Karparthianer 01 Mein dunkler Prinz
sich auf der Wiese aus. Der Effekt war unheimlich, aber auch wunderschön.
»Vor Gott und meinem Volk sind wir es.« Seine Stimme klang so gebieterisch, dass Raven gereizt die Lippen zusammenpresste.
»Und was ist mit meinem Glauben und meinen Werten, Mikhail? Zählen diese Dinge nicht?«, fragte sie angriffslustig.
»Ich sehe die Antwort in deinen Augen, Raven, und spüre sie in deinem Körper. Dein Widerstand ist zwecklos, denn du weißt, dass du mir gehörst.. .«
Raven stand schnell auf und schob den Stuhl zurück. »Ich gehöre niemandem, Mikhail, und dir schon gar nicht. Du kannst nicht einfach bestimmen, wie mein Leben in Zukunft auszusehen hat, und dann erwarten, dass ich mich deinem Willen füge.« Sie lief über die Verandastufen hinunter zu dem schmalen Pfad, der in den Wald hineinführte. »Ich brauche Abstand, denn du machst mich wahnsinnig.«
Mikhail lachte leise. »Hast du solche Angst vor dir selbst?«
»Fahr zur Hölle, Mikhail!« Raven erreichte den Pfad und eilte in den Wald, bevor er sie wieder mit seinem Charme einwickeln konnte. Und das würde ihm gelingen. Raven hatte seinen Blick gesehen, das leise Lächeln, das seine Lippen umspielte, wenn er sie bewusst auf die Palme brachte.
Der Nebel wurde dichter und lag schwer und feucht in der Luft. Ravens geschärftes Gehör registrierte das Rascheln in den Büschen, das Rauschen der Blätter und den Flügelschlag der Vögel am Himmel.
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Mikhail folgte ihr. »Vielleicht bin ich ja selbst der Teufel, Kleines. Sicherlich ist dir der Gedanke schon gekommen.«
Sie warf ihm einen wütenden Blick zu. »Hör auf, mir nachzulaufen.«
»Nun, als Gentleman werde ich doch wohl die Dame nach Hause begleiten dürfen.«
»Wenn du dich noch einmal über mich lustig machst, trage ich keine Verantwortung für die Folgen.« Raven entdeckte plötzlich Schatten zwischen den Bäumen und funkelnde Augen, die sie beobachteten. Vor Schreck schien ihr Herz einen Schlag auszusetzen, klopfte dann aber umso schneller.
»Toll!« Aufgebracht drehte sie sich zu Mikhail um. »Einfach großartig, Mikhail. Warum befiehlst du deinen Wölfen nicht gleich, mich mit Haut und Haaren aufzufressen? Das wäre typisch für dich!«
Mikhail lächelte sie an, sodass seine weißen Zähne gefährlich aufblitzten. »Nicht nur die Wölfe würden dich ausgesprochen köstlich finden.«
Raven hob einen abgebrochenen Zweig auf und warf ihn nach Mikhail. »Hör endlich auf zu lachen! Das ist überhaupt nicht lustig. Ich finde deine verdammte Arroganz sowieso unerträglich!« Es kostete sie gewaltige Mühe, nicht zu lachen. Dieser Unhold! Er war einfach charmanter, als die Polizei erlaubte.
Sie warf einen weiteren Zweig nach ihm und dann einen Kieselstein. »Irgendjemand müsste dir wirklich mal eine Lektion erteilen.«
Sie sah wunderschön aus, ein kleiner Wildfang, feurig und Funken sprühend. Mikhail atmete tief durch. Sie gehörte zu ihm mit all ihrem Feuer und Zorn, ihrer Unabhängigkeit, ihrem Mut und ihrer Leidenschaft. Sie hatte sein Herz gestohlen und mit ihrem sanften Lachen seine Seele geöffnet. Selbst jetzt spürte er das Echo ihres Lachens in ihrem Geist, obwohl sie sich alle Mühe gab, es zu verbergen.
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»Und du glaubst, dass du mir diese Lektion erteilen solltest?«
Wieder traf ein Stein seine Brust. »Glaubst du etwa, dass deine Wölfe mir Angst einjagen?«, fragte sie verächtlich.
»Der einzige böse Wolf hier bist du. Na los, ruf sie doch!«
Raven blickte angestrengt in den Wald hinein. »Kommt und holt mich! Was hat er euch über mich erzählt?«
Mikhail löste ihre Finger von dem Zweig, den sie wie eine Keule umklammert hielt, und warf ihn zu Boden. Dann legte er Raven den Arm um die Taille und zog sie zärtlich an sich.
»Ich sagte ihnen, dass du süß wie Honig schmeckst.« Er flüsterte die Worte mit tiefer, sanfter Stimme, die in sich selbst schon ein Zauber war. Dann drehte er Raven in seinen Armen herum und umfasste ihr schönes, schmales Gesicht.
»Wo bleibt eigentlich der ehrfürchtige Respekt, der einem Mann in meiner Position gebührt?«
Er strich mit dem Daumen sanft und sinnlich über Ravens volle Unterlippe. Sie schloss resigniert die Augen und fügte sich in das Unvermeidliche. Ihr war nach Weinen zu Mute.
Ihre Gefühle für ihn waren so stark, dass sie ihr beinahe körperlichen Schmerz verursachten. Mikhail presste seine Lippen auf ihre Augenlider, schmeckte eine Träne und suchte Zuflucht in einem Kuss auf ihren Mund. »Warum weinst du
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