Karparthianer 01 Mein dunkler Prinz
dramatisch zu schluchzen. End-lieh konnte sie einmal froh darüber sein, dass die meisten Männer glaubten, Frauen würden in einer Krisensituation durchdrehen.
Mikhail! Jacques ist tödlich verwundet. Außerdem ist er der Sonne ausgesetzt. Raven spürte, dass der blonde Mann auf sie zukam, und drehte leicht ihr Handgelenk. Jacques war schwach; blindlings nahm er das Leben spendende Blut zu sich und hätte beinahe das Warnsignal ignoriert. Sein Blutverlust war lebensgefährlich.
Würdevoll bedeckte Raven seinen Kopf und ihre Heil-umschläge mit ihrer Strickjacke und beugte sich vor, als wollte sie ihm zum endgültigen Abschied einen Kuss geben.
Lass mich jetzt nicht im Stich, Jacques. Du musst leben, für mich, für Mikhail und für uns alle. Du darfst den Vampir nicht gewinnen lassen. Während sie ihm die flehenden Worte sandte, bemerkte Raven bereits, dass sein Herz nicht mehr schlug.
Slovensky packte sie an den Schultern und zog sie unsanft auf die Beine. Raven fühlte sich schwach und schwindlig.
»Du hast jetzt genug geheult. Wenn du mir Arger machst, töte ich den Priester. Und wenn du mich angreifst, wird der Vampir den Priester umbringen.« Er stieß sie auf den Waldpfad.
Raven hob den Kopf und betrachtete den Mann kühl.
»Dann sollte es doch wohl in Ihrem Interesse liegen, Pater 350
Hummer bei bester Gesundheit zu halten, oder nicht?« Als Slovensky sie berührt hatte, war sie in der Lage gewesen, seine Gedanken zu lesen. Er glaubte nicht wirklich daran, dass der Pater ein Werkzeug des Bösen war, sondern hatte gesehen, wie mächtig der Vampir war, und sehnte sich danach, selbst solche Kräfte verliehen zu bekommen.
James Slovensky erkannte die Verachtung und das Wissen um seine Gedanken in Ravens Blick. Ihm gefiel das Bild nicht, das sich in ihren großen blauen Augen spiegelte, und er versetzte ihr einen weiteren Stoß.
Es kostete sie alle Kraft und Entschlossenheit, sich einen Weg über den unebenen Waldboden zu bahnen. Nie zuvor hatte sie sich so schwach und kraftlos gefühlt. Sie vermochte nicht einmal, Pater Hummer zu helfen, sondern musste sich darauf konzentrieren, einen Fuß vor den anderen zu setzen.
Plötzlich sackte sie in sich zusammen und stellte schockiert fest, dass sie nicht über etwas gestolpert war. Ihre Beine hatten einfach nachgegeben. Sie sah Slovensky nicht an, sondern versuchte schnell, aus eigener Kraft aufzustehen, damit er sie nicht wieder berührte. Eine entsetzliche Kälte von innen und außen über kam sie, und Baven befürchtete, nie wieder Wärme spüren zu können.
Trink das Blut des Priesters, befahl der Vampir zornig.
Baven blinzelte und sah sich um, obwohl sie wusste, dass die Stimme in ihrem Kopf ertönte. Es war dem Vampir gelungen, über ihr Blut eine Verbindung zu ihr herzustellen, sodass er nun ihre Gedanken lesen konnte. Fahr zur Hölle. Im Augenblick musste sie sich mit dieser trotzigen Antwort zufrieden geben.
Er lachte herausfordernd. Du hast Jacques dein Blut gegeben, das hätte ich mir denken können. Er wird trotzdem nicht überleben. Ich habe schon dafür gesorgt, dass die Wunde tödlich ist.
Baven flutete ihre Gedanken mit aller Verachtung, zu der 351
sie fähig war. Doch es wurde immer schwieriger, klar zu denken, und sie war bereits unzählige Male gestolpert. Slovensky stieß sie und Pater Hummer auf den Rücksitz eines Autos und fuhr mit halsbrecherischer Geschwindigkeit den Berg hinunter. Raven lehnte sich erschöpft an die Sitzbank, erleichtert, dass die Fenster des Wagens verdunkelt waren.
Eine bleierne Schwere überkam sie.
Trink!, herrschte der Vampir sie an.
Dankbar stellte Raven fest, dass es ihr gelang, sich ihm zu widersetzen. Sie durfte nicht einschlafen, nicht bevor sie Jacques in Sicherheit wusste. Mikhail und Gregori befanden sich in einem Wettlauf mit der Sonne, während sie zur Hütte flogen. Sie würden Jacques mit sich in die heilende Erde nehmen, sobald sie die Möglichkeit dazu hatten.
Raven. Seine Stimme klang näher und erfüllte Ravens Seele mit Liebe. Du bist so schwach.
Rette Jacques. Komm in der Nacht zu mir, Mikhail.
Der Vampir kennt meine Gedanken. Er wähnt sich in Sicherheit und glaubt, dass er mich benutzen kann, um dir eine Falle zu stellen. Du musst verhindern, dass er damit Recht behält. Raven versuchte verzweifelt, die Botschaft klar und deutlich zu senden, doch ihre Gedanken erschienen ihr zäh und verschwommen.
»Raven?« Pater Hummer berührte ihre Stirn und fand sie eiskalt. Raven war so
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