Karparthianer 01 Mein dunkler Prinz
eingeschlossen. Er würde die anderen dazu anhalten müssen, ihre Gedanken besser abzuschirmen. Mikhail stieg aus dem Auto aus und versteckte sich in den nächtlichen Schatten. Seine Sinne verrieten ihm, dass er allein war. Er verwandelte sich in Nebel. In dieser Form konnte er unbemerkt durch den Spalt in Ravens ungesichertem Fenster schlüpfen. Er beobachtete, wie sie sich auf die Bettkante sinken ließ. Ihr Gesicht sah blass und angestrengt aus. Sie strich sich die Haare zurück und berührte die Wunde an ihrem Hals, als schmerzte sie. Sie brauchte einige Minuten, um ihre Schuhe auszuziehen, so groß schien die Anstrengung zu sein.
Erwartete, bis sie sich hingelegt hatte, noch immer angezogen. Du wirst schlafen . Er gab den Befehl unmissverständlich und erwartete ihren Gehorsam.
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Mikhail . Ravens Stimme hallte in seinem Kopf wider, leise, schläfrig und belustigt. Irgendwie wusste ich, dass du deinen Willen unbedingt durchsetzen musst . Doch sie kämpfte nicht dagegen an, sondern gehorchte ihm freiwillig, noch immer lächelnd.
Mikhail zog sie aus und deckte sie zu. Dann sicherte er ihre Zimmertür mit einem starken Bannzauber, der selbst die mächtigsten Angehörigen seines Volkes fern halten würde, von lächerlichen Sterblichen ganz zu schweigen. Er ver-riegelte die Fenster und wandte auch dort die Zaubersprü-
che an. Zärtlich küsste er Raven auf die Stirn und strich mit den Fingerspitzen über ihren Hals, bevor er sie verließ.
Als er sein Haus betrat, schwiegen die anderen. Celeste lächelte zaghaft und legte die Hände beschützend vor ihren Bauch. »Ist sie in Sicherheit, Mikhail?«
Er nickte kurz, war ihr jedoch seltsamerweise dankbar für ihre Besorgnis. Niemand hätte es gewagt, seine Handlungen infrage zu stellen, doch er benahm sich für seine Verhältnisse äußerst sonderbar. Mikhail hielt sich nicht mit langen Vorreden auf. »Wie konnten die Attentäter Noelle schutzlos vorfinden?«
Die Besucher blickten einander betreten an. Mikhail hatte ihnen eingebläut, sorgfältig und umsichtig für ihre Sicherheit zu sorgen, doch im Laufe der Jahre waren sie nachlässig geworden.
»Noelle hat erst vor zwei Monaten ihr Kind geboren. Sie war immer so müde«, versuchte Celeste, den Fehler zu entschuldigen.
»Und Rand? Wo war er? Wieso ließ er seine erschöpfte Frau schutzlos zurück, während sie schlief?«, fragte Mikhail mit trügerisch sanfter Stimme.
Byron, der Mann, der Raven überrascht hatte, trat unruhig 55
von einem Fuß auf den anderen. »Du weißt, dass Rand ein Schürzenjäger ist. Er brachte das Kind zu Celeste und ging auf die Jagd.«
»Und vergaß, Noelle mit dem richtigen Bannzauber zu schützen.« Mikhails Abscheu war deutlich zu hören. »Wo ist er?«
Celestes Gefährte, Eric, antwortete grimmig: »Er war wie von Sinnen, Mikhail. Nur uns allen zusammen gelang es, ihn zu beruhigen. Aber er schläft jetzt. Das Kind ist bei ihm, tief in der Erde. Dort werden sie beide Heilung finden.«
»Wir durften Noelle nicht verlieren.« Mikhail verdrängte seine Trauer. Für solche Gefühle war jetzt keine Zeit. »Eric, kannst du Rand unter Kontrolle halten?«
»Ich glaube, du solltest mit ihm reden«, antwortete Eric ehrlich. »Seine Schuldgefühle bringen ihn um den Verstand.
Beinahe hätte er sich gegen uns gewandt.«
»Vlad, wo ist Eleanor? Sie schwebt in großer Gefahr, solange sie hochschwanger ist. Wir werden sie ebenso beschützen wie Celeste«, erklärte Mikhail. »Wir dürfen keine unserer Frauen verlieren. Und die Kinder schon gar nicht.«
»Sie steht kurz vor der Niederkunft. Ich wollte nicht, dass sie die Reise antritt.« Vlad seufzte schwer. »Für den Augenblick ist sie in Sicherheit. Doch ich glaube, dass der alte Kampf wieder auflebt.«
Mikhail trommelte mit den Fingern auf dem kleinen Tisch mit dem Schachbrett. »Vielleicht ist es ein Zeichen, dass wir zum ersten Mal seit Jahrzehnten drei Frauen haben, die gleichzeitig schwanger sind. Normalerweise gibt es bei uns nur selten Nachwuchs. Wenn die Mörder auf irgendeine Weise von den Schwangerschaften erfahren haben, befürchten sie vielleicht, unsere Rasse würde sich schnell vermehren und wieder erstarken.«
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Mikhail warf dem Stärksten der Männer einen Blick zu.
»Jacques, du hast keine Gefährtin, die dich behindern wür-de.« In Mikhails Stimme lag ein leiser liebevoller Unterton, der eine Zuneigung ausdrückte, die er schon lange nicht mehr hatte empfinden können. Jacques war sein Bruder.
»Ebenso
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