Karparthianer 02 Dunkle Macht des Herzens
unbewegt, bevor er ohne jede Hast mit seiner freien Hand direkt oberhalb von Jacques' drohenden Fingern sein Handgelenk aufritzte. Sein silbriger Blick ruhte unverwandt auf Jacques. Gregoris Blut war uralt wie das von Mikhail und genauso stark. Es würde den Heilungsprozess beschleunigen, wie nichts anderes es vermocht hätte. Schweres Blut tropfte und lockte, als er es stumm dem Karpatianer anbot, der so geschunden und zerschlagen und trotzdem so kampfbereit war.
Hunger stieg in Jacques auf, so schnell und so heftig, dass es einem Zwang glich. Er zog das ausgestreckte Handgelenk an seinen Mund und trank gierig das warme, gehaltvolle Blut, das er brauchte, um zu überleben, um gesund zu werden und wieder zu Kräften zu kommen - und um Shea zu helfen. Die flüssige Nahrung strömte in seinen ausgehungerten Körper und breitete sich in den geschrumpften Zellen aus. Gewebe und Muskeln schwollen vor Kraft. Ein Gefühl von Stärke überflutete ihn, das ständig zunahm, bis er sich lebendig fühlte, richtig lebendig. Bis die Farben ringsum hell, ja strahlend wurden und die nächtlichen Geräusche ihn als einen der Ihren zu sich riefen. Geschöpf der Nacht.
»Genug.« Gregoris Stimme war nur ein Flüstern, doch von solcher Reinheit und Schönheit, dass es nahezu 233
unmöglich gewesen wäre, ihm nicht zu gehorchen.
Jacques schloss die Wunde an Gregoris Handgelenk und wandte sich sofort zu Shea um. Er nahm sie in seine Arme und hielt ihren leichten, fast schwerelosen Körper an seinem geborgen. Indem er seine Schmerzen ausschaltete, konzentrierte er sich völlig darauf, geistig mit Shea zu verschmelzen. Du brauchst 'Nahrung.
Er konnte die Unruhe in ihrem Körper fühlen. Sie wandte das Gesicht ab. Ich kann nicht, Jacques. Nicht vor ihnen. Ich hin so müde, lass mich doch schlafen.
Du musst, kleiner Rotschopf Er verstärkte den Befehl in seinen Worten. Trink.
So schwach sie auch war, sie widerstand ihm. Zwing mich nicht, es vor ihnen zu tun. Sie legte eine Hand an ihre pochende Schläfe.
Dass ihre Stimme ein wenig brüchig klang, wärmte ihm das
Herz. Ihre Worte schufen eine Intimität zwischen ihnen, ein Gefühl von Zugehörigkeit. Er war völlig verstört gewesen, in einem dunklen Wahn gefangen, aber sie war dort gewesen, an seiner Seite, sie hatte für ihn gekämpft und an ihn geglaubt. Er schuldete ihr mehr als sein Leben, er schuldete ihr seine geistige Gesundheit. Es gibt nur dich und mich, mein Liebes. Trink jetzt. Du musst es tun, um zu überleben. Damit wir beide überleben.
Es war unmöglich, ihm Widerstand zu leisten.
Jacques' Wille war eisern, seine Stimme hypnotisch und sein Geist war mit ihrem verbunden und übte immer stärkeren Druck auf sie aus. Shea war entkräftet und müde, und sie hatte Schmerzen. Sie gab dem Zwang nach, indem sie ihre samtigen Lippen an seinen Hals legte und über seine Kehle zu seiner Brust wandern ließ.
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Jacques beugte sich über sie, um ihr so viel Privatsphäre wie möglich zu verschaffen. Sein Körper spannte sich abrupt an, als ihre Zunge über seine Pulsader huschte. Seine Finger verkrampften sich in ihrem Haar, und er hob den Kopf, zornig, dass die Eindringlinge Zeugen dieses intimen Augenblicks waren.
Gregori lehnte am anderen Ende des Raumes an der Wand, den dunklen Kopf über Mikhails Handgelenk geneigt. Offensichtlich nährte er nun sich selbst. Raven kniete auf dem Boden, um die Glasscherben einer Laterne aufzusammeln und das Ol mit einem Lappen aufzuwischen. Byron machte sich an der Tür zu schaffen.
Nur seine Augen glitten über das Paar und verharrten auf der Rundung von Sheas Hüfte und ihrem üppigen weinroten Haar.
Hilfloser Neid lag in Byrons Blick, und Jacques schirmte bewusst Sheas Gesicht ab. Er wusste, dass sie immer noch eine Aversion gegen die notwendige und natürliche Funktion des
Bluttrinkens hatte. Ihre Zunge strich über den stetigen Pulsschlag an seinem Hals, und sein Herz machte einen Satz. Sein Körper wurde unruhig, und Verlangen regte sich in ihm. Ihre Lippen waren eine weiche, samtige Liebkosung, feucht und sinnlich. Sein Blut geriet in Wallung.
Shea hatte eine viel zu leidenschaftliche Natur, um einfach dem Zwang nachzugeben, ihr Bedürfnis nach Blut zu stillen. Das hier war Jacques, und ihr Körper sehnte sich nach ihm. Ihre angeborenen Hemmungen verschwanden. Ihre kleinen Zähne ritzten seine Haut nur, aber es reichte aus, um flüssiges Feuer durch seine 235
Adern zu jagen. Er musste ein Stöhnen unterdrücken, als
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