Karparthianer 01 Mein dunkler Prinz
Kleines, ich möchte nur einmal eine ganz normale, unbeschwerte Unterhaltung mit dir führen können und dir so den Hof machen, wie du es ver-dienst.«
Raven legte den Kopf zurück, um ihn anzusehen. Ihre blauen Augen schimmerten dunkel. »Du machst das jetzt schon ganz fabelhaft. Und nun geh essen.«
Noch einmal berührte Mikhail ihr Haar, bevor er das Haus verließ.
Er ging durch die dunklen Straßen und atmete den Duft der Nacht ein. Die Sterne schienen heller zu funkeln, und der Mond stand wie eine gleißende Silberscheibe am Himmel. Alle Farben waren klar und leuchtend, und die unter-schiedlichsten Gerüche lagen in der Luft. Ab und zu zogen Nebelschwaden über die Straße. Mikhail hätte am liebsten lauthals gesungen. Nach all den Jahren hatte er sie endlich gefunden, und sie ließ ihn Lebensfreude und Leidenschaft empfinden. Sie hatte ihm Lachen und Frohsinn geschenkt und ihn gelehrt, was es bedeutete zu Heben.
Es war schon spät. Die Dorfbewohner strebten ihren 167
Häusern zu. Mikhail suchte sich eine Gruppe von drei jungen Männern aus. Er war hungrig und brauchte Kraft.
Die Nacht würde lang werden, denn Mikhail hatte die Absicht, den Verdacht gegen Mrs. Romanov zu bestätigen oder zu entkräften. Die Frauen seines Volkes brauchten eine Hebamme, von der sie annehmen durften, dass sie sie nicht bei der ersten Gelegenheit an die Mörder verriet.
Er holte die drei Männer mit einem einzigen telepathischen Befehl zu sich und staunte einmal mehr darüber, wie leicht es war, den Willen von Menschen zu beherrschen. Er nahm an ihrer Unterhaltung teil, lachte mit ihnen und verriet ihnen einige geschäftliche Insider-Tipps. Alle drei Männer waren Anfang zwanzig und interessierten sich mehr für Frauen als für ihre berufliche Zukunft. Mikhail wunderte sich immer wieder, wie respekdos sich sterbliche Männer den Frauen gegenüber verhielten. Vielleicht war ihnen einfach nicht klar, wie ihr Leben ohne Frauen aussehen würde.
Mikhail führte die jungen Männer in den Schatten einiger Bäume und trank, wobei er darauf achtete, keinem zu viel Blut zu nehmen. Er erledigte die Aufgabe so umsichtig und gründlich, wie es seine Art war. Nicht umsonst war er der älteste und mächtigste Karpatianer. Kein Detail entging seiner Aufmerksamkeit. Mikhail begleitete die drei jungen Männer noch eine Weile und vergewisserte sich, dass sie sich in guter Verfassung befanden, bevor er sich mit einem freundschaftlichen Gruß von ihnen verabschiedete.
Als sich Mikhail von den Männern abwandte, schwand das Lächeln von seinem Gesicht. Die Dunkelheit verbarg den Jäger in ihm, die finstere, tödliche Entschlossenheit in seinem Blick und den grausamen Zug um seinen sinnlichen Mund. Er spannte seine Muskeln an, die ein deutliches Zeichen seiner übermenschlichen Kraft waren. Dann ging er um eine Häuserecke und verschwand einfach. Seine 168
Schnelligkeit kannte keinen Vergleich.
Mikhail suchte die telepathische Verbindung zu Raven, da er sich bereits jetzt wieder nach ihr sehnte. Na, was machst du denn allein in dem unheimlichen alten Haus ?
Ihr leises Lachen erfüllte ihn mit Wärme. Ich warte darauf, dass mein böser Wolf zu mir zurückkehrt.
Bist du angezogen ?
Als Antwort sandte Raven ihm das Gefühl ihrer Hände auf seiner Haut. Sie liebkoste ihn zärtlich und brachte sein Blut in Wallung. Wärme, Lachen, Reinheit. Er hasste es, von ihr getrennt zu sein, selbst für kurze Zeit.
Natürlich bin ich angezogen. Falls noch mehr unangemeldete Besucher hereinschneien, kann ich sie wohl kaum nackt empfangen, oder?
Sie neckte ihn nur, doch der Gedanke, dass sich jemand dem Haus nähern könnte, solange sie dort allein und schutzlos war, ließ Furcht in ihm aufsteigen. Das Gefühl war so fremd, dass Mikhail es beinahe nicht erkannt hätte.
Mikhail? Geht es dir gut? Brauchst du mich ? Ich komme zu dir.
Nein, bleib im Haus. Achte auf die Wölfe. Wenn sie zu singen beginnen, ruf mich auf der Stelle.
Ravens kurzes Zögern verriet ihm, dass sein Befehlston sie verärgerte. Ich will nicht, dass du dich um mich sorgst, Mikhail. Es gibt schon genügend andere, die dich in Anspruch nehmen.
Das mag sein, Kleines, aber du bist diejenige, die mir am meisten bedeutet. Trink noch ein Glas Saft.
Er steht im Kühlschrank. Mikhail beendete die Verbindung und musste über diesen kurzen Wortwechsel lächeln. Sie hätte sich bestimmt über den Befehl beschwert, wenn er ihr die Gelegenheit gegeben hätte. Manchmal machte es ihm Spaß, sie zu
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