Karparthianer 01 Mein dunkler Prinz
brennendes Zuhause. Sie konzentrierte sich ganz auf die Tür. Unendlich langsam begannen sich die Türflügel knarrend und quietschend zu bewegen. Mikhail vereinte seine Kräfte mit ihren. Als der Eingang zum Keller offen vor ihnen lag, sank Raven Halt suchend in Mikhails Arme. Sie hielten einander fest, während Rauchwolken um sie herumwirbelten.
Schutt und Stücke der Dachbalken prasselten auf die Decke über ihnen. Das Feuer griff wie ein lebendiges, alles verschlingendes Ungeheuer um sich. Raven nahm Mikhails Hand und spürte den festen Griff seiner Finger. Das Dach ist schon verbrannt. Die Zimmerdecke wird dem Feuer nicht mehr lange standhalten.
Geh hinunter, Mikhail. Ich werde hier oben warten, solange ich kann. Das finstere Gewölbe unter ihr ängstigte Raven ebenso sehr wie das Feuer.
Wir gehen zusammen hinunter. Mikhails Wort war Gesetz. Raven spürte, dass er sich veränderte. Er war nicht 304
länger ihr Geliebter, sondern der Prinz der Karpatianer. Ein Feind hatte sein Haus zerstört, seinen Besitz vernichtet und das Leben seiner Gefährtin bedroht. Mikhail stieß ein leises, gefährliches Knurren aus. Der Laut ließ Ravens Herz schneller schlagen. Mit ihr ging er immer sanft und liebevoll um, doch nun erlebte sie ihn in der Ursprünglichkeit seiner Rasse.
Raven schluckte die Furcht hinunter, schloss die Augen und konzentrierte sich. Um Mikhails willen musste sie einen Weg finden, sich in das dunkle Gewölbe zu begeben. Durch die Verbindung zu Mikhail spürte sie seine Stärke. Du schaffst es, Liebste. Du bist leicht wie eine Feder, so leicht, dass du schweben kannst. Er baute das Gefühl in ihr auf. Plötzlich schien ihr Körper keinerlei Substanz mehr zu besitzen und so leicht wie Luft zu sein. Raven hielt die Augen geschlossen, selbst als sie fühlte, dass kühle Luft über ihre Haut zu streichen schien. Mikhail war bei ihr, in ihrem Geist, während ihr Körper ihr nur noch wie ein Windhauch vorkam.
Dunkelheit umgab sie, streichelte sie und trug sie hinunter auf die fruchtbare Erde. Raven öffnete die Augen. Sie war erstaunt und glücklich darüber, sich im Keller wiederzufinden. Wie eine Feder war sie durch die Luft geschwebt.
Es war ein berauschendes Gefühl, das sogar einen Augenblick lang die Furcht vor dem Feuer vertrieb. Erst hatte sie nur mit der Kraft ihres Geistes einen schweren Gegenstand bewegt, und nun war sie beinahe geflogen. Erschöpft lehnte sie sich an Mikhails Schulter. Ich kann kaum glauben, dass wir das wirklich getan haben. Wir sind einfach geschwebt. Raven vergaß die Zerstörung um sie herum und staunte über das Wunder ihrer Verwandlung.
Als Antwort zog Mikhail sie fester an sich und umfing ihre zierliche Gestalt mit seinen starken Armen. Die Freude verflog. Sie durchdrang seinen Geist ebenso wie er ihren, 305
und sie fühlte seine eiskalte, gnadenlose Entschlossenheit.
Er hatte immer ein hitziges, aufbrausendes Temperament, doch dies war um ein Vielfaches schlimmer. Mikhail, der Fürst der Karpatianer, stellte eine ebenso tödliche Gefahr dar wie einer der Vampire aus den Legenden. Seine völlige Gefühllosigkeit, sein eiserner Wille und seine kalte Entschlossenheit waren beängstigend. Er würde schnell und ohne Gnade zurückschlagen. Es würde keine Kompromisse geben. Romanov hatte sich zu Mikhails Feind gemacht und würde vernichtet werden.
Mikhail. Mitgefühl und eine sanfte Ruhe erfüllten seinen Geist. Auf diese Weise dein Haus zu verlieren und all die
Dinge, die dich so viele Jahre umgeben und erfreut haben, muss schrecklich sein. Raven schmiegte tröstend ihre Wange an seine Brust. Ich liebe dich, Mikhail. Wir werden gemeinsam ein neues Heim aufbauen. Wir beide. Dies ist eine entsetzliche Tragödie, aber wir werden dadurch nur noch stärker werden.
Mikhail ließ sein Kinn auf ihrem Kopf ruhen und sandte ihr eine Welle von Liebe und Wärme. Doch tief in seinem Innern blieb die schreckliche Kälte von ihren Worten unberührt. Nur Raven gegenüber empfand er Zärtlichkeit und Liebe, was den Rest der Welt anging, gab es nur ein Gesetz: töten oder getötet werden.
Raven versuchte es noch einmal. Trauer kann Menschen um den Verstand bringen. Rudy Romanov hat seine Eltern verloren. Sein eigener Vater hat seine Mutter brutal ermordet. Was auch immer er gefunden hat, Heß ihn glauben, dass du die Schuld an dieser Tragödie trägst. Wahrscheinlich fühlt er sich schuldig, weil sein Vater den Verstand verloren hat. Er hat dir etwas Schreckliches angetan, aber es
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