das erfahren. Also, wenn du mich jetzt entschuldigst, dann richte ich mich ein...«
    »Okay.« Und flinker als ein Kaninchen war sie aus der Cottagetür.
    Hier war eine, die sich schnell entschloss und sofort danach handelte.
    Als ersten Programmpunkt, beschloss Melrose, würde er nach oben gehen und ein Nickerchen halten.

17
    »Sie sollen auf einen Drink rüberkommen.« Lulu fing Melrose an der Cottagetür ab, als er gerade überlegte, ob er vielleicht etwas essen sollte. Vom Schlafen bekam er immer Hunger.
    »Ach ja?« Er sah auf die Uhr und stellte überrascht fest, dass es fünf war. »Heißt das, auf ein Teestündchen mit dir und anderen, nicht näher benannten Personen?«
    Sie blinzelte nachdenklich, als müsste sie die Entscheidung treffen. »Mr. Scott meinte, Sie mögen vielleicht gern einen Whiskey.«
    »Da hat Mr. Scott aber ins Schwarze getroffen. Demnach ist er zu Hause?«
    Sie nickte. »Ich soll’s Ihnen sagen und Sie gleich hinbringen.«
    »Gut. Warte, ich hole mir nur kurz meine Jacke, dann gehen wir.«
    Währenddessen hüpfte sie in dieser von Kindern offenbar bevorzugten, energieverschwendenden Art von einem Fuß auf den anderen. Auf dem Kiesweg hinter ihr hertrottend, sagte er: »Ich heiße übrigens Melrose Plant.«
    Sie drehte sich um und ging rückwärts, um mit ihm reden zu können. »Eigentlich heiße ich Louise, aber der Name gefällt mir nicht. Ich will, dass man mich Lulu nennt.«
    »Ich bin von meinem auch nicht so begeistert. Ich will aber nicht, dass man mich Lulu nennt.«
    »Sie können doch Ihren zweiten Vornamen nehmen.«
    »Ich habe aber keinen.«
    »Ach so.« Das Interesse an seinem Namen war plötzlich wie weggeblasen und das Interesse an ihm vermutlich auch. Wie beim Himmel-und-Hölle-Spiel hüpfte sie nun den etwas breiteren Fußweg hinauf zur Terrasse und zum Haus.
    Zuzusehen, wie sie sich verausgabte, machte Melrose ganz erschöpft. Trostsuchend blickte er sich im wild wuchernden Blattwerk um. Trost? Wieso brauchte er den? Offenbar schon, denn sonst wäre ihm der Gedanke ja nicht in den Sinn gekommen. Zwar

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