Karparthianer 01 Mein dunkler Prinz
schweigend da, aufrecht und stolz, während er darauf wartete, dass sie ihm das Herz brach. Raven stand auf und ging auf ihn zu. Sie schwieg. Was hätte sie auch sagen sollen? Stattdessen barg sie ihren Kopf an Mikhails Brust und legte die Arme um ihn.
Mikhail erwiderte ihre Umarmung. Er hatte ihr das Leben genommen, an das sie gewöhnt war, ohne dass sie etwas davon ahnte. Sie tröstete ihn und hielt ihn für einen einzigartigen Mann. Sie bewunderte ihn und wusste nicht, welches Verbrechen er begangen hatte. Er hatte sie an sich gebunden, sodass sie nicht lange von ihm getrennt sein konnte. Mikhail konnte es ihr nicht erklären, ohne die Geheimnisse seines Volkes preiszugeben. Doch Raven 139
glaubte, dass sie sich niemals mit ihm würde messen können. Mikhail schämte sich seiner selbst.
Er umfasste Ravens Gesicht und strich sanft mit dem Daumen über ihr Kinn. »Hör mich an, Raven.« Mikhail küsste sie auf die Stirn. »Ich weiß, dass ich dich nicht verdiene. Du glaubst, dass du mir auf irgendeine Weise unterlegen bist, doch in Wirklichkeit stehst du so hoch über mir, dass ich es eigentlich nicht einmal wagen dürfte, meine Arme nach dir auszustrecken.«
Als sie protestieren wollte, zog Mikhail sie noch enger an sich. »Nein, Kleines, ich weiß, dass es stimmt. Ich kann zwar in deine Seele blicken, aber du hast keinen Zugang zu meinen Gedanken und Erinnerungen. Ich kann dich nicht aufgeben. Zwar wünschte ich, ein stärkerer und besserer Mann zu sein und dich freizugeben, aber ich kann es nicht. Doch ich verspreche dir, dass ich alles tun werde, um dich glücklich zu machen und dir alles zu geben, was du dir wünschst.
Ich bitte dich, mir Zeit zu geben, um deine Lebensweise kennen zu lernen, und ich möchte, dass du es mir nach-siehst, wenn ich Fehler mache. Falls du Liebesworte hören möchtest«, fuhr Mikhail fort und küsste Raven sanft, »kann ich sie dir in aller Aufrichtigkeit sagen. Ich habe mich noch nie nach einer Frau für mich gesehnt, da ich nicht wollte, dass ein anderes Wesen so viel Macht über mich hat. Nie zuvor habe ich mit einer Frau geteilt, was ich mit dir geteilt habe.«
Wieder küsste er Raven, zärtlich und voller unterdrückter Leidenschaft und Sehnsucht. »Du wirst für immer in meinem Herzen sein, Raven. Ich weiß um die vielen Unterschiede zwischen uns, und ich bitte dich darum, mir eine Chance zu geben.«
Sie drehte sich in seinen Armen um und schmiegte sich liebevoll an ihn. »Glaubst du wirklich, dass wir es schaffen können?«
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Raven ahnte nicht, welches Risiko Mikhail einging. Sobald sie mit ihm zusammenlebte, würde er nie wieder Schutz in der Erde suchen können, denn er konnte sie keinesfalls allein und schutzlos zurücklassen. Sie würden beide in großer Gefahr schweben, denn die Mörder würden keinen Unterschied zwischen ihnen machen. Auch Raven würde in ihren Augen zu den Verdammten gehören. Nach all den Sünden, die Mikhail bereits auf sich geladen hatte, drängte er Raven nun auch noch in eine Welt voller Gefahren.
Sanft umfasste Mikhail ihren Nacken. So zart, so zerbrechlich. »Das werden wir nie erfahren, wenn wir es nicht versuchen.« Er zog Raven an sich und hielt sie fest, als wollte er sie nie wieder loslassen.
Sie spürte seine plötzliche Anspannung. Mikhail hob alarmiert den Kopf, atmete tief ein und aus, als versuchte er, eine Witterung aufzunehmen, und lauschte in die Nacht hinaus. Raven folgte unwillkürlich seinem Beispiel. In der Ferne war das leise Heulen des Wolfsrudels zu hören. Die Tiere schienen nicht nur miteinander zu kommunizieren, sondern auch mit Mikhail.
Schockiert drehte sich Raven zu ihm um. »Sie reden mit dir! Woher weiß ich das plötzlich, Mikhail? Wie kann es sein, dass ich mir da so sicher bin?«
Er streichelte ihr sanft übers Haar. »Du hängst eben mit den falschen Leuten herum.«
Seine Worte wurden mit fröhlichem Gelächter belohnt, das ihm zu Herzen ging und ihn offen und verletzlich machte.
»Was soll denn das?«, fragte Raven neckend. »Der Kar-patianerfürst benutzt auf einmal modernen Straßenslang?«
Mikhail grinste sie jungenhaft an. »Vielleicht liegt es daran, dass ich auch mit den falschen Leuten rumhänge.«
»Na, dann gibt es ja für dich noch Hoffnung.« Raven küsste seinen Hals und sein markantes Kinn.
»Habe ich dir schon gesagt, wie schön du in deinen neu-141
nen Sachen aussiehst?« Mikhail legte seinen Arm um Raven und führte sie zum Tisch vor dem Haus zurück. »Wir werden Besuch
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